Verbrennung bei Hoden-OP: 5.000 Euro

  • 2 Minuten Lesezeit

Mit Vergleich vom 19.05.2020 hat sich ein Universitätsklinikum verpflichtet, an meinen Mandanten 5.000 Euro und meine außergerichtlichen Anwaltsgebühren zu zahlen. Der 1974 geborene Angestellte ließ sich in einer Operation Hodengewebe zur Aufbereitung für die künstliche Befruchtung in mikrochirurgischer Technik entnehmen.

Bei diesem Eingriff über 20 Minuten arbeitete der Operateur mit hochfrequentem Wechselstrom (HF-Chirurgie), der durch den menschlichen Körper geleitet wird. Durch die dadurch verursachte Erwärmung wird Gewebe gezielt geschädigt oder geschnitten. Das Gerät, mit dem der Strom in den Körper eingebracht wird, nennt man Elektrokauter oder Elektroskalpell. Der Vorteil des Elektrokauters gegenüber einem herkömmlichen Skalpell ist, dass gleichzeitig mit dem Schnitt eine Blutstillung und der Verschluss der betroffenen Gefäße durch den Operateur erfolgen kann.

Um Verbrennungen an anderen als den gewünschten Körperstellen zu vermeiden, muss der Patient auf dem Operationstisch auf trockenen Tüchern oder Kunststoff isoliert gelagert werden, weil der Operationstisch aus Stahl den Strom sonst an ungewünschter Stelle aus dem Körper ausleitet und Verbrennungen verursacht. In der Nähe des Operationsfeldes ist eine Gegenelektrode anzubringen, aus welcher der Strom kontrolliert ausgeleitet wird. Von der Gegenelektrode wird der Strom zurück zum Generator geleitet.

Nach der Operation hatte der Mandant starke Schmerzen an beiden Gesäßhälften. Die klinische Untersuchung ergab Verbrennungen II. Grades auf beiden Gesäßhälften und der Gesäßfalte (Rima ani). Die Klinik legte am nächsten Tag das Hochfrequenzchirurgiegerät still und informierte den Hersteller. Wie es zu der Verbrennung gekommen sei, konnte sie sich nicht erklären. Das Gerät sei vom Hersteller als mängelfrei befundet worden.

Tatsächlich ergab die sicherheitstechnische Kontrolle des Herstellers keine Funktionsstörungen. Der Mandant musste auf Schwimmen wegen der Verbrennungen fünf Monate lang verzichten und hatte mehrere Wochen Schmerzen an den Brandwunden, insbesondere beim Sitzen.

Ich hatte der Klinik vorgeworfen, durch fehlerhaften Einsatz des Elektrokauters die Verbrennungen an beiden Gesäßhälften mit einer Größe 5 x 7 cm verursacht zu haben. Bei nicht korrekter Platzierung der Neutralelektrode komme es zu Kontaktproblemen, die zu schweren Verbrennungen führen könnten, weil der Strom über den OP-Tisch abgeleitet würde. Bei der bipolaren HF-Technik sei eine Verbrennung des Gesäßes bei ordnungsgemäßer Handhabung des aktiven Elektrodenpaares voll beherrschbar. Ich habe auf den von mir erstritten Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 26.09.2017, AZ: VI ZR 529/16, verwiesen und ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro geltend gemacht. Hinzu kamen weitere materielle Schäden für Fahrtkosten, die Anforderung der  Behandlungsunterlagen, Verbandsmaterialien und Medikamente.

Nach umfangreichen außergerichtlichen Verhandlungen habe ich mich mit der Haftpflichtversicherung der Klinik auf einen Gesamtbetrag zur Erledigung der Angelegenheit von 5.000 Euro geeinigt.

 

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht & Verkehrsrecht



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Koch

Beiträge zum Thema