Tatprovokation durch einen verdeckten Ermittler

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Der Bundesgerichtshof hat im Jahre 2021 einen Fall zu entscheiden gehabt, in dem die Täter zwar mit Betäubungsmitteln gehandelt haben, der Verdeckte Ermittler aber durch eine Tatprovokation das Handeln der Angeklagten "in eine ganz andere Liga gehoben" hat.

Was war passiert?

Dem Ausgangsurteil des Landgerichtes Freiburg lag der Fall zugrunde, dass zwei Mittäter etwa 50 bis 60g Marihuana vorrätig hatten. 

Zunächst kaufte der Verdeckte Ermittler Marihuana im Wert von 100 Euro. Immer wieder fragte er nach "größeren Mengen". Erst bewegte er die Angeklagten dazu, ihm 100g Marihuana zu verkaufen, die diese nicht einmal vollständig und nur unter Lieferschwierigkeiten veräußern konnten.

Gleichzeitig fragte der Verdeckte Ermittler zum wiederholten Male nach Marihuanamengen im Kilogrammbereich (3kg) und nach 100g Kokain.

Diese Mengen konnten die Angeklagten nicht liefern, so dass sie die Betäubungsmittel erst auf ungewohnten Wegen beschaffen mussten.

Beim Versuch der Übergabe kam es zur Festnahme.

Das Landgericht Freiburg hatte die Angeklagten zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16.12.2021, 1 StR 197/21

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil aufgehoben und zur Neuentscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichtes Freiburg verwiesen.

Das Landgericht wird dabei prüfen müssen, inwieweit eine Tatprovokation durch den Verdeckten Ermittler vorlag. 

Zwar hatten die Angeklagten den Vorsatz, mit Betäubungsmitteln zu handeln. 

Der Verdeckte Ermittler hatte die Angeklagten aber dazu gedrängt, statt mit Normalmengen nunmehr mit "nicht geringen Mengen" zu handeln und sie auch zu Lieferungen im Kilogrammbereich bewegt. 

Soweit die Taten vom verdeckten Ermittler provoziert worden sind, so handelt es sich um ein rechtsstaatswidriges Handeln.

Zwar bestand ein Anfangsverdacht gegen die Angeklagten. Der verdeckte Ermittler hat diese jedoch zu viel größeren Taten angestiftet (sogenannte "Aufstiftung").

Soweit diese Aufstiftung reicht, können die Angeklagten nicht bestraft werden.

Bei dieser Prüfung muss das Landgericht im 2. Rechtsgang prüfen, ob die Angeklagten von vornherein zu größeren Taten geneigt waren oder vom verdeckten Ermittler nur dazu angestiftet wurden. 

Das Landgericht hatte dazu keine Feststellungen getroffen.

Anmerkung:

Der ganze Sachverhalt des veröffentlichten Urteiles klingt danach, als seien die Angeklagten schon mit der Lieferung der ersten 100g überfordert gewesen. 

Die Veröffentlichungen klingen - bei aller Vorsicht - danach, als sei der Verdeckte Ermittler weit über das Ziel hinausgeschossen, indem er recht  kleine Fische zu einem Fall fürs Landgericht gemacht hat.



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