Verfügungsverfahren von Apple gegen Samsung wegen iPad-Nachahmung – Verfahrensstand und Ausblick

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Das einstweilige Verfügungsverfahren von Apple gegen Samsungs Tablet Computer „Galaxy Tab 10.1" wegen der Verletzung eines Geschmacksmusters betreffend das Design des iPads hat für viel Aufsehen gesorgt. Das Verfahren soll hier zum Anlass genommen werden, einige grundsätzliche Erwägungen zum Verfügungsverfahren aus Schutzrechten darzustellen.

I. Geschmacksmuster als ungeprüftes Schutzrecht

Das Geschmacksmuster schützt die ästhetische Gestaltung eines Gegenstands. Geschützt sind also das Design, die Form, aber auch die Farbe und sogar die Oberfläche des Gegenstands. Das Geschmacksmuster muss neu sein und Eigenart haben. Es muss sich also von den Gestaltungen, die zum Anmeldezeitpunkt existieren, genügend unterscheiden. Angemeldet werden können deutsche, europäische (Gemeinschaftsgeschmacksmuster) und internationale Geschmacksmuster. Für das Design des iPads hat Apple ein entsprechendes Gemeinschaftsgeschmacksmuster beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) in Alicante angemeldet. Ein wichtiger Unterschied zum Patent liegt darin begründet, dass das Amt die materiellen Schutzvoraussetzungen für die Eintragung des Geschmacksmusters nicht prüft. Es handelt sich um ein sogenanntes ungeprüftes Schutzrecht. Dementsprechend sind viele eingetragene Geschmacksgeschmacksmuster nicht rechtsbeständig, weil entweder die Neuheit oder die Eigenart fehlen.

II. Erlass einer einstweiligen Verfügung

Obwohl ungeprüft, können aus dem Geschmacksmuster Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche gegen vermeintliche Nachahmer geltend gemacht werden. Der Unterlassungsanspruch kann zudem im einstweiligen Verfügungsverfahren durchgesetzt werden, also in einem schnellen und vorläufigen Verfahren, in der eigene Vortrag nur glaubhaft gemacht anstatt bewiesen werden muss. An den Beweis werden strengere Anforderungen gestellt. Apple hat gegen Samsung den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Unterlassung beantragt und eine derartige Verfügung, in der Samsung verboten wurde, den Tablet Computer anzubieten oder zu vertreiben, auch vom Landgericht Düsseldorf erhalten. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zunächst ein Verfügungsanspruch, also hier der Unterlassungsanspruch aufgrund Geschmacksmusterrechts. Des Weiteren ist eine besondere Dringlichkeit erforderlich, d.h., es muss dem Antragsteller unzumutbar sein, seine Rechte in einem langwierigen Hauptsacheverfahren durchzusetzen. Die Verfügung ist im Beschlusswege ergangen, ohne dass der Antragsgegner, hier Samsung, angehört wurde. Nach Zustellung der einstweiligen Verfügung muss sich der Antragsgegner an das Verfügungsverbot halten.

III. Rechtsbehelfe des Antragsgegners

Erster Rechtsbehelf gegen eine aus Sicht des Antragsgegners zu Unrecht ergangene einstweilige Verfügung ist der Widerspruch gegen die Verfügung. Der Widerspruch wird bei dem Gericht eingelegt, das die einstweilige Verfügung erlassen hat. Mit dem Widerspruch kann der Antragsgegner erstmalig seine Auffassung darlegen. Das Gericht bestimmt sodann einen Termin zur mündlichen Verhandlung und entscheidet im Anschluss daran durch Urteil, ob die einstweilige Verfügung bestätigt oder aufgehoben wird. Im Fall Apple vs. Samsung hat Samsung unter anderem die Dringlichkeit bestritten, da das Produkt von Samsung schon längere Zeit auf seiner Internetseite auch in Deutschland abrufbar gewesen sein soll. In der Regel wird die Dringlichkeit von den Gerichten verneint, wenn der Antragsteller seit mehr als einem Monat von der Rechtsverletzung, also hier der Geschmacksmusterverletzung, Kenntnis hatte. Darüber hinaus hat Samsung selbstverständlich eine Verletzung des Apple-Geschmacksmusters aufgrund bestehender Unterschiede verneint. Über diese Einwendungen wird das Landgericht Düsseldorf am 9. September 2011 durch Urteil entscheiden.

IV. Welche Rechte hat der Antragsgegner außerdem?

Der Antragsgegner kann, wenn das Landgericht die einstweilige Verfügung bestätigt, Berufung zum Oberlandesgericht einlegen. Alternativ kann der Antragsgegner dem Antragsteller auch eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage setzen lassen, um diesen in ein Hauptsacheverfahren zu zwingen. Dies kann für den Antragsgegner sinnvoll sein, wenn die Situation in einem Hauptsacheverfahren wegen der strengeren Anforderungen für ihn günstiger ist. Schließlich kann Samsung die Aufhebung der Verfügung wegen veränderter Umstände beantragen. Im vorliegenden Verfahren hat Samson schon mitgeteilt, dass es auch die Schutzbeständigkeit des Geschmacksmusters überprüfen lassen möchte. Hierzu wird Samson ein Nichtigkeitsverfahren gegen Apple's Gemeinschaftsgeschmacksmuster beim HABM einleiten. Dann wird erstmalig geprüft, ob das Geschmacksmuster von Apple überhaupt neu ist und Eigenart hat. Allerdings wird dies für das Verfügungsverfahren nicht helfen: Im Verfügungsverfahren ist das Gericht an den formellen Bestand des Schutzrechts gebunden und hat allein über die Frage der Verletzung zu entscheiden. In einem Hauptsacheverfahren ist das Gericht zwar ebenfalls gebunden, aber es kann den Prozess aussetzen, bis rechtskräftig über den Bestand des Schutzrechts entschieden wurde. Damit ist Samsung aber nicht rechtlos gestellt. Sollte die einstweilige Verfügung bestätigt werden und erst sehr viel später das Geschmacksmuster für nichtig erklärt werden, kann Samsung die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände beantragen.  In diesem Fall hätte Samsung dann einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch gegen Apple wegen des Vollzugs der einstweiligen Verfügung. Unabhängig davon ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass Apple einen Schadensersatz in Kauf nimmt, um jedenfalls für einen wichtigen Zeitraum Samsung vom Vertrieb seines Tablet Computers auszuschließen.

Rechtsanwalt Axel Dreyer, LL.M. Gewerblicher Rechtsschutz

Schürmann Wolschendorf Dreyer

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