Verspätete Betriebskostenabrechnung - Verantwortung des Vermieters und dritter Personen

  • 8 Minuten Lesezeit

Betriebskosten spielen in den aktuellen bewegten Zeiten eine besondere Rolle. Diese gelten bereits seit langem als zweite Miete und sind bei vielen Positionen abhängig vom Verbrauchs- und Nutzungsverhalten des Mieters.

Da der Vermieter vom Gesetzgeber zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet ist (§§ 556 Absatz 3 Satz 1 2 HS., 556 Absatz 3a Satz 2 a. E., 560 Absatz 5 BGB), muss er die Betriebskosten stets im Blick behalten. Um selbst keine Nachteile zu erleiden, müssen die Betriebskosten rechtzeitig gegenüber dem Mieter abgerechnet werden.


Vereinbarungen im Mietvertrag zu den Betriebskosten

Das gesetzliche Leitbild ist die Bruttomiete (§ 535 Absatz 1 Satz 3 BGB, sog. Inklusivmiete). Im Mietvertragsverhältnis kann vereinbart werden, dass der Mieter die auf die Mietsache entfallenden Betriebskosten zusätzlich zur Nettokaltmiete zu tragen hat (§ 556 Absatz 1 Satz 1 BGB). Die Mietvertragsparteien können weiterhin vereinbaren, dass der Mieter auf die Betriebskosten Pauschalen oder Vorauszahlungen leistet (§ 556 Absatz 2 Satz 1 BGB. Möglich sind auch Kombinationen zwischen den Zahlungsarten). Der Vermieter ist verpflichtet, über die von Mieter geleisteten Vorauszahlungen und die vereinbarten Betriebskosten eine Abrechnung zu erstellen (§ 556 Absatz 3 1 HS. BGB).


Abrechnung der Betriebskosten und Vorauszahlungen

Der Vermieter hat die Möglichkeit, die Betriebskostenabrechnung (BKA) nicht selbst, sondern durch eine von ihm beauftragte Person erstellen zu lassen. In diesem Fall muss der Vermieter der von ihm beauftragten Person die benötigten Unterlagen zur Verfügung stellen. Es kann jedoch auch sein, dass der Vermieter nicht über diese Unterlagen verfügt, sondern diese sich systembedingt im Besitz einer anderen Person befinden. So ist es im Fall einer vermieteten Eigentumswohnung, bei der sich die für die Betriebskosten relevanten Unterlagen ganz überwiegend beim Wohnungseigentumsverwalter befinden. Da der Verwalter des Wohnungseigentums über die von den Eigentümern geleisteten Wohngelder eine jährliche Abrechnung erstellt, benötigt der Verwalter alle hierfür erforderlichen Informationen. Die Abrechnung über das Wohngeld unterscheidet zwischen umlagefähigen und nichtumlagefähigen Betriebskosten. Der vermietende Wohnungseigentümer benötigt daher zur Erstellung seiner BKA für den Mieter nicht die Unterlagen im Einzelnen, sondern kann sich auf die Angaben in der Jahresabrechnung verlassen und diese verwenden. Welche Kosten im Mietverhältnis auf den Mieter umgelegt werden können, richtet sich nach den mietvertraglichen Vereinbarungen.


Verantwortung des Vermieters bei Versäumnissen von dritten Personen?

Kommt der vermietende Wohnungseigentümer in Schwierigkeiten, wenn der Wohnungseigentumsverwalter die Abrechnung über die Wohngelder und damit die Grundlage für die BKA des Vermieters nicht rechtzeitig erstellen kann, weil die Verwaltung des Wohnungseigentums aus Krankheitsgründen oder wegen fehlendem Fachpersonal nicht (rechtzeitig) erstellen kann, oder kann sich der Vermieter dem Mieter gegenüber darauf berufen, dass ihm die Informationen für die BKA nicht zur Verfügung stehen und er die Verzögerung nicht zu vertreten hat?


Voraussetzungen für eine rechtzeitige Abrechnung

Der Vermieter ist verpflichtet, die Abrechnung über die Vorauszahlungen des Mieters auf die Betriebskosten innerhalb einer Frist von 12 Monaten gerechnet ab Ende des Abrechnungszeitraums zu erstellen und dem Mieter mitzuteilen (§ 556 Absatz 3 Satz 2 BGB).


Mit Ablauf dieser Abrechnungsfrist wird der Anspruch des Mieters auf Erstellung der BKA fällig (wenn die Mietvertragsparteien im Mietvertrag nicht eine kürzere Frist vereinbart haben); der Mieter kann dann die Erstellung der Abrechnung gerichtlich geltend machen oder in einem noch bestehenden Mietverhältnis an den laufenden Vorauszahlungen auf die Betriebskosten ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) ausüben, um den Vermieter zur Erstellung der fälligen Abrechnung anzuhalten (BGH, Urteil vom 29.3.2006 – VIII ZR 191/95, Tz. 14; Urteil vom 5.12.2012 – XII ZR 44/11, Tz. 14). Ist das Mietverhältnis beendet und hatte der Mieter zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben, steht dem Mieter sogar ein Rückforderungsanspruch auf die geleisteten aber nicht abgerechneten Vorauszahlungen zu (BGH, Urteil vom BGH, Urteil vom 29.3.2006 – VIII ZR 191/95, Tz. 14; Urteil vom 5.12.2012 – XII ZR 44/11, Tz. 14). Der Vermieter kann die für den Abrechnungszeitraum vom Mieter nicht (vereinbarungsgemäß) geleisteten Vorauszahlungen nicht mehr einfordern (BGH, Urteil vom 26.9.2012 – XII ZR 112/10 Tz. 29), sondern ist auf die Erstellung der BKA und das sich daraus ergebende Abrechnungsergebnis verwiesen.


Forderungsausschluss bei verspäteter Abrechnung

Wird dem Mieter die BKA nicht rechtzeitig, mithin vor Ablauf der 12-monatigen Abrechnungsfrist mitgeteilt, ist der Vermieter mit Nachforderungen aus der BKA ausgeschlossen (§ 556 Absatz 