Verlust aus Optionsgeschäft zurückholen - Optionsgeschäfte über Kreditinstitute können unverbindlich sein

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Optionsgeschäfte gehören zu den gefährlichsten Kapitalanlagen, da sie sogar ohne einen Einsatz enorme Verluste verursachen können. Aus der Prämie von 400,00 Euro für ein Stillhaltegeschäft kann plötzlich ein Verlust von 40.000,00 Euro werden.  Im Verkehr mit Verbraucherrinnen und Verbrauchern werden die teilweise extrem komplexen Wetten nach der Prüfung durch Witt Rechtsanwälte aber häufig nicht verbindlich abgeschlossen. Privatanlegerrinnen und Privatanleger besitzen daher vielfach die Möglichkeit, eine Erstattung des eingetretenen Schadens zu erreichen.


1. Aktienoptionen, Termingeschäfte, Indexoptionen usw. als Wetten nach unbekannten Regeln

Die Gestaltungsmöglichkeiten für Optionsgeschäfte bzw. Termingeschäfte sind letztlich unendlich, da man auf die Entwicklung jedes Wertes oder Marktes innerhalb vieler Zeiträume wetten kann – auf Bluechips ebenso wie auf Schweinebäuche. Im Kern liegt jedem Kauf oder Verkauf einer Option die Erwartung darüber zugrunde, wie sich der sogenannte Basiswert bis zu einem Stichtag am Ende der Laufzeit entwickelt.

Das Grundprinzip scheint daher zunächst einfach und beherrschbar, aber in sehr vielen Fällen täuscht dieser Eindruck und der wahre Inhalt der angebotenen Wette wird für die Anlegerinnen und Anleger praktisch nie vollständig ersichtlich. Bei vielen Optionsgeschäften orientiert sich die Bewertung der Option keineswegs nur an dem Kurs des zugrundeliegenden Basiswerts, sondern auch an anderen und viel schwerer zu erfassenden Faktoren.

Einer dieser Faktoren ist häufig die sogenannte Volatilität bzw. die Anfälligkeit für Kursschwankungen. Das sei anhand eines etwas vereinfachten Beispiels erklärt. Zielt beispielsweise ein Optionsgeschäft darauf ab, dass der Kurs einer bestimmten Aktie bis zu dem vereinbarten Stichtag nicht über 70,00 Euro steigt, so hat es auf die Bewertung der Option Auswirkungen, ob sich der Kurs der entsprechenden Aktie während der Laufzeit der Option konstant nahe 65,00 Euro bewegt oder ständig zwischen 60,00 Euro und 65,00 Euro hin und her schwankt. Obwohl auch im zweiten Fall der Abstand zu dem Schwellenwert von 70,00 Euro nicht kleiner ist, wirken sich die Kursschwankungen auf den Wert der Option aus. Aus der erhöhten Volatilität wird auch auf ein höheres Risiko geschlossen, den Schwellenwert zu reißen.

Auch das allgemeine Zinsniveau kann auf die Bewertung von Optionen einen Einfluss haben.

Vielfach erfolgt schon keine Aufklärung über solche Faktoren und ihre konkreten Auswirkungen auf das spezielle Optionsgeschäft und, wenn die Einpreisung dieser Faktoren nicht nur über den Markt erfolgt, sondern wie häufig über formelhafte Berechnungen, müssten diese Grundlagen zumindest bei Vertragsabschlüssen mit Verbraucherrinnen und Verbrauchern auch transparent vereinbart werden.


2. Für Verbraucherinnen und Verbraucher intransparente und unbeherrschbare Kapitalanlagen

In vielen Ausprägungen sind Optionsgeschäfte bzw. Termingeschäfte aufgrund ihrer Komplexität und Gefährlichkeit allenfalls für institutionelle oder professionelle Anlegerinnen und Anleger sinnvoll, nicht aber für Privatanlegerinnen und Privatanleger. Dann prallen zwei völlig unterschiedliche Welten aufeinander – der hochspezialisierte Options- und Terminmarkt und die Möglichkeiten normaler Anlegerinnen und Anleger. So können über die Terminbörse Eurex Deutschland nur institutionelle Kunden die Handelsplattform für standardisierte Terminkontrakte wie Optionen oder Futures nutzen. Auf den Verkehr mit Verbraucherrinnen und Verbrauchern ist diese wichtige Terminbörse überhaupt nicht eingerichtet. Anders als bei Aktien benötigen Privatanlegerinnen und Privatanleger also ein Kreditinstitut oder einen Broker, um überhaupt derartige Optionsgeschäfte mittelbar über die Eurex Deutschland abschließen zu können.

