Unterhaltsrecht 2009

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Schon am 01.01.2008 ist ein neues Unterhaltsrecht in Kraft getreten. Das neue Recht hat zwei Zielrichtungen:

Vorrang für das Kind und Stärkung der Selbstverantwortung geschiedener Ehegatten.  

In Mangelfällen sollten die knappen Mittel vorrangig den Kindern zur Verfügung stehen. Diese Neuregelung hat tatsächlich zu einer Besserstellung der Kinder geführt, wenn der Unterhaltspflichtige mehreren (früheren) Ehegatten zum Unterhalt verpflichtet war. In den anderen, häufigeren, Fällen, in denen der unterhaltsverpflichtete Vater Ehegattenunterhalt nur an die frühere Ehefrau bezahlen muss, die mit den gemeinsamen Kindern zusammen lebt, steht dieser Restfamilie jetzt aber häufig weniger Unterhalt zur Verfügung als früher.  

Die Gerichte wenden das neue Recht auch an, doch gibt es auch jetzt, nach mehr als einem Jahr, erhebliche Unsicherheiten. Das Gesetz arbeitet nämlich mit Generalklauseln, die von den Gerichten erst im Einzelfall geklärt werden müssen. Es liegen aber nur wenige klärende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vor. Zum Unterhalt der kindesbetreuenden Mutter wurde gerade erst im März 2009, eine Entscheidung veröffentlicht: Betreut ein Elternteil ein Kind, das älter als 3 Jahre ist, kann demnach daneben u.U. eine Vollzeit-Arbeitstätigkeit gefordert werden. 

Dies erklärt sich aus dem zweiten Ziel der Reform: "Stärkung der Selbstverantwortung" der Ehegatten. Dies bedeutet praktisch "kein Unterhalt mehr nach Ehescheidung". Auch wenn dem Wortlaut des Gesetzes dies so eindeutig nicht zu entnehmen ist, gibt die Ehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine lebenslange Lebensstandardgarantie mehr, selbst wenn die Ehe sehr lange gedauert hat. Jeder Ehegatte ist verpflichtet, berufstätig zu sein. Unterhaltsansprüche bestehen grundsätzlich nur noch dann, wenn noch ehebedingte Nachteile vorhanden sind. Deshalb besteht auch ein Unterhaltsanspruch wegen Kindesbetreuung nur bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes. Danach besteht ein Unterhaltsanspruch der Ehefrau nur noch dann und insoweit, als die persönliche Betreuung des Kindes notwendig ist, oder die Aufnahme oder Ausweitung einer Berufstätigkeit ausnahmsweise aus anderen Gründen nicht möglich ist. Sind die Kinder aus dem Haus und/oder hat es die Ehefrau geschafft, in gleicher Weise berufstätig zu sein, wie sie es ohne Ehe und Kinder auch gewesen wäre, entfällt Ihr Unterhaltsanspruch selbst dann, wenn sie sehr viel weniger verdient, als ihr während der Ehe zur Verfügung gestanden hat.  

Obgleich das Gesetz mit vielen unbestimmten Rechtsbegriffen arbeitet, wenden die Gerichte diese Grundsätze weitgehend an. Allerdings bestehen noch große Meinungsverschiedenheiten. Streitig ist etwa, welche Erwerbsobliegenheiten neben der Betreuung von Kindern bestehen. Ebenso ist streitig, welche Übergangsfristen eingehalten werden müssen, bevor Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten eingestellt werden dürfen. Auch gibt es immer wieder Entscheidungen, die offensichtlich vom alten Rechtsverständnis geprägt sind. So hat das Oberlandesgericht Nürnberg noch am 12.03.2009 einer Ehefrau lebenslangen Unterhalt zugesprochen, obwohl die Ehe vor mehr als 13 Jahren geschieden wurde und die Ehefrau während der Ehe (mit Hilfe des Ehemannes) eine berufliche Stellung erlangte, die sie aufgrund ihres vorherigen beruflichen Werdeganges niemals erwarten konnte. Diese Rechtsunsicherheit wird sicherlich noch einige Jahre bestehen. Dies gilt umso mehr, als Entscheidungen der Oberlandesgerichte nur dann dem Bundesgerichtshof zur Prüfung vorgelegt werden können, wenn das Oberlandesgericht selber dies zulässt. Die Neigung, dies zu tun, hält sich in Grenzen (auch im oben zitierten Fall des OLG Nürnberg ist die Revision nicht zugelassen worden).

Die Unsicherheit bleibt deshalb noch länger. Dies ist umso bedauerlicher, als Vereinbarungen und Gerichtsentscheidungen zum Unterhalt, die seit dem 1.1.08 getroffen werden, auch dann rechtsverbindlich in alle Zukunft bleiben, wenn die Rechtsprechung in eine andere Richtung geht, als mit der Vereinbarung oder in der Gerichtsentscheidung angenommen. Allerdings lassen sich zumindest Vereinbarungen reversibel gestalten. Eine Beratung durch einen fachkundigen Rechtsanwalt ist deshalb derzeit noch dringlicher anzuraten als sonst.  

Der Gesetzgeber hat es übrigens ausdrücklich zugelassen, alle vor 2008 geschlossenen Unterhaltsvereinbarungen und auch alle rechtskräftigen Urteile zum Unterhalt entsprechend dem neuen Gesetz abzuändern. Hierbei muss man wissen, dass Änderungen aber frühestens in dem Moment wirksam werden, in dem die Abänderung gefordert worden ist. In manchen Fällen wird eine Abänderung sogar erst dann wirksam, wenn eine gerichtliche Abänderungsklage eingereicht ist. Wer also abändern will, sollte sich schnell informieren und die Abänderung dann auch schnell einfordern.     

Rolf Hörnlein

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht

Kanzlei Hörnlein Rechtsanwälte

Daimlerstraße 28

91301 Forchheim

Tel. 09191/736-111 Fax -113 

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