Unternehmer aufgepasst - kein Geld ohne Widerrufsbelehrung!

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Mit einem aktuellen Urteil vom 17.05.2023 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine für die Unternehmerwelt weitreichende Entscheidung getroffen. Demnach sind Verbraucher auch noch nach Erbringung einer Dienstleistung durch einen Unternehmer zum Widerruf berechtigt, wenn der Unternehmer es versäumt hat, den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu belehren. Und das ohne eigene Wertersatzpflicht!

Im dem EuGH vorliegenden Fall hatte ein Hauseigentümer (Verbraucher) ein Unternehmen damit beauftragt, die Elektroinstallation seines Hauses zu erneuern. Nachdem die Arbeiten (ordnungsgemäß) erbracht worden waren und der Unternehmer dem Verbraucher seine Leistung in Rechnung gestellt hatte, zahlte der Hauseigentümer nicht. Stattdessen widerrief er den mit dem Unternehmer geschlossenen Vertrag mit der Begründung, der Unternehmer habe ihn nicht über sein Widerrufsrecht informiert.

Was im ersten Moment unglaublich klingt, hat einen rechtlichen Hintergrund: Bei "außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen Verträgen" (früher: sog. Haustürgeschäfte) steht Verbrauchern ein Widerrufsrecht von 14 Tagen zu.  Dieses Widerrufsrecht beginnt aber nur dann zu laufen, wenn das Unternehmen den Verbraucher entsprechend den gesetzlichen Vorgaben hierauf (vorher) hingewiesen hat. Versäumt es dies, ist der Verbraucher auch zu einem späteren Zeitpunkt noch zum Widerruf berechtigt.

Das Besondere daran ist aber nicht die Frage, ob der Verbraucher generell noch zum Widerrufsrecht berechtigt sein soll, sondern - und diese Frage hatte der EuGH zu beantworten - ob der Verbraucher die Leistung, welcher er unstreitig erhalten hat und nicht zurückgeben kann, ohne Gegenleistung behalten darf oder nicht. Denn im Falle eines Widerrufs sollen die Parteien nicht an ihre vertraglichen Erklärungen gebunden sein und (bereits erbrachte) Leistungen zurückgegeben werden (was im vorliegenden Falle aber hinsichtlich der Leistung des Unternehmers nicht möglich war). Diese Frage hatte das sich erstinstanzlich damit befasste Landgericht Essen dem EuGH vorgelegt. Das Essener Gericht ging dabei zunächst davon aus, dass es möglich sein müsse, dass Verbraucher sogenannten Wertersatz für schon erlangte Vorteile leisten, wenn – anders als bei bestellten Produkten – eine Rückgabe nicht möglich ist. Ansonsten würde sich der Verbraucher hierdurch ggf. ungerechtfertigt bereichern.

Das sah der EuGH aber anders: 

Nach der einschlägigen Verbraucherschutzrichtlinie sei das Recht so auszulegen, dass der Verbraucher, der nach Vertragserfüllung widerruft, tatsächlich keinen Werterssatz leisten muss, wenn ihn das Unternehmen nicht über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Für den Verbraucher dürften nach Sinn und Zweck der Richtlinie keine Kosten entstehen, auch kein Wertersatz. Im Kontext von außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen stehe der Verbraucher möglicherweise psychisch stärker unter Druck oder sei einem Überraschungsmoment ausgesetzt. Weil die Belehrung über das Widerrufsrecht gefehlt hat, müsse das Unternehmen das Verlustrisiko tragen. Im Vordergrund stehe der Verbraucherschutz. Der funktioniere aber nur, wenn der Verbraucher tatsächlich über sein Widerrufsrecht informiert sei. Hier müsse der Unternehmer die Verantwortung tragen. Auch das Argument der ungerechtfertigten Bereicherung werde am Ende vom Verbraucherschutzgedanken der Richtlinie überschattet.


Sollten Sie UnternehmerIn sein und eigene Leistungen außerhalb von Geschäftsräumen und/oder im Wege der Fernkommunikation (z. B. über das Internet) gegenüber Verbrauchern erbringen, sollten Sie dringend überprüfen, ob ihre eigenen Belehrungen hinsichtlich des Widerrufsrecht von Verbrauchern den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Sollten Sie Fragen haben oder rechtliche Hilfe benötigen, melden Sie sich gerne unverbindlich bei uns über rechtsanwalt@redell.com

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