Tatsächlich sind viele Banken und Sparkassen bereit, ihren Kundinnen und Kunden zu derartigen Geschäften zu verhelfen, obwohl sich eigentlich aufdrängen müsste, dass die betroffenen Produkte für diese völlig unpassend sind.

Das zeigt sich schon an den Bedingungen oder Sonderbedingungen für Termingeschäfte, wie sie von den entsprechenden Banken und Sparkassen meist in einer weitgehend standardisierten Form verwendet werden. Über diese speziellen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen sollen insbesondere auch die Handels- und Clearingbedingungen sowie die Börsenordnung der Eurex Deutschland in das Verhältnis zwischen dem Kreditinstitut und den Kundinnen und Kunden einbezogen werden. Diese Bedingungen und die Börsenordnung sind aber auf den Verkehr mit professionellen Anlegerinnen und Anleger ausgerichtet und für Verbraucherinnen und Verbraucher unverständlich. Es wird also versucht, die Regeln einer Terminbörse, die Privatanlegerinnen und Privatanleger eigentlich ausschließt, auf dem Umweg über die Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen doch gegenüber Privatkundinnen und Privatkunden anzuwenden. Das ist in dieser Form gegenüber Verbraucherrinnen und Verbrauchern ausgeschlossen und bestätigt, wie wenig die betroffenen Produkte zu diesem Personenkreis passen.

Die extreme Intransparenz macht es schon an dieser Stelle für Verbraucherinnen und Verbraucher unmöglich, sich bewusst auf derartige Geschäfte einzulassen und diese über ihre Laufzeit zu beherrschen.

Abgesehen davon, dass damit im Verhältnis zwischen dem Kreditinstitut und den Kundinnen und Kunden schon die wesentlichen Grundlagen der betroffenen Geschäfte vielfach nicht wirksam vereinbart werden können, fehlt in diesem Bereich auch sehr häufig eine Vereinbarung über die Pflichten aus und im Zusammenhang mit einem konkreten Optionsgeschäft. Die Regeln, denen diese Geschäfte unterliegen sollen, werden meistens nur rudimentär geschildert, obwohl eine transparente Vereinbarung erforderlich wäre.


3. Sicherheiten und Margin Calls als unkalkulierbares Risiko

Die weitreichende Intransparenz viele Optionsgeschäfte setzt sich bei den Vereinbarungen über Sicherheiten bzw. sogenannten Margin Calls fest. Betroffen sind davon vor allem Optionen bzw. Termingeschäfte, bei denen die Anlegerin oder der Anleger als sogenannter Stillhalter fungiert, aber auch andere Optionsgeschäfte in Fremdwährungen.

Besteht bei entsprechenden Optionsgeschäften das Risiko, einen sogenannten Nachschuss leisten zu müssen, verlangt das Kreditinstitut oder der Broker dafür die Hinterlegung einer entsprechenden Sicherheit – üblicherweise als Guthaben auf einem sogenannten Marginkonto. Verändert sich nun während der Laufzeit die Bewertung des betroffenen Optionsgeschäftes negativ, kann die Sicherheit als zu gering erscheinen und es erfolgt die Aufforderung zur Nachsicherung, der Margin Call. Kann man die Sicherheit nicht aufstocken, werden die Optionsgeschäfte regelmäßig sofort glattgestellt. Damit ist häufig ein erheblicher Verlust verbunden.

Bezüglich der Sicherheiten und etwaiger Margin Calls besteht jedoch in der Regel für Privatanlegerinnen und Privatanleger ein doppeltes Problem. Zum einen fehlt ihnen, wie oben beschrieben, regelmäßig der Einblick in die vollständige Funktionsweise des betroffenen Optionsgeschäftes, sodass sie weder das Risiko einer Nachsicherung abschätzen noch die laufende Entwicklung in diesem Punkt verfolgen können. Es kann daher sehr überraschend und kurzfristig zu einem Margin Call kommen.

Zum anderen ist es in diesem Fall völlig undurchsichtig, wie die Nachsicherung ermittelt wird. In den Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen heißt es dazu nur lapidar, dass bei allen Aufträgen zum Abschluss von Geschäften an der Eurex Deutschland Sicherheiten mindestens in der Höhe zu stellen sind, die sich nach der Berechnungsmethode der Eurex Deutschland ergibt. Dazu, wie diese Berechnungsmethode allgemein oder bezüglich eines konkreten Optionsgeschäftes aussehen soll, wird hingegen keinerlei Vereinbarung getroffen. Verbraucherrinnen und Verbraucher sollen also auf Zuruf zusätzliche Sicherheiten stellen müssen.

Gerade das wurde vielen Privatanlegerinnen und Privatanlegern zum Verhängnis, da sie die überraschenden und unverständlichen Nachforderungen nicht erfüllen konnten oder wollten und ihre Optionsgeschäfte daher mit hohen Verlusten aufgelöst worden sind.


4. Intransparenz führt zur Unverbindlichkeit

Nach der Bewertung von Witt Rechtsanwälte kann aufgrund der großen Intransparenz in den Sonderbedingungen bzw. Bedingungen für Termingeschäfte der Banken und Sparkassen auf deren Grundlage keine wirksame Verpflichtung von Verbraucherrinnen und Verbrauchern herbeigeführt werden.

Das ergibt sich insbesondere aus der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den Anforderungen an Vereinbarungen über Fremdwährungsdarlehen mit Verbraucherrinnen und Verbrauchern. Auch Fremdwährungsdarlehen weisen im Kern eine Spekulation im Hinblick auf die Entwicklung des betroffenen Wechselkurses auf, wobei ihr Risiko in der Regel wesentlich einfacher zu erfassen ist als das vieler Optionsgeschäfte. Der EuGH verlangt für die Wirksamkeit der entsprechenden Verpflichtung durch die Verbraucherin oder durch den Verbraucher aber trotzdem eine sehr konkrete und verständliche Darstellung der potentiellen Risiken entweder in der vertraglichen Vereinbarung selbst oder parallel zu dieser. Das wurde zuletzt in Urteilen vom 08.09.2022, Aktenzeichen C-80/21, und vom 17.05.2022, Aktenzeichen C-600/19 u.a., sehr deutlich bekräftigt.

Diesen Anforderungen des EuGH werden die Vereinbarungen über Optionsgeschäfte zwischen Kreditinstituten und Verbraucherrinnen und Verbrauchern in der Regel nicht annähernd gerecht. Vielfach erfolgt im Wesentlichen eine pauschale Aufklärung über die abstrakten Risiken von Termingeschäften, damit die sogenannte Termingeschäftsfähigkeit dokumentiert werden kann, aber keinerlei konkrete Darstellung der potentiellen Risiken des beabsichtigten Optionsgeschäftes – geschweige denn dessen transparente Vereinbarung.

Damit ist in vielen Fällen davon auszugehen, dass die betroffenen Optionsgeschäfte gar nicht verbindlich abgeschlossen werden konnten und eingetretene Verluste bzw. Belastungen von den Kreditinstituten erstattet werden müssen.


5. Geschädigte sollten ihre Möglichkeiten prüfen lassen

Verbraucherrinnen und Verbraucher, die durch entsprechende Optionsgeschäfte, also vor allem durch Aktienoptionen, Indexoptionen und andere Termingeschäfte, Verluste erlitten haben, sollten die Verbindlichkeit der betroffenen Geschäfte anwaltlich überprüfen lassen. Unter den oben genannten Voraussetzungen besteht die Möglichkeit, den entstandenen Schaden noch ersetzt zu erhalten.

Dabei ist nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Verjährung des Erstattungsanspruchs nicht beginnt, bevor der Anlegerinnen oder dem Anleger die Unverbindlichkeit des betroffenen Geschäfts bewusst geworden ist.

Witt Rechtsanwälte sind gerne zu einer Prüfung und Beratung im Zusammenhang mit Verlusten aus Optionsgeschäften bereit.

Witt Rechtsanwälte

Heidelberg München Oranienburg



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