Verjährungshemmung beim Verbraucherdarlehen: Entscheidende Rechtsprechung des BGH stärkt Verbraucher

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Der BGH hat den Darlehensnehmer ihre Rechte mit dem Urteil vom 14.7.2020 (XI ZR 553/19) in Bezug auf Altforderungen gestärkt.

Hintergrund des BGH-Urteils


Das Urteil betrifft eine Klage auf Rückzahlung nach der Kündigung eines Verbraucherdarlehensvertrags. Der Darlehensnehmer hatte im Juli 2004 einen Darlehensvertrag über 10.000 € mit einer Sparkasse mit einer monatlichen Rate i.H.v. 150 € abgeschlossen. Nachdem der Darlehensnehmer 2008 mit den Ratenzahlungen in Rückstand geraten war und auf die Mahnschreiben der Sparkasse zur Ausgleichung des Rückstandes nicht reagierte, kündigte die Sparkasse den Vertrag mit sofortiger Wirkung im August 2008 und forderte die sofortige Rückzahlung von 5.703,67 € bis zum 1. September 2008.

Daraufhin verlangte die Klägerin, die Inkassodienstleistungen anbietet und im Auftrag der Sparkasse handelt, die Rückzahlung des Restdarlehens zurück und reichte hierzu im November 2011 einen Mahnbescheid ein. Dem Darlehensnehmer wurde jedoch erst im August 2017 der vom Amtsgericht erlasse Mahnbescheid zugestellt, da vorherige Versuche gescheitert waren, weil er unter der mitgeteilten Anschrift nicht auffindbar bzw. umgezogen sei. Die Verjährungsfrist von drei Jahren war nach der Kündigung also bereits verstrichen. Das Inkassounternehmen berief sich daher hierbei auf die zehnjährige Hemmung nach § 497 Abs. 3 S. 3 BGB. Das Landgericht und das Berufungsgericht haben zugunsten des Inkassounternehmens entschieden und den Darlehensnehmer dazu verurteilt, das Darlehen plus Zinsen sowie einige Kosten des Rechtsstreits zu zahlen. Laut dem Urteil des OLG Frankfurt a. M. sei der Anspruch der Sparkasse nicht verjährt, weil der Hemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 S. 3 BGB zulasten des Verbrauchers auch den Anspruch auf „Rückzahlung des Restdarlehens nach Kündigung des Darlehensvertrags“ umfasse.

Gründe für die Aufhebung des OLG-Urteils 

Die Revision des Darlehensnehmers hatte Erfolg, da laut BGH das Berufungsgericht fehlerhaft entschieden hatte erklärt Rechtsanwalt Sascha C. Fürstenow von FÜRSTENOW Anwaltskanzlei. Das BGH-Urteil bestätigt hier zwar, dass der Hemmungstatbestand aus § 497 BGB auch bei gekündigten Darlehensverträgen greifen kann und die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs der Sparkasse laut § 497 Abs. 3. S. 3 BGB gegen den Verbraucher 10 Jahre gehemmt sein kann. Hierzu müssen jedoch einige Bedingungen erfüllt worden sein. In dem o.g. Fall seien jedoch grundsätzliche Problematiken im OLG-Urteil nur unzureichend thematisiert worden, die die Wirksamkeit der Kündigung in Frage stellen. Dabei seien folgende Fragen offengeblieben:

Forderungsabtretung

 Demnach sei insbesondere nicht ausreichend begründet worden, dass die Klägerin tatsächlich die Forderung der Sparkasse erworben hatte. Gemäß der Prüfung des BGH sei der tatsächliche Inhaber dieser Forderung nicht die Klägerin, sondern eine andere Gesellschaft gewesen. Dies stehe im Widerspruch zu der Angabe aus dem Mahnbescheid des Inkassounternehmens und sei von der OLG nicht überprüft worden.

Höhe des Rückstands

Zudem habe das OLG die Höhe des Zahlungsrückstandes i.H.v. 827 EUR aus dem Schreiben der Sparkasse aus 2008 nicht schlüssig vorgetragen und belegt. Denn die Rückstände für die Monate Februar, März, April und Mai 2008 mit den vereinbarten monatlichen Raten i.H.v. 150 EUR ergebe nicht die genannte Summe. Laut dem BGH haben nämlich Zuvielforderungen die Unwirksamkeit der Kündigungsandrohung zur Folge, sofern es ich nicht um Kleinstbeträge handele.  

Fristsetzung

Laut BGH sei eine ausreichende Fristsetzung die Voraussetzung einer wirksamen Kündigung und diese sei dem Darlehensnehmer gesetzt worden, da die Sparkasse mit dem Schreiben vom 23. Juni 2008 die Zahlung des Rückstands bis zum 7. Juli 2008 einforderte. Die Zahlungsfrist wäre hier nicht ausreichend bemessen worden.

Zuvielforderung

Des Weiteren sei im Mahnscheiben der Sparkasse eine Zuvielforderung i.H.v. 16,19 EUR zu verzeichnen. Ob der Darlehensnehmer laut § 286 Abs. 4 BGB tatsächlich schuldhaft im Verzug ist, hänge davon ab, ob er die geschuldete Forderung tatsächlich allein berechnen könne. Ebenso wurde nicht ausreichend ermittelt, ob und wann der Darlehensnehmer mit der Hauptforderung vor Ablauf der Regelverjährungsfrist in Verzug geraten sei, Hierzu fehlen dem BGH genaue Nachweise.

Da das Berufungsgericht keine ausreichenden Feststellungen zu den oben genannten Fragen getroffen hatte und die Schlüssigkeit ihrer Aktivlegitimation fehlte, wurde die Sache zur erneuten Prüfung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Mit dem Urteil hat sich der BGH jedoch an die herrschende Meinung angeschlossen, dass § 497 Abs. 3 S. 3 BGB auch die Ansprüche auf Rückzahlung des Restdarlehens nach Kündigung erfasse und nicht nur die Ansprüche auf Erfüllung von Zins- und Tilgungsraten.


Welche Bedeutung hat diese Entscheidung für Verbraucher?


Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für Darlehensnehmer, die mit alten Forderungen von ihrer Bank Jahre später konfrontiert werden, erklärt Rechtsanwalt Fürstenow. Das Urteil bestätigt, dass Ansprüche zur Rückzahlung von Darlehen in besonderen Fällen nicht verjährt wird, die nach der Kündigung entstanden sind. Für die Inkassounternehmen bzw. Banken heißt es, dass sie grundlegende Beweise vorlegen müssen, um alte Forderungen geltend zu machen. Insbesondere stellt sich hier die Frage, ob der tatsächliche Forderungsinhaber nachgewiesen werden kann, da die Banken oder Inkassounternehmen sich ansonsten nicht auf die Verjährungshemmung stützen können. Auch die weiteren vorgeführten Aspekte aus dem Urteil geben den Darlehensnehmern eine Stütze, sich vor Mahnungen zu schützen, die nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, insbesondere in Bezug auf die Zahlungshöhe und Fristen.

Haben Sie ebenfalls einen Mahnbescheid von Ihrer Bank bekommen oder haben weitere Fragen zu diesem Thema? Rechtsanwalt Sascha C. Fürstenow berät Sie hierzu sehr gerne.

Foto(s): Sascha C. Fürstenow

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