Vermögenssicherung für Privatpersonen und Unternehmen im Corona Zeitalter - Besser vordenken als nachdenken

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Achtung bei der Ausgestaltung der Lebensversicherung

Vor kurzem rief eine völlig aufgelöste Mandantin an und schilderte mir folgenden Fall:

Vor ca. drei Jahren verstarb ihr Ehemann, der zu ihren Gunsten vor ca. 15 Jahren eine Risikolebensversicherung abgeschlossen hatte. Nach dem natürlichen Ableben des Ehemanns zahlte die Versicherung die Versicherungssumme von ca. 300 TEUR aus.  Da der Ehemann selbständig war und aus dieser Tätigkeit Schulden hinterließ, nahm die Witwe das Erbe nicht an. Zwei Jahre nach dem Tod wurde über das Vermögen des Nachlasses ein Insolvenzverfahren eingeleitet und der Nachlassinsolvenzverwalter forderte jetzt drei Jahre nach dem Tod des Ehemanns die ausgezahlte Versicherungssumme zurück.

Auf den ersten Blick erscheint dieser Anspruch völlig unberechtigt und aus der Kategorie „Verwalter versucht alles, um die Insolvenzmasse und damit seine Vergütung zu erhöhen“. Nach längerem Prüfen kommt man allerdings dann zu dem Schluss, dass der Anspruch des Verwalters (leider) durchaus berechtigt ist. Da der Ehemann beim Abschluss der Lebensversicherung lediglich ein sogenanntes „widerrufliches Bezugsrecht“ zugunsten seiner Ehefrau vereinbart hat und dies jederzeit hätte ändern können, hat die Ehefrau nach Ansicht der Rechtsprechung erst mit dem Tod des Ehemannes einen rechtlich gesicherten Anspruch erworben. Da dies auch eine Leistung ohne entsprechenden Gegenwert war, mithin eine unentgeltliche Leistung, kann die Auszahlung vom Verwalter der Nachlassinsolvenz nach § 134 InsO noch angefochten werden, wenn maximal vier Jahre zwischen dem Versicherungsfall (also dem Ableben des Ehemanns) und dem Insolvenzantrag über das Vermögen des Nachlasses vergangen sind.

Es kommt auf das Bezugsrecht der Lebensversicherung an

Die Folgen für die Mandantin sind gravierend. Die Gelder durch getätigte Investitionen in ihr Privathaus sind aufgebraucht und aller Voraussicht nach ist sie nun gezwungen, selbst eine Privatinsolvenz einzuleiten. Dies ist besonders ärgerlich, weil dies alles vermeidbar gewesen wäre. Hätte der Ehemann zu Lebzeiten seinerzeit ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugunsten seiner Ehefrau bei seiner Lebensversicherung vereinbart, dann hätte die Anfechtungsfrist mit Abschluss der Lebensversicherung vor 15 Jahren begonnen und ein Rückzahlungsanspruch wäre ausgeschlossen. In den Versicherungsunterlagen wäre lediglich ein Ankreuzen an der richtigen Stelle notwendig gewesen.

Selbständige können ihre Altersvorsorge insolvenzfest machen

Dies ist nur ein Beispiel von vielen in der anwaltlichen Praxis, das aufzeigt, dass man bei seiner Vermögenssituation und Beurteilung immer auch das Insolvenzszenario bedenken sollte, auch wenn dies vielleicht nicht eintreten wird und das Thema für die meisten mit großen Hemmungen verbunden ist. So sind viele Selbständige entsetzt, wenn der Insolvenzverwalter in deren Insolvenz, die über Jahre mühsam ersparten Gelder im Rahmen einer Lebensversicherung einzieht und zugunsten der Gläubiger verwertet. Die Altersvorsorge ist damit weg. Auch dies kann vermieden werden, wenn man noch in guten Zeiten seine Lebensversicherung rechtzeitig vorher, beispielweise in eine pfändungsgeschützte, private Rentenversicherung umwandelt. Alternativ kann man auch hier ein unwiderrufliches Bezugsrecht zugunsten eines Dritten einräumen.

Vermögenssicherung ist auch für Privatpersonen geboten

Wie die aktuellen Schlagzeilen zeigen, betrifft die Vermögenssicherung (Asset Protection) für den Fall der Insolvenz aber nicht nur Unternehmensinhaber und Selbstständige, sondern kann durchaus auch für angestellte Privatpersonen in Betracht kommen. Gerade in letzter Zeit hört und liest man immer wieder von Haftungsansprüchen, die gegen ehemalige oder aktuelle Geschäftsführer oder Vorstände geltend gemacht werden. Neben den öffentlichkeitswirksamen Fällen a la Middelhoff, Winterkorn und Co. sind immer öfter Geschäftsführer von mittelständischen Unternehmen betroffen, da die Haftungsrisiken durch strengere Regelungen durchaus größer geworden sind. Auch hierbei kann das Privatvermögen bedroht sein.

Die regelmäßige Prüfung eines Insolvenzszenarios ist auch bei Unternehmen notwendig

Neben der Betrachtung der privaten Vermögenssituation, sollten besonders die Unternehmensinhaber für ihr Unternehmen das Insolvenzszenario einmal prüfen und im Blick haben. Es ist teilweise erschreckend, wie wenig Beachtung dieses Thema findet. Da finden sich Unternehmensstrukturen mit Beherrschungsverträgen und Verlustübernahmeerklärungen, die zur Folge haben, dass - gleich einem Dominoeffekt - die Insolvenz einer einzelnen Tochtergesellschaft sämtliche anderen miteinander verbundenen Schwestergesellschaften und Muttergesellschaften infiziert und ebenfalls in die Insolvenz treibt, obwohl diese - separat betrachtet - wirtschaftlich gesund sind. In vielen Fällen lassen sich diese Risiken ebenfalls durch gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung ausschließen. Gerade im Zeitalter von Corona ist jedem vor Augen geführt worden, wie schnell sich die Lage eines Unternehmens durch ein nicht vorhersehbares Ereignis ändern kann.

Auffallend ist, dass solche Strukturen in den meisten Fällen von der Motivation getrieben sind, Steuern zu sparen. Regelrecht fahrlässig ist es aber, wenn dann ein (hoffentlich nie eintretendes) Insolvenzszenario keine Berücksichtigung findet.

Deswegen gilt es in guten Zeiten seine private Vermögenssituation und die Strukturen eines Unternehmens im Hinblick auf ein Insolvenzszenario zu durchleuchten und zu überprüfen. In vielen Fällen kann dadurch das Vermögen geschützt werden.

Vorsicht jedoch bei Vermögensrettungsversuchen kurz vor der Insolvenz. Neben den Risiken, dass diese vom Insolvenzverwalter zurückgefordert werden können, ist eine Strafbarkeit zu befürchten.

Bei einem solchen Vermögens- und Insolvenzcheck sind neben den insolvenzrechtlichen Aspekten, oft auch steuerrechtliche, gesellschaftsrechtliche und betriebswirtschaftliche Themen zu berücksichtigen. Wir als interdisziplinäre Kanzlei können hierbei alle Aspekte abdecken und stehen gerne für ein kostenloses Erstgespräch zu Verfügung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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