Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Anlageberater

  • 4 Minuten Lesezeit

Nimmt ein Kapitalanleger Informationsschreiben/Geschäftsberichte zu einer von ihm abgeschlossenen Kapitalanlage nicht zur Kenntnis, hat er grob fahrlässig Unkenntnis über die dort enthaltenen Informationen. Hierauf gestützte Schadensersatzansprüche sind verjährt. 

Urteil des LG Mainz

Im Rahmen eines vor dem Landgericht Mainz geführten Verfahrens hatte sich der Kläger an einer Fondsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG beteiligt und verlangte von dem durch BEMK vertretenen Anlageberater Schadensersatzzahlungen in Höhe der fünfstelligen Zeichnungssumme. Der Kläger stütze  diese Forderung auf die Behauptung, dass er über eine Vielzahl von Risiken nicht aufgeklärt worden sei. Zudem sei das im Prospekt dargestellte Totalverlustrisiko im Rahmen der mündlichen Aufklärung verharmlost worden. Der Kläger hatte weiter behauptet, dass er nicht anlegergerecht beraten worden sei. So habe er im Rahmen der Beratung mitgeteilt, dass er auf der Suche nach einer sicheren Kapitalanlage sei, bei welcher der Werterhalt sichergestellt sein solle.  

Im Rahmen der Entscheidungsgründe hat das Landgericht Mainz zunächst festgehalten, dass der Kläger nach der ständigen Rspr. des BGH (vgl. BGH, Urteil vom 05. September 2019 – III ZR 73/18, Rn.19 m.w.N.) über die Risiken der Beteiligung durch die unstreitig rechtzeitig erfolgte Prospektübergabe aufgeklärt wurde. Weiter hat das Gericht festgehalten, dass von einem Anleger eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospektes erwartet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 – II ZR 211/09 –, Rn. 15).

Hinsichtlich der Behauptung des Klägers, dass die Risiken aus dem Prospekt verharmlost worden wären, hat das Gericht festgestellt, dass hierauf gestützte Schadensersatzansprüche jedenfalls verjährt sind, da der Kläger seitens der Fondsgesellschaft regelmäßig die Geschäftsberichte mit Informationen zum aktuellen Verlauf der unternehmerischen Beteiligung zugesandt bekommen hatte und aus diesen unter anderem ersichtlich war, dass sich die Beteiligung nicht wie prognostiziert entwickelt hatte und die wirtschaftliche Lage der Fondsgesellschaft kritisch war. Das Gericht führte weiter aus, dass es nicht entscheidend darauf ankommt, ob der Kläger den Inhalt der Schreiben auch zur Kenntnis genommen hat, da er dann jedenfalls die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt hätte und grob fahrlässige Unkenntnis über die darin enthaltenen Informationen hatte. Aus den Berichten hätte der Kläger nach den Feststellungen des Gerichts ohne weiteres erkennen können, dass die Kapitalanlage mit erheblichen Risiken bis hin zum Totalverlust behaftet ist und eben nicht den von ihm gewünschten Werterhalt garantiert.

Kontext der Entscheidung

Die Frage, ob grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt, obliegt grundsätzlich der tatrichterlichen Würdigung (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 – VI ZR 739/20). Das LG Mainz steht mit seiner Auffassung nicht allein. Ähnliche tatrichterliche Würdigungen zur Frage der grob fahrlässigen Unkenntnis hatten bereits das Brandenburgische Oberlandesgericht, (Urteil vom 04.03.2015, AZ: 4 U 46/14), das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 06.11.2014, AZ: I-16 U 19/14, Rn. 69), das OLG Hamm (Urteil vom 13. Februar 2013 – 34 U 77/13 –, juris) und das LG Köln (Urteil vom 28. April 2011 – 15 O 209/10) vorgenommen. 

Zwar hat der BGH entschieden, dass sich eine grob fahrlässige Unkenntnis des Anlegers nicht daraus ergibt, dass dieser es unterlassen hat, den ihm vor oder mit der Zeichnung übergebenen Emissionsprospekt durchzulesen um auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren (vgl. BGH, Urteil vom 08. Juli 2010 – III ZR 249/09 –, BGHZ 186, 152-164). Diese Konstellation ist aber nicht zu verwechseln mit der Frage, ob die laufenden Informationsschreiben der Fondsgesellschaft zur Kenntnis zu nehmen sind. Ziel und Zweck der Übergabe der Emissionsprospekte ist die vorvertragliche Aufklärung (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2011 – III ZR 186/10, Rn. 14). 

Mit der Übersendung der laufenden Informationsschreiben und Geschäftsberichten wird hingegen auch der unter dem Gesichtspunktes des Anlegerschutz gesetzlich normierten jährlichen (laufenden) Informationspflicht Rechnung getragen. Zum aktuellen Verlauf seiner Kapitalanlage bekommt ein Anleger schließlich keine mündliche Beratung durch den Berater, da der Anlageberatungsvertrag kein Dauerschuldverhältnis darstellt, sondern mit dem Abschluss der Kapitalanlage endet. Es geht also nicht darum, eine ihm mündliche zu Teil gewordene Beratung zu überprüfen, sondern sich über den aktuellen Verlauf seiner Kapitalanlage zu informieren. So ist auch aus dem Urteil des BGH zu entnehmen, dass Wertmitteilungen eines Depots jedenfalls dann die Verjährung begründen können, wenn dort erhebliche negative Entwicklungen ersichtlich sind, die nicht mit einer risikolosen Kapitalanlage in Einklang zu bringen sind (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2018 – III ZR 122/17 –, juris). Demnach dürfte von einem Anleger zu fordern sein, dass er ihm zugesandte Informationsschreiben wie auch anderen Schriftverkehr in der zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Weise zur Kenntnis zu nehmen hat.

Die Verjährung als Mittel einer erfolgreichen Haftungsabwehr

Die Frage der Verjährung spielt im Rahmen der Beraterhaftung oder auch der Emittentenhaftung  bei einer unternehmerischen Beteiligung oder bei der Vermittlung von Aktien oftmals eine entscheidende Rolle, die über den Erfolg einer Klage entscheidet. Die Einrede der Verjährung stellt hierbei ein äußerst effektives Mittel der Haftungsabwehr von Schadensersatzansprüchen dar. Auch beim aktuellen Dieselskandal rückt die der Frage Verjährung immer mehr in den Fokus, wobei dort die Frage im Mittelpunkt steht, ab wann ein Käufer durch die mediale Berichterstattung Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeuges hatte oder haben musste (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 – VI ZR 739/20; BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - VI ZR 1118/20;). 

Erfahrungsgemäß bereitet den Gerichten insbesondere die Feststellung der Verjährung von Schadensersatzansprüche Schwierigkeiten, welche auf eine nicht anlegergerechte Beratung gestützt werden. 

Als auf die Haftungsabwehr in Anlageberatungsfällen spezialisierte Kanzlei haben wir die Erfahrung gemacht, dass den Gericht daher unter substantiiertem Sachverhaltsvortrag auch die hierzu ergangene Rechtsprechung aufgezeigt werden muss, die leider auch vielen Fachanwälten unbekannt ist, um die Chancen einer erfolgreichen Haftungsabwehr zu erhöhen. 

Werden Sie wegen einer behaupteten Falschberatung in Anspruch genommen, beraten wir Sie gerne. Kontaktieren Sie uns einfach per Email oder Telefon. 



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Manuel Kovacic

Beiträge zum Thema