Verjährung im Strafrecht

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Sowohl die Strafverfolgung als auch die Strafvollstreckung unterliegen der Verjährung, sind also nur bis zum Ablauf einer bestimmten Frist möglich. Die Verfolgungsverjährung legt fest, ab welchem Zeitpunkt die Strafverfolgungsbehörden keine Ermittlungen mehr aufnehmen oder fortführen dürfen. Hiervon zu unterscheiden ist die Vollstreckungsverjährung, die regelt, ab wann eine bereits verhängte Strafe nicht mehr vollstreckt werden kann.

Verfolgungsverjährung

Nach Ablauf einer bestimmten Frist kann eine Straftat nicht mehr verfolgt werden. Das Eintreten der Verfolgungsverjährung führt dazu, dass das Verfahren eingestellt werden muss und nicht mehr ermittelt werden darf.

Dem Instrument der Verjährung liegt der Gedanke zugrunde, dass nach einer gewissen Zeit eine Bestrafung keinen Sinn mehr macht. Ausnahmen bestehen jedoch für besonders schwerwiegende Straftaten wie Mord, der nicht verjährt.

Beginn der Verfolgungsfrist

Die Verfolgungsverjährungsfrist beginnt zu laufen, sobald eine Straftat beendet ist. Dies setzt voraus, dass der Täter alle Tatbestandsmerkmale erfüllt hat und das Tatgeschehen abgeschlossen wurde. 

Bei einem Diebstahl ist dies beispielsweise der Fall, sobald der Täter den Gegenstand in seinen Gewahrsam gebracht und die Beute gesichert hat, indem er sie beispielsweise in seiner Wohnung versteckt hat.

Problematisch ist der Fristbeginn vor allem bei Delikten, die nicht an einen Erfolg anknüpfen. So stellt der Besitz von Drogen, Waffen oder kinderpornographischen Schriften ein Dauerdelikt dar. Solange sich diese Gegenstände im Besitz des Täters befinden, beginnt die Verjährung nicht zu laufen.

Es ist also nicht immer einfach zu ermitteln, wann die Verjährungsfrist beginnt. Im Einzelnen sollten Sie durch einen Anwalt klären lassen, wann die Verfolgungsfrist begonnen hat und ob diese bereits abgelaufen ist.

Länge der Verfolgungsfrist

Die strafrechtliche Verfolgungsverjährung tritt nach Ablauf einer gesetzlich festgelegten Frist ein. Die Länge dieser Frist richtet sich nach der Höhe der im Gesetz angedrohten Strafe für die infrage stehende Tat:

StrafandrohungVerfolgungsfristBeispiele
lebenslange Freiheitsstrafe30 JahreRaub mit Todesfolge
Freiheitsstrafen im Höchstmaß von mehr als 10 Jahren20 JahreTotschlag
Freiheitsstrafen im Höchstmaß von mehr als 5 Jahren bis zu 10 Jahren10 JahreSexueller Missbrauch von Kindern
Freiheitsstrafen im Höchstmaß von mehr als einem Jahr bis zu 5 Jahren5 JahreKörperverletzung, Diebstahl, Betrug
bei allen übrigen Taten3 JahreHausfriedensbruch

Ruhen der Verjährungsfrist

Unter bestimmten Voraussetzungen „ruht“ die Frist der Verfolgungsverjährung. Die Frist läuft für eine bestimmte Zeit nicht weiter und wird nach Beendigung des Ruhens fortgesetzt, ohne neu zu beginnen. So ruht beispielsweise die Verfolgungsverjährungsfrist bei sexuellem Missbrauch, Vergewaltigung und ähnlichen Straftaten bis zur Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers.

Unterbrechung der Verjährungsdauer 

Die Verfolgungsverjährung kann in bestimmten Fällen unterbrochen werden. Die Unterbrechung führt im Gegensatz zum Ruhen dazu, dass die Frist nach Wegfallen des Grundes von vorne zu laufen beginnt. So unterbrechen beispielsweise die erste Vernehmung des Beschuldigten, eine richterliche Durchsuchungs- oder Beschlagnahmeanordnung, ein Haftbefehl oder die Erhebung der öffentlichen Klage, sowie die Eröffnung des Hauptverfahrens die Verjährung. 

