Thüringer Waldeigentümer lachen sich einen Ast

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Bundesverfassungsgericht kippt absolutes Verbot von Windkraft im Wald

In Thüringen war es seit gut zwei Jahren gesetzlich verboten, Waldflächen für Windenergie zu nutzen. Damit war das Land auf dem Holzweg. Denn dieses Verbot hat das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt.

Der Sachverhalt

Wer in Thüringen eine Windenergieanlage im Wald errichten möchte, braucht eine behördliche Genehmigung für die Rodung der Fläche und für die Änderung der Nutzungsart von Wald- zu Windenergiefläche. Diese Genehmigung würde er aber niemals erhalten. Denn das Thüringer Waldgesetz | ThürWaldG, dort § 10 Abs. 1 Satz 2, verbietet das:

Eine Änderung der Nutzungsart zur Errichtung von Windenergieanlagen ist nicht zulässig.

Ein absolutes Verbot. Ohne Wenn und Aber. 

34 % der Fläche Thüringens sind mit Wald bedeckt. Davon aber nur 20 % in Takt. Bei einem Großteil handelt es sich um sog. Kalamitätsflächen, als Folge von Sturm oder Schädlingsbefall: Die Waldgebiete können nicht oder nur sehr eingeschränkt forstwirtschaftlich genutzt werden. Dennoch gelten auch diese Flächen als Wald.

Eine rein formalistische Betrachtung. Die tatsächlichen Verhältnisse sind irrelevant. Ob der Wald von Sturmschäden gezeichnet, von Schädlingen befallen oder vielleicht schon abgeholzt ist: Egal. Es zählt nur, ob die Fläche rechtlich als Wald gilt. Dies ist wie gesagt in Thüringen bei rund einem Drittel der Fläche der Fall. Auch für diese – für Fortwirtschaft unbrauchbaren – Flächen gilt das Verbot, weil absolut.

Dagegen erhoben Eigentümer von, teils maroden, Waldflächen Verfassungsbeschwerde. Sie planen, Windenergieanlagen zu bauen und zu betreiben. Weil sie ihre Grundstücke nicht wirtschaftlich nutzen können, sehen sie sich durch das absolute Verbot in ihrem Grundrecht auf Eigentum, Art 14 Abs. 1 GG verletzt. 

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Die Waldeigentümern beamen Recht: Das absolute Verbot in § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG ist nichtig und insbesondere mit dem Eigentumsgrundrecht unvereinbar. 

Thüringen hätte die Regelung nicht erlassen dürfen, weil ihm die Gesetzgebungskompetenz fehlte. Sie ist formell verfassungswidrig. 

§ 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG gehört zum Bodenrecht. Für Bodenrecht ist der Bund zuständig, im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz | Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG. Hierbei dürfen die Bundesländer nur dann Gesetze zu erlassen, wenn der Bund es nicht tut | Art. 72 Abs. 1 GG.

Im Bodenrecht hat der Bundesgesetzgeber aber von seinem Recht Gebrauch gemacht. Im BauGB hat er geregelt, dass Windenergieanlagen im Außenbereich – wozu der Wald zählt - privilegiert, sprich zulässig sind.

Welche Bedeutung hat der Beschluss?

Formal gesehen wirkt der Beschluss nur zwischen den Verfahrensparteien. Dennoch hat er über die Grenzen Thüringens hinaus Signalwirkung und hebt die Bedeutung des Klimaschutzes auch im Verfassungsrecht hervor.

Künftig wird es wohl für die Länder noch schwieriger, Windkraftanlagen aus dem Wald herauszuhalten. Am 1. Februar 2023 tritt das WaLG | Wind-an-Land-Gesetz in Kraft. Die Bundesländer haben dann die Pflicht, bis zum Jahr 2032 zwei Prozent ihrer Fläche für Windkraft zur Verfügung zu stellen.

Beschluss des BVerfG vom 27. September 2022 | 1 BvR 2661/21

Pressemitteilung des BVerfG Nr. 88/2022 vom 10. November 2022


Foto(s): @canva

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