Mit und ohne Testament: Die gesetzliche und gewillkürte Erbfolge – Teil 3

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Gewillkürte Erbfolge

Gemäß § 1937 BGB kann Erblasser durch einseitige Verfügung von Todes wegen den Erben bestimmen. Diese Norm erlaubt dem Erblasser die Erbfolge privatautonom zu regeln und stellt einen Ausdruck der Testierfreiheit dar. § 1937 BGB verankert den Vorrang der gewillkürten Erbfolge im Vergleich zu der gesetzlichen Erbfolge (im Sinne der § 1924 ff. BGB) und ist im gesamten Erbrecht von zentraler Bedeutung.

Wortlaut des § 1937 BGB

Die Vorschrift des § 1937 BGB enthält den Begriff „Verfügung von Todes wegen“. Er stellt einen Oberbegriff dar, unter dem die einseitige letztwillige Verfügung oder Testament und der Erbvertrag (§ 1941 BGB) zu verstehen sind. Eine Verfügung stellt dabei rechtsgeschäftliche Anordnung des Erblassers, die erst mit dessen Tod eine Wirkung entfalten soll und in spezifisch erbrechtlichen Formen erfolgt. Die Begriffe Testament und letztwillige Verfügung sind dabei Synonyme. Der Ausdruck letztwillige Verfügung weißt darauf hin, dass ein Testament sowie einzelne Verfügungen bis zum Tod des Erblassers frei widerrufen werden können, vgl. § 2253 BGB.

Form und Inhalt des Testaments

Verfügungen von Todes wegen sollen unmittelbar dem Willen des Erblassers entsprechen und in ihrem Inhalt nach von seinem persönlichen Willen getragen werden. Die Errichtung eines Testaments erfolgt daher persönlich, vgl. § 2064 BGB. Sogar ein ordnungsgemäß bevollmächtigter Vertreter kann nicht für den Erblasser testieren. Gem. § 2247 BGB kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichtet werden. Die Nichtbeachtung dieser Formvorschrift führt zur Nichtigkeit und entsprechend zur Unwirksamkeit des gesamten Testaments, § 125 S. 1 BGB. Bei Unwirksamkeit eines Testaments, kommt sodann die gesetzliche Erbfolge in Betracht.

Wahlweise kann auch ein notarielles Testament gemäß § 2232 BGB errichtet werden nach dem letzten Willen des Erblassers. Durch die Beurkundung durch den Notar erlangt das notarielle Testament ebenso seine volle Wirkung.

Der Erblasser kann einen oder auch mehrere Erben durch Testament bestimmen. So können auch Personen eingesetzt werden, die zu gesetzlichen Erben vom Erblasser gehören. Auch sie werden dann testamentarische Erben. Der Erblasser kann Erben immer nur hinsichtlich seines eigenen Nachlasses, bei der ehelichen Gütergemeinschaft hinsichtlich seines Anteils am Gesamtgut bestimmen. Eine Begründung für die Erbeinsetzung braucht der Erblasser nicht zu geben. Er ist aufgrund seiner Testierfreiheit in der Auswahl der Personen und in der Bestimmung der Erbteile frei, es sei denn, dass die Verfügung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßt oder sittenwidrig ist.

Ein errichtetes Testament kann bis zum Tod des Erblassers widerrufen werden, vgl.
 § 2253 BGB. Dies kann gem. § 2254 BGB auch durch (neues) Testament, durch Vernichtung einer Testamentsurkunde oder durch deren Veränderungen, durch die der Wille des Erblassers, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben, ausgedrückt wird, § 2256 BGB.

Pflichtteilsrecht

Wie oben bereits ausgeführt wurde, kann Erblasser aufgrund seiner Testierfreit die Erben frei bestimmen. Er ist auch nicht verpflichtet, seinen nächsten Angehörigen etwas zuzuwenden. Allerdings sichert das Pflichtteilsrecht den nächsten Angehörigen des Erblassers einen Mindestwertanteil am Nachlass, §§ 2303 ff. BGB. Als rechtpolitische Rechtfertigung des Pflichtteilsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch kommt unter anderen die Idee der „Familienbindung“ des Vermögens in Betracht. Die Familie stellt eine Gemeinschaft dar, in der sich die Mitglieder gegenseitig Hilfe und Rücksichtnahme schulden. Der Begriff des „Familienvermögens“ macht deutlich, dass materielle und emotionale Unterstützung, etwa in Form gemeinsamer Haushalts- und Lebensführung, zur Vermögensbildung des Erblassers beitragen. Daher sichert das Pflichtteilsrecht den Familienmitgliedern über den Tod des Erblassers hinaus einen Teil desjenigen Vermögens, an dessen Aufbau sie mitunter auch beteiligt waren.

Ein Anspruch auf Zahlung des Pflichtteils besteht gem. §§ 2303, 2317 BGB nur dann, wenn der Pflichtteilsberechtigter durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Zu den zentralen Voraussetzungen des Pflichtteilsanspruchs gehören mithin der Eintritt des Erbfalles, die Pflichtteilsberechtigung sowie der Ausschluss von der Erbfolge. Zu Pflichtteilsberechtigten zählen gem. § 2303 Abs. 1, 2 BGB die Abkömmlinge - Kinder, Enkel (sofern deren Eltern vorverstorben sind); die Eltern und der Ehegatte des Erblassers (vorausgesetzt, dass beim Erbfall eine rechtsgültige Ehe bestand: ein Pflichtteilsrecht ist nicht gegeben, wenn die Ehe nichtig, aufgehoben oder rechtskräftig geschieden wurde).

Dagegen ist derjenige, der für erbunwürdig erklärt worden ist (§§ 2344, 2345 Abs. 2 BGB), dem der Erblasser zu Recht den Pflichtteil entzogen hat (§§ 2333, 2336 BGB) oder der auf sein Erbrecht verzichtet hat, nicht pflichtteilsberechtigt.

Die Pflichtteilshöhe ist die Hälfte der gesetzlichen Erbquote.

Was die beste Variante (ob mit oder ohne Testament) für den/die Erblasser:in ist, ist Sache des Einzelfalls. Wichtig ist dabei, sich fachkundige Beratung einzuholen, denn dies kann vor „bösen“ Überraschungen im Nachgang unter den Erben schützen und den Familienfrieden aufrecht erhalten. Hierbei kann eine fachkundige Beratung auch behilflich sein, die richtigen Formulierungen zu wählen, denn zu Überraschungen (für die testamentarischen Erben) kann es ansonsten auch bei mehrdeutigen Formulierungen kommen, da das Testament sodann im Zweifel auszulegen und nach dem wirklichen Willen des Erblassers bzw. der Erblasserin zu forschen ist.




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