[Update 2024] Thiele & Partner: Betrug durch falsche Insolvenzverwalter in der Photovoltaik-Branche: Hohe Schäden!

  • 4 Minuten Lesezeit

Die Photovoltaik-Branche erlebt eine beispiellose Betrugswelle: Cyberkriminelle geben sich als angebliche Insolvenzrechtsanwälte "Thiele & Partner" aus, um teure Produkte aus dem Lagerbestand eines angeblich insolventen Unternehmens zu scheinbar reduzierten Einkaufspreisen anzubieten. Die Masche hat sich bereits ausgebreitet und beginnt nun, Unternehmen erhebliche finanzielle Schäden zuzufügen.

Update: 26.09.2023: Die Fake-Anwälte haben auch die Reinigungsbranche im Visier, wie uns eine Leserin schrieb: "Die gleiche Betrugsmasche habe ich aktuell erlebt, nur mit Reinigungsgeräten, die Website vom Insolvenzverwalter Eberle & Partner ist identisch mit Thiele & Partner. Lediglich die Namen wurden geändert."

Update (07.08.2023): Ein Leser unseres Beitrags teilte heute mit, dass er unseren Beitrag gerade noch rechtzeitig gelesen und daher keine Überweisung durchgeführt hat. Wir freuen uns sehr, dass wir unserem Leser vor einem Vermögensschaden bewahren konnten!

Update (21.08.2023): Die Rechtsanwaltskammer Frankfurt a. M. hat die Ermittlungen gegen diese Seite eingeleitet.

Der Betrug

Die Cyberkriminellen geben vor, Vertreter der Anwaltskanzlei "Thiele & Partner" (FAKE!) mit Sitz in der Gallusanlage 7-9, 60329 Frankfurt am Main, zu sein. Sie behaupten, Lagerbestände der insolventen "PV Modul Welt GmbH", ansässig in der Speicherstraße 11, 60327 Frankfurt am Main, zu verkaufen. 

Die Betrüger kontaktieren gezielt Unternehmen aus der Photovoltaikbranche und bieten ihnen Produkte wie den Fronius Symo Gen23, die BYD B-Box Premium oder den Kostal PLENTICORE plus inklusive des Smart Energy Meter G2 zu Preisen an, die etwas günstiger als Einkaufspreise sind:

● Fronius Symo GEN24 10.0 Plus + BYD B-Box Premium HVM 13.8 + Fronius Smart Meter TS 65A-3 6.329,00 €

● Fronius Symo GEN24 10.0 Plus + BYD B-Box Premium HVM 11.0 +  Fronius Smart Meter TS 65A-3 5.050,00 €

● Fronius Symo GEN24 6.0 Plus + BYD B-Box Premium HVS 10.2 + Fronius Smart Meter TS 65A-3 4.750,00 €

● 2x Fronius Symo GEN24 5.0 Plus 1.250,00 € (pro Stück) 

● 3x Fronius Symo GEN24 4.0 Plus 1.150,00 € (pro Stück)

● Kostal PLENTICORE plus 10 + BYD B-Box Premium HVS 7.7 + Smart Energy Meter G2 4.250,00 €

● 2x Kostal PLENTICORE plus 7 + BYD B-Box Premium HVS 12.8 + Smart Energy Meter G2 5.150,00 €

● 2x Kostal PLENTICORE plus 4.2 1.299,00 € (pro Stück)

● Kostal PLENTICORE plus 10 + BYD B-Box Premium HVM 11.0 + Smart Energy Meter G2 5.225,00 €


In den E-Mails wird mitgeteilt, dass diese Lagerbestände zu günstigeren Preisen verkauft werden, weil das gesamte Inventar eines Unternehmens im Rahmen der Insolvenzverwaltung liquidiert werden muss. 

Das Vorgehen der Täter

Die Täter gehen mit bemerkenswerter Raffinesse vor, um ihre Masche glaubwürdig erscheinen zu lassen. Sie kontaktieren ihre Opfer zunächst telefonisch oder schriftlich und stellen sich Insolvenzverwalter oder Anwälte vor. Um ihren Anspruch auf Glaubwürdigkeit zu untermauern, verwenden sie gefälschte Briefköpfe, einen gefälschten Amtsgerichtsbeschluss und authentisch aussehende E-Mail-Signaturen, die das Logo und den Namen der gefälschten Kanzlei tragen. 