Die Frist beginnt in diesen Fällen neu zu laufen. Allerdings tritt die Verjährung spätestens mit dem Doppelten der ursprünglichen Verjährungsfrist ein. Bei einer Körperverletzung also spätestens nach 10 Jahren.

Vollstreckungsverjährung

Die Vollstreckungsverjährung regelt, wie lange eine Strafe oder Maßnahme nach einem rechtskräftigen Urteil vollstreckt werden kann. Dies hat zur Folge, dass ein Täter, der zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, diese nicht mehr antreten muss, wenn Vollstreckungsverjährung eingetreten ist. Im Falle der Verurteilung zu einer Geldstrafe muss der Verurteilte nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr zahlen.

Kann ich heute noch (in Deutschland) inhaftiert werden?

Die Vollstreckungsverjährung ist beispielsweise relevant, wenn jemand nach seiner Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ins Ausland geflohen und seine Haftstrafe nie angetreten ist. 

Ob bei einer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland eine Inhaftierung droht, hängt davon ab, ob die Vollstreckungsverjährung bereits eingetreten ist. Dies richtet sich danach, wann die Vollstreckungsverjährung begonnen hat, wie lange die Frist war und ob sonstige Umstände vorliegen.

Beginn der Vollstreckungsverjährung

Die Vollstreckungsverjährung beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung. Diese tritt ein, wenn das Urteil mit keinem ordentlichen Rechtsmittel (Berufung, Revision) mehr angegriffen werden kann.

Eintritt der Vollstreckungsverjährung

Anknüpfungspunkt für die Frist der Vollstreckungsverjährung ist die konkrete Strafe und anders als bei der Verfolgungsverjährung nicht das generelle Strafmaß der verletzten Norm. Lebenslange Freiheitsstrafen, Sicherungsverwahrung und die unbefristete Führungsaufsicht verjähren nicht. Im Übrigen gilt:

Strafe

Vollstreckungsverjährung
Freiheitsstrafen über 10 Jahrennach 25 Jahren
Freiheitsstrafen über 5 Jahrennach 20 Jahren
Freiheitsstrafen über einem Jahrnach 10 Jahren
Freiheitsstrafen unter einem Jahr und Geldstrafen über 30 Tagessätzennach 5 Jahren
Geldstrafen unter 30 Tagessätzennach 3 Jahren
Maßnahmen nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGBnach 10 Jahren
Anordnung von Führungsaufsicht und die erste Unterbringung in einer Entziehungsanstaltnach 5 Jahren
Geldbußen von mehr als 1000 Euronach 5 Jahren
Geldbußen unter 1000 Euronach 3 Jahren

Ruhen der Vollstreckungsverjährung

Auch die Vollstreckungsverjährung kann ruhen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, der Verurteilte haftunfähig oder aufgrund einer anderen Straftat im Ausland inhaftiert ist und die Strafe daher in Deutschland nicht antreten kann. Die Vollstreckungsverjährungsfrist läuft in dieser Zeit nicht weiter und wird nach Beendigung des Ruhens fortgesetzt.

Verlängerung der Verjährungsfrist 

Die Frist zur Verjährung der Vollstreckung kann einmalig um die Hälfte der gesetzlichen Verjährungsfrist verlängert werden. Hierzu ist ein Antrag der Vollstreckungsbehörde erforderlich, über den dann ein Gericht entscheidet. Voraussetzung ist, dass sich der Betroffene in einem Gebiet aufhält, aus dem eine Auslieferung oder Überstellung nicht möglich ist. 

Eine solche Verlängerung findet vor allem statt, wenn der Verurteilte vor dem Strafantritt oder während des Strafvollzugs ins Ausland geflohen ist. Die Ermessensentscheidung des Gerichts richtet sich danach, ob ein weiteres Vollstreckungsbedürfnis besteht oder nicht.


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