Verkürzung der Bauzeit als Teilkündigung – Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen

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Stahlgleitwand zum Zweiten

Derselbe Bauunternehmer, der bereits Gegenstand unseres letzten Artikels war (Nachträge wegen Verlängerung der Bindefrist – nicht für Vorhaltung bis Zuschlag), hatte noch ein anderes Problem mit seinem Auftraggeber: Dieser hatte aufgrund des Zwangs, die Baumaßnahme bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (G8-Gipfel in Heiligendamm im Juni 2007) fertigstellen zu müssen, durch erhebliche Beschleunigungsmaßnahmen die Bauzeit verkürzt.

Statt, im Leistungsverzeichnis der Ausschreibung angenommener 588 Tage Vorhaltung der Stahlgleitwand, wurde diese daher nur für 333 Tage benötigt und der Auftragnehmer aufgefordert, die Stahlgleitwand nach 333 Tagen abzubauen. Der Auftragnehmer sah dies als Kündigung an und machte entsprechend Vergütungsansprüche für nicht erbrachte Leistungen geltend.

Der Auftraggeber argumentierte, dass ein Einheitspreisvertrag vorliege und es nichts Ungewöhnliches sei, wenn sich die Leistungsmenge im Verhältnis zum Angebot verändere, auch reduziere. Dies könne allenfalls eine Vergütungsanpassung nach § 2 Nr. 3 VOB/B rechtfertigen.

Das OLG Rostock hat das anders gesehen und der BGH (BGH, Urteil vom 26. 4. 2018 – VII ZR 82/17) hat dessen Entscheidung bestätigt: Im Falle einer Vorhaltung für eine bestimmte Zeit sei der Vertrag dahingehend auslegbar, dass die als Leistungsmenge angegebene Zeit verbindlich im Sinne einer Mindestvertragslaufzeit vereinbart ist. Die dementsprechende Auslegung des OLG Rostock sei deshalb zu billigen.

Damit stellt sich die Verkürzung der Bauzeit nicht als eine bloße Mengenänderung, sondern als eine Vertragskündigung dar, mit der Konsequenz, dass der Auftragnehmer den Vergütungsanspruch nach § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B hat: Volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und abzüglich des, kausal auf der Kündigung beruhenden oder böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerbs. Anmerkung: Dieser Anspruch unterliegt nicht der Umsatzsteuer, weil es an einem steuerbaren Umsatz fehlt.

Die Entscheidung dürfte entsprechend auf die Vorhaltung anderer Gegenstände während der Bauzeit, insbesondere von Gerüsten anwendbar sei.


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