Verkauf einer Gemeinschaftspraxis (BAG) - ​Share Deal vs. Asset Deal

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1. Zeit für die Praxisnachfolge!

Die Gründe für eine Praxisabgabe können vielfältig sein: 

  • die niedergelassenen Ärzte (m/w/d) möchten aus Altersgründen verkaufen;
  • der Praxisübernehmer (m/w/d) legt ein lukratives Angebot auf den Tisch, z.B. durch ein Investoren-MVZ;
  • die niedergelassenen Ärzte haben sich verstritten und suchen zur Auflösung einen Nachfolger.

Als Käufer kommen entweder Kollegen oder zunehmend auch Investoren in Betracht. Bei der Ermittlung des Kaufpreises sollten sich die niedergelassenen Ärzte durch einen Steuerberater oder Praxisvermittler bei der Praxisbewertung unterstützen lassen, um eine realistische Einschätzung vom Praxiswert zu erhalten. 

Wichtig ist, dass die Nachfolge frühzeitig und sorgfältig vorbereitet wird. Dies kann einige Zeit in Anspruch nehmen, sorgt jedoch dafür, dass die Ärzte einen höheren Kaufpreis erzielen.

Ist ein Interessent gefunden, wird er die Praxis zunächst eingehend prüfen und Gespräche mit den Verkäufern führen. In dieser Phase wird auch über die Struktur des Praxisverkaufs entschieden, wofür grundsätzlich zwei Methoden zur Verfügung stehen:

2. Verkaufsmethoden

Zur Durchführung der Praxisnachfolge sind zwei Verkaufsmethoden üblich - ein Share Deal oder ein Asset Deal. Beide Methoden haben individuelle Vor- und Nachteile für die Verkäufer bzw. den Käufer. Die für den Einzelfall passende Lösung sollte daher durch eine genaue rechtliche und steuerliche Analyse ermittelt werden. 

a. Share Deal (Anteilsverkauf)

Bei einem Share Deal handelt es sich um einen Anteilsverkauf. Verkauft werden die Gesellschaftsanteile an der BAG, d.h. in der Regel GbR-Anteile oder Anteile an einer Partnerschaftsgesellschaft (PartG). Verkäufer sind die Gesellschafter, also die Ärzte.

Wesentlich für einen Anteilskauf ist, dass der Käufer mit den Anteilen die gesamte BAG in Bausch und Bogen einschließlich Mitarbeiter übernimmt. Hierbei kommt es zu einer Gesamtrechtsnachfolge sämtlicher zur BAG gehörenden Aktiva und Passiva, indem der Erwerber neuer Eigentümer der BAG wird.

Für die Übertragung der Gesellschaftsanteile müssen die Gesellschafter einen Gesellschafterbeschluss fassen, mit dem die Übernahme der Anteile durch den Käufer genehmigt wird.

Da der Erwerber auch sämtliche in der Gemeinschaftspraxis angelegte Risiken übernimmt, wird er versuchen, von den Verkäufern umfangreiche Garantien und Freistellungen zu fordern und diese im Kaufvertrag zu verankern. Zur Vermeidung von Haftungsrisiken ist aus Verkäufersicht darauf zu achten, dass die Garantien eingehalten werden können und der Kaufvertrag geeignete Haftungsbeschränkungen zugunsten der Verkäufer vorsieht (z.B. Ausschluss von bestimmten Schadensarten, Haftungsobergrenzen, keine Haftung bei Kenntnis des Käufers etc.).

Der Anteilskaufvertrag ist grundsätzlich nicht formbedürftig, sollte jedoch zur Dokumentation in Schriftform abgeschlossen werden. Der Verkauf von GmbH-Geschäftsanteilen muss dagegen stets notariell beurkundet werden.

b. Asset Deal (Verkauf von Einzelwirtschaftsgütern)

Im Gegensatz dazu stellt ein Asset Deal einen Verkauf von Einzelwirtschaftsgütern dar. Verkauft werden die einzelnen Vermögensgegenstände der BAG (Geräte, Mobiliar etc.) sowie Forderungen, Verbindlichkeiten und Vertrags- und Arbeitsverhältnisse. Verkäufer ist in diesem Fall die BAG.

Charakteristisch für einen Asset Deal ist, dass der Käufer grundsätzlich nur ausgewählte und im Kaufvertrag ausdrücklich genannte Aktiva und Passiva übernimmt. Der Käufer kann sich dadurch die "Rosinen rauspicken". Nur in bestimmten Fällen ordnet das Gesetz eine automatische Haftung des Erwerbers an:

  • kommt es wie im Regelfall zu einem Betriebsübergang gehen die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Mitarbeiter gem. § 613a BGB auf den Käufer über, sofern diese dem Übergang nicht widersprechen;
  • nach § 75 AO haftet der Übernehmer in bestimmten Umfang für die Steuern der BAG.

Aufgrund des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes müssen die übernommenen Vermögenswerte im Asset-Kaufvertrag ausdrücklich bezeichnet werden. Zudem ist für die Übertragung von Verbindlichkeiten und Verträgen die Zustimmung der Gläubiger bzw. Vertragspartner notwendig. Aus diesen Gründen ist ein Asset Deal im Regelfall aufwändiger in der Durchführung

Die Gewährleistung in einem Asset-Kaufvertrag bezieht sich nur auf die übernommenen Aktiva und Passiva, sodass der Garantiekatalog in der Regel etwas schlanker ausfällt als bei einem Anteilskauf. Dennoch müssen die Verkäufer darauf achten, dass die übernommenen Haftungszusagen vertretbar sind.

Der Asset-Kaufvertrag bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form, sollte jedoch schriftlich abgeschlossen werden. Gehören zum Vermögen der BAG Grundstücke oder GmbH-Anteile muss der Kaufvertrag notariell beurkundet werden.

3. Patientendaten

Für die Übertragung der Patientendaten auf den Käufer müssen die einschlägigen Vorschriften des  Berufs-, Vertragsarzt- und Datenschutzrechtes eingehalten werden.

In der Praxis wird hierfür häufig ein Verwahrungs- und Übertragungsvertrag über die Patientendaten abgeschlossen bzw. entsprechende Klauseln in den Kaufvertrag aufgenommen.

4. Zulassung

a. Verzicht gegen Anstellung

Ist der Käufer der Gemeinschaftspraxis ein MVZ, so können die Vertragsarztsitze der verkaufenden niedergelassenen Ärzte auf das MVZ überführt werden, indem gem. § 103 Abs. 4a SGB V die niedergelassenen Ärzte auf ihre Zulassung zugunsten einer Anstellung im MVZ verzichten. Eine Ausschreibung des Vertragsarztsitzes ist in diesem Fall nach herrschender Meinung nicht erforderlich. Jedoch fordert die Rechtsprechung des BSG, dass der verzichtende Arzt mindestens für mindestens drei Jahre im MVZ angestellt und tätig ist.

b. Nachbesetzungsverfahren

In anderen Fällen wird in der Regel so vorgegangen, dass die verkaufenden Ärzte auf ihre Zulassung verzichten und ein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt wird, im Rahmen dessen sich der Käufer auf den Vertragsarztsitz mit Unterstützung durch die verkaufenden Ärzte bewirbt

Aufgrund der herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung der Zulassung muss der Verzicht und die Durchführung des Nahbesetzungsverfahren sowie die Folgen bei dessen möglichen Scheitern detailliert im Kaufvertrag geregelt werden.

5. Verkaufsprozess - Investoren - M&A

Handelt es sich bei dem Erwerber um einen Investor, wird er den Praxisverkauf typischerweise als einen M&A-Prozess durchführen. Hierbei schließen die Parteien zum Beginn der Verkaufsgespräche eine Vertraulichkeitsvereinbarung (Non Disclosure Agreement - NDA), bevor der Kaufinteressent Zugang zu den Daten der Praxis erhält. 

Sind die Verhandlungen fortgeschritten, werden das Ergebnis und die Pläne in einer Absichtserklärung (Letter of Intent [LoI] oder Term Sheet) festgehalten. Im Anschluss prüft der Käufer die Gemeinschaftspraxis eingehend aus wirtschaftlicher, rechtlicher und steuerlicher Sicht - sog. Due Diligence (DD)

Auf Basis der Due Diligence wird der Kaufvertrag  verhandelt und unterzeichnet (Signing). Sobald sämtliche Voraussetzungen für den Vollzug des Kaufvertrags vorliegen, wird der Kaufpreis gezahlt und die BAG übereignet (Closing).

6. Beratung und Begleitung

Der Verkauf ihrer Gemeinschaftspraxis stellt für die verkaufenden Ärzte ein wirtschaftlich sehr bedeutendes Geschäft dar, für das sie im Regelfall keine Vorerfahrung besitzen. Dabei ist der Praxisverkauf aufgrund des verschachtelten Zusammenspiels von Medizin- und Gesellschaftsrecht sowie Steuerrecht ein komplexer Vorgang. Zudem etablieren sich durch Käufervorgaben, insbesondere von Investoren, für Praxisabgaben zunehmend Marktstandards aus dem Bereich von Unternehmensverkäufen (Mergers & Acquisitions - M&A), die den Beteiligten bekannt sein sollten. 

Wir besitzen umfassende Erfahrung mit Praxisverkäufen, auch unter Beteiligung von Investoren, und begleiten Sie gerne auf diesem Weg. Bitte melden Sie sich jederzeit, wenn Sie eine Frage haben oder ein Beratungsgespräch wünschen.


Mit besten Grüßen, RA Dr. Alexander Dorn & RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): iStock


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