Versäumnisurteil - Stell Dir vor, es ist Gerichtstermin und keiner geht hin

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Stell Dir vor, es ist Gerichtstermin und keiner geht hin

Der alte Spruch "Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin" kann in gewisser Art und Weise auch auf einen Gerichtstermin übertragen werden. Denn letztlich bekriegen sich hier auch zwei Parteien und kämpfen darum, durch das Gericht Recht zugesprochen zu bekommen.

Und so kann es naturgemäß auch vorkommen, dass bei einem Termin, zu welchem die Parteien des Rechtsstreits geladen wurden, niemand oder nur eine Seite erscheint.

Was passiert dann? 

Muss ich eigentlich einer Ladung des Gerichts folgen?

Zunächst darf ich einmal darauf hinweisen, dass Ladungen von Gerichten grundsätzlich zu folgen ist. Man muss also zu dem angesetzten Termin erscheinen.

Ist man an dem Termin zum Beispiel auf Grund einer Erkrankung verhindert, muss dies dem Gericht rechtzeitig angezeigt und nachgewiesen werden. Der bloße Anruf, man sei erkrankt, hilft da meist nicht weiter.

Zu Zeiten von Corona sind die Gerichte zwar etwas milder, was den Nachweis anbetrifft, doch wenn das Gericht an der Erkrankung oder dem wichtigen Grund, weshalb man nicht erscheinen möchte, Zweifel hat, wird es den Nachweis anfordern. Und wenn man den nicht erbringt, kann man empfindlich durch Ordnungsgelder oder gar Ordnungshaft bestraft werden. 

In Strafverfahren kann der Richter auch vorführen lassen. Das bedeutet, man wird von der Polizei abgeholt und in den Gerichtssaal geführt. Nicht unbedingt ein Erlebnis, welches man in seinen Lebenslauf schreiben möchte.

Das Ganze hat natürlich auch seinen guten Grund, denn nur auf diese Art und Weise kann ein funktionierendes Gerichtswesen sichergestellt werden, in welchem Zeugen, Angeklagte und eben auch Gerichtsparteien erscheinen.

Partei eines Zivilstreits

Doch gerade bei den Parteien eines zivilrechtlichen Streits ("Ich bekomme noch 1.000 Euro von Dir!") haben die Parteien es in der Hand, ob sie den Streit führen möchten oder nicht.

Insofern können sie also mit einem Ordnungsgeld und so weiter belegt werden, wenn das persönliche Erscheinen der Partei angeordnet wurde und diese nicht erscheint.

Doch ein Nichterscheinen hat auch noch andere Auswirkungen auf den Rechtsstreit, welche unter Umständen viel ärgerlicher sein können, als ein Ordnungsgeld.

Das Versäumnisurteil

Erscheint eine Partei in einem Zivilrechtsstreit nämlich nicht, so kann gegen den Beklagten ein sogenanntes "Versäumnisurteil" ergehen. Das geht zwar nicht in allen Rechtsgebieten, aber jedenfalls im "normalen" Zivilrecht ist es möglich.

Ein solches Urteil ist ein ganz normales Urteil. Und aus diesem kann dann auch die Zwangsvollstreckung eingeleitet werden. Wenn der Gerichtsvollzieher dann dreimal klingelt, ist es nicht mehr lustig.

Ein Versäumnisurteil bedeutet nichts anderes, als dass der Klage stattgegeben wird, so sie denn wenigstens schlüssig ist. Letzteres bedeutet, dass nach dem eigenen Vortrag des Klägers wenigstens ein rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung möglich ist. Wenn in einer Klage also zum Beispiel vorgetragen wird, man verlange die Rückzahlung eines Darlehens über 500 Euro, obwohl man gleichzeitig behauptet, das Geld schon erhalten zu haben, ist die Klage unschlüssig. Ansonsten geht die Klage durch.

Meist ist es in der mündlichen Verhandlung dann so, dass das Gericht ca. 15 Minuten (Achtung: Zu Zeiten von Corona auch schon einmal deutlich kürzer) wartet, ob der Beklagte noch erscheint. Geschieht dies nicht, erlässt es das Versäumnisurteil.

Das ist dann so, als habe man die Klage "ganz normal" verloren.

Rechtsmittel möglich

Gegen ein Versäumnisurteil kann man zwar binnen zwei Wochen Einspruch einlegen und dann geht der Rechtsstreit ganz normal weiter, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.

Doch wenn man auch den zweiten Termin versäumt, ist da nichts mehr zu machen.

Kläger erscheint nicht

Erscheint übrigens der Kläger zum Termin nicht, kann auf Antrag die Klage abgewiesen werden. Es ergeht also sozusagen ein "umgekehrtes" Versäumnisurteil.

und so weiter ...

Natürlich ist das ganze Thema rechtlich gesehen noch viel viel umfangreicher, als ich es hier darstellen könnte.

Doch mir geht es darum, Ihnen dafür ein Gespür zu geben, mit von einem Gericht anberaumten Terminen nicht zu lasch umzugehen, sondern diesen einzuhalten.

 Im Regelfall ist es anzuraten, gerichtliche Termine wahrzunehmen, auch wenn es davon durchaus Ausnahmen gibt (sogenannte "Flucht in die Säumnis"). Doch das wäre ein anderes Thema ;-)

Und wenn Sie nicht persönlich geladen sind und Sie auch nicht erscheinen möchten, beauftragen Sie doch einfach einen Anwalt oder eine Anwältin Ihres Vertrauens. Es ist nämlich unser ureigenstes Metier, Gerichtstermine für Sie wahrzunehmen :-)


In diesem Sinne ... bis zum nächsten Rechtstipp ...

Foto(s): Fotolia.de

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