Diese Betrüger zeigen ein tiefgehendes Verständnis für die Produkte, die sie verkaufen, und sind in der Lage, detaillierte technische Informationen bereitzustellen, um potenzielle Käufer zu überzeugen. Sie können sogar gefälschte Rechnungen und andere Dokumente vorlegen, um den Eindruck eines legitimen Geschäfts zu erwecken. 

Die Täter verwenden ein deutsches Bankkonto, das zusätzlich Vertrauen begründen soll: 

"Kanzlei Thiele und Arnstadt 

IBAN: DE38 3101 0833 9911 9031 42

BIC: SCFBDE33XXX"


Eine Überprüfung der Zulassung der auf der Internetseite von "Thiele und Partner" genannten Rechtsanwälte im Anwaltsregister belegt schnell, dass keiner der im Team genannten Anwälte in Deutschland zugelassen ist. Das Impressum ist zudem grob fehlerhaft. Einer der Anwälte will sogar "Fachanwalt für Wirtschaftsrecht" sein, obwohl es diesen Fachanwaltstitel gar nicht gibt. Die in den E-Mails verwendete Sprache deutet darauf hin, dass die Täter Deutsch gut beherrschen, aber sprachliche Wendungen verwenden, die unter deutschen Anwälten untypisch wären und daher auffallen.

Thiele und Partner (Frankfurt): Wie können Sie sich vor falschen Anwälten schützen?

Unternehmen sollten wachsam sein und jede ungewöhnliche oder unerwartete Geschäftsanfrage gründlich prüfen. Eine Due-Diligence-Prüfung sollte durchgeführt werden, bevor Geschäfte mit einem unbekannten Anwalt oder Unternehmen (neuer Lieferant) gemacht werden. Bei Unternehmen macht es Sinn u.a. die USt-ID zu überprüfen.

Falsche Anwälte sind kein neues Phänomen, wie der Fall um die falsche Anwaltskanzlei "Schwartz & Partner" aus Berlin gezeigt hat. Die Täter gingen hier sogar soweit, dass auf eine Internetseite verwiesen wurde, bei sich Geschädigte unwissentlich einen PC-Virus herunterluden. 

Bei Anwälten, die Forderungen geltend machen oder Angebote machen, kann es beinhalten, dass Sie die zuständige Anwaltskammer kontaktieren, um die Anwaltszulassung zu überprüfen, oder dass Sie die Geschäftshistorie und den Ruf des angeblichen insolventen Unternehmens überprüfen.

Thiele und Partner (Frankfurt): Was kann man tun, wenn man Opfer von Betrug geworden ist?

Es gibt einige Dinge, die Sie tun können, wenn der Verdacht besteht, dass Sie von falschen Insolvenzverwaltern getäuscht und zu einer Zahlung veranlasst worden sind: 

  1. Recall von Zahlungen!!
  2. Erstattung einer Strafanzeige bei Cybercrime Zentralstelle
  3. Schadensmeldung bei Cyberversicherung 
  4. Prüfung von Schadenersatz- und Rückerstattungsansprüchen
  5. Compliance: Überprüfung von Due-Diligence-Prozessen! Es muss mit perfiden Folgeangriffen gerechnet werden.
  6. Prävention: Schulung von Mitarbeitern bzgl. der möglichen Folgen der Tat, Trittbrettfahrerfälle u.a. 

Es ist wichtig zu beachten, dass seriöse Insolvenzanwälte und Insolvenzverwalter niemals um vorzeitige Zahlungen bitten, bevor alle rechtlichen Formalitäten abgeschlossen sind. Daher sollte jeder Versuch, eine Vorauszahlung zu verlangen, als rote Flagge angesehen werden.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie Opfer eines solchen Betrugs geworden sind, sollten Sie unverzüglich Ihre Bank kontaktieren, um möglicherweise getätigte Überweisungen zurückzufordern. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, um sich strafrechtlich beraten zu lassen, um eine auf Ihren Fall zugeschnittene Strafanzeige an die Cybercrime Zentralstelle zu richten und ggf. Schadenersatzansprüche gegen Mittäter (Finanzagenten u.a.) geltend zu machen. 

Haben Sie Fragen zu diesem Fallmuster? Ist Ihnen etwas ähnliches passiert? Gerne erstatten wir für Sie eine Strafanzeige und beraten Sie, wie am bestmöglich dagegen vorgeht!


Foto(s): Marc Maisch

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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