Thermisches Fenster im Abgasskandal: Details zum BGH-Beschluss VI ZR 433/19

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Zum aktuellen BGH-Beschluss zum thermischen Fenster ist es wichtig, die eigentliche Intention des Gerichts herauszuarbeiten. Rechtsanwältin Nicole Bauer: „Maßgeblich und unbestritten ist, dass die Hersteller in Kenntnis der grundsätzlichen Unzulässigkeit von Abschalteinrichtungen dennoch Abschalteinrichtungen verbaut haben. Soweit der Hersteller solche Abschalteinrichtungen für zulässig hält, hätte dieser dafür Sorge tragen müssen, dass die Abschalteinrichtungen in die Genehmigungsverfahren einbezogen werden und eine Ausnahmegenehmigung für diese erteilt wird.“ 

 Der hier einschlägige Art. 3 Nr. 9 der Verordnung (EG) 692/2008 lautet auszugsweise: „Darüber hinaus macht der Hersteller der Genehmigungsbehörde Angaben zur Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems (AGR), einschließlich ihres Funktionierens bei niedrigen Temperaturen. Diese Angaben umfassen auch eine Beschreibung etwaiger Auswirkungen auf die Emissionen.“  Der Hersteller müsste also Prüfungsergebnisse und Messungen in Bezug auf den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp im Einzelnen darlegen und die dazugehörigen Dokumente vorlegen. Bislang wurde die Existenz solcher Messungen und Dokumente nicht belegt und der Nachweis erbracht, dass diese dem KBA vorgelegt wurden. 

Bauer: „Der Hersteller hat damit dafür gesorgt, dass die Manipulation und die eingeschränkte Funktion des Abgasrückführungssystems sowie der Abgasnachbehandlung verborgen bleibt. Dies alles zeigt auch, dass sich die Hersteller bei der Auslegung der Vorschriften nicht bloß vertretbar geirrt haben, sondern dahinter eine verwerfliche Gesinnung und vorsätzliches Handeln steht. Anderenfalls würden die Hersteller beispielsweise Rechtsgutachten vorlegen, in welchen sich systematisch mit der Problematik auseinandergesetzt wurde.“ 

Auch das KBA kann die Verwendung von Abschaltvorrichtungen ohne Rückgriff auf die Quellcodes der Motorsteuerungssoftware nicht feststellen lassen. Aus dem Bericht des 5. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages ergibt sich, dass der Quellcode der Motorsteuerungssoftware sowie die Emissionsminderungsstrategie mit Blick auf den erforderlichen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht gegenüber den Prüfbehörden vom Hersteller offen zu legen waren (BT-Drs. 18/12900 S. 513). Ohne konkrete Manipulationshinweise bzw. einem Schuldeingeständnis durch den betroffenen Hersteller fehlte es dem KBA an der notwendigen Handhabe, eine ergänzende Offenlegung der Motorsteuerungssoftware zu erwägen oder nach Abschalteinrichtungen zu suchen. Aus dem fehlenden Rückruf durch das KBA kann daher zugunsten der Hersteller keine Schlüsse gezogen werden. 

Denn das Kraftfahrt-Bundesamt hatte auch das Software-Updates für den VW Motor EA189 genehmigt. Im Nachgang stellte sich dann heraus, dass in dieses Update erneut eine Betrugssoftware verbaut sein könnte. Der eventuelle Betrug flog aber nicht durch eine Prüfung des KBA auf, sondern weil die VW AG selbst „Unregelmäßigkeiten” annoncierte.  Es bleibt allen anzuraten, Ihr jeweiliges Fahrzeug zu prüfen, da gerade im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH zur Unzulässigkeit des  Thermofenster noch unklar ist, was uns seitens des KBA zur Behebung dieses Missstandes erwartet.

 

 



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