Veröffentlichung der Kinderfotos im Netz: Welche Rechte können verletzt sein? Teil 1

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Heute sind soziale Netzwerke beliebter denn je. Manche nutzen soziale Netzwerke, um sich mit anderen zu vernetzen und auf dem Laufenden zu bleiben. Manche nutzen social media als Werbeplattformen, wobei Fotos, Videos und Stories zu Werbebotschafter werden. In Elternblogs tauchen oft Kinderfotos auf, die zur Werbung von Spielzeugen, Kindermode oder Pflegeprodukten genutzt werden. Daher werden auch Kinder oft zu Werbefiguren stilisiert.

In diesem Zusammenhang entsteht immer wieder die folgende Frage: Dürfen Kinderfotos im Internet (auch zu kommerziellen Zwecken) gepostet werden?

Rechtliche Ausgangslage:

Gem. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG haben Kinder sog. allgemeines Persönlichkeitsecht, welches das Recht eines Kindes am eigenen Bild und auf Selbstdarstellung umfasst. Weiterhin werden auch die Privatsphäre, die Intimsphäre und insgesamt die personale und soziale Identität eines Kindes geschützt. Art. 16 von UN-Kinderrechtskonvention bietet den Schutz gegen Eingriffe in die Privatsphäre des Kindes und „Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes“. Da nicht nur die Fotos selbst, sondern auch Begleittexte oft intime Details über persönliche Lebensführung des Kindes enthalten, ist Art. 7 der EU-Grundrechte-Charta von Bedeutung: danach dürfen die Einzelnen u.a. freie Entscheidung treffen, ob ihre persönliche Lebensführung zum Gegenstand öffentlicher Kenntnis und Erörterung gemacht werden kann. Im Bereich des Datenschutzrechtes sind auch Art. 6 Abs. 1 lit. a), Art. 8 Abs. 1 DSGVO maßgeblich. Da es bei Veröffentlichung der Kinderfotos nicht um Pflege oder Erziehung des Kindes geht, können sich die Eltern auch auf ihre Pflichten und Rechte aus Art. 6 Abs. 2 GG nicht berufen.

Veröffentlichung der Kinderfotos im Netz zu nicht-kommerziellen Zwecken: 

Wird z.B. Instagram lediglich als modernes Familienalbum in einem eng begrenzten privat-familiären Bereich genutzt, ist Veröffentlichung der Kinderfotos zulässig, Art. 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO, sog. Haushaltsausnahme. Der Adressatenkreis muss dabei kontrollierbar sein, so dass das Konto privat sein muss und die neuen Follower erstmal von dem Konto-Inhaber genehmigt werden müssen.

Das Datenschutzrecht geht von einer besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern aus. Sie sind in der Regel nicht einsichtsfähig und reif genug, um die langfristigen Folgen von Datenverarbeitungen zu beurteilen.

Werden Fotos und Videos mit einer unüberschaubaren Öffentlichkeit geteilt, ist die Rechtslage anders. Dies ist nur noch mit informierter und freiwilliger Einwilligung eines Betroffenen und in weiteren Fällen gem. Art. 6 DSGVO zulässig. Gem. Art. 8 Abs. 1 DSGVO sind Minderjährige erst ab 16 Jahren alt einsichtsfähig und auch einwilligungsfähig. Davor muss immer die Einwilligung der „Träger elterlicher Verantwortung“ eingeholt werden. Liegt Einwilligung nicht vor, kommen die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO in Betracht. Es bedarf eine Abwägung zwischen, einerseits den berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten und, andererseits den Interessen oder Grundrechten der betroffenen Person. Unter berechtigten Interessen sind u.a. Betrugsprävention oder Überwachung von Arbeitnehmern aus Sicherheitsgründen oder der Marktforschung zu verstehen. Da die Fotos von Kindern in der Regel von sorgeberechtigten Eltern selbst gepostet werden, sind die betroffenen Kinder umso mehr schutzbedürftig. Die Eltern gestalten unmittelbar die persönlichen Lebensverhältnisse ihrer Kinder und haben einen besonderen Einblick in alle intimen Aspekten. Daher kann die Veröffentlichung von Kinderfotos durch Eltern ohne Einwilligung grundsätzlich nicht durch Interessenabwägung gem. Art. 6 Abs 1 lit. f) DSGVO gerechtfertigt werden.

Die einzige denkbare Ausnahme wären sog. Elternblogs, wo die Eltern verschiedene familiäre Themen für den unbestimmten Adressatenkreis aufbereiten. Dies kann in bestimmten Fällen als journalistische Arbeit durch Medienfreiheit aus Art. 11 der EU-Grundrechte-Charta umfasst werden.

Die Publikation der Kinderfotos auch zu nicht-kommerziellen Zwecken ist heute ein ziemlich umstrittenes Thema. Dabei ist Rücksicht darauf zu nehmen, dass auch Kinder einen eigenen Rückzugsort brauchen. Nicht nur Fotos, sondern auch Begleittexte mit Beschreibung von individuellen Schlaf -, Spiel-  und Essgewohnheiten von Kindern, Foto- und Videoaufnahmen in intimen Situationen (z.B. schlafend), können bei betroffenen Kindern irgendwann Schamgefühle und sogar mentale Probleme hervorrufen.

Dieser Artikel wird in einem zweiten Beitrag weiter thematisiert. Lesen Sie dazu auch: Veröffentlichung der Kinderfotos im Netz: Welche Rechte können verletzt sein? Teil 2!

Foto(s): ©Adobe Stock/Prostock-studio

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