Urteil Amtsgericht Frankfurt am Main betreffend Steuerabkommen FATCA rechtskräftig

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Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juni 2016 (AZ: 30 C 1558/15 (32)) betreffend die Umsetzung des FATCA-Abkommens mit den USA ist zwischenzeitlich rechtskräftig. Zu Recht hat die beklagte Geschäftsbank die Chancen einer erfolgreichen Berufung als gering eingestuft:

In dem Fall hatte die Mandantin ein Schreiben ihrer Bank, einer deutschen Großbank, erhalten, in welchem sie aufgefordert wurde, anzugeben, „ob sie US-steuerpflichtig ist oder nicht“ und außerdem in Form einer eidesstattlichen Versicherung („under penalties of perjury“) in englischer Sprache nähere Angaben über sich zu machen sowie, im Falle der US-Staatsbürgerschaft oder vergleichbarer Verbindungen zu den USA ihre „korrekte“ US-Steueridentifikationsnummer bzw. US-Sozialversicherungsnummer anzugeben. 

Sollte die Bankkundin der Aufforderung der Bank nicht nachkommen, sei es letzterer „leider nicht mehr möglich ..., ihre Konten und Depots zu führen“. Bei „grundsätzlichen Fragen zur US-Steuerpflicht“ möge sich die Kundin „bitte an ihren Steuerberater oder an die für Sie zuständige Steuerbehörde“ wenden.

Hintergrund für das Schreiben der Bank war das am 31. Mai 2013 unterzeichnete „Abkommen zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten“, kurz „FATCA-Abkommen“ (FATCA steht für den US-amerikanischen „Foreign Account Tax Compliance Act“) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA. Dieses Abkommen nötigt deutsche Banken unter dem Damoklesschwert des faktischen Ausschlusses vom lukrativen US-amerikanischen Finanzmarkt, im einzelnen definierte Daten von Personen, die bestimmte Merkmale besitzen, über das deutsche Bundesamt für Steuern an die USA zu melden. 

Verschärft wird das Ganze dadurch, dass die USA das einzige Land auf der Welt sind, das Einkommensteuer selbst von solchen Staatsbürgern erhebt, die mit den USA keinerlei Verbindung haben, außer derjenigen, dass sie dort geboren sind und dass das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland selbst deutsche (Doppel)Staatsbürger mit Lebensmittelpunkt in Deutschland vor dieser Praxis nicht in Schutz nimmt.

Das Amtsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die beklagte Bank gemäß § 280 Abs. 1 BGB auf Zahlung von Schadensersatz wegen der unberechtigten Androhung der Beendigung des Vertragsverhältnisses bejaht: Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt aufgrund einer Übergangsvorschrift in der deutschen Umsetzungsverordnung zum FATCA-Abkommen zur Abgabe der geforderten Auskünfte und Erklärungen weder gesetzlich noch vertraglich verpflichtet gewesen sei; die Beklagte sei daher nicht berechtigt gewesen, der Klägerin die Beendigung der Geschäftsbeziehung anzudrohen für den Fall, dass diese die angeforderten Erklärungen und Informationen zu ihrer US-Steuerpflicht nicht abgäbe.

Durch die Androhung der Vertragsbeendigung habe die Beklagte gegen die ihr obliegenden vertraglichen Rücksichtnahme- und Treuepflichten gegenüber der Klägerin verstoßen. Der zu ersetzende Schaden umfasse die Aufwendungen der Klägerin zur Abwehr der angedrohten Kontoschließung, welche die ihr durch die Beauftragung einer Rechtsanwältin mit der außergerichtlichen Interessenwahrung entstanden Kosten umfassten; die Einschaltung einer Rechtsanwältin sei im vorliegenden Fall zur Abwehr der angedrohten rechtswidrigen Beendigung der Geschäftsbeziehung angemessen und erforderlich gewesen. Trotz der allenfalls geringen finanziellen Nachteile durch die bei einem Wechsel des Kreditinstitutes entstehenden Kosten sei der Klägerin ein nicht unerhebliches Interesse an der Beibehaltung der bereits seit Jahren bestehenden Kontoverbindungen zuzugestehen.

Jetzt wird der Frage nachzugehen sein, inwieweit die betreffende Geschäftsbank und andere betroffene Geldinstitute ihre (rechtswidrige) Praxis entsprechend umgestellt haben.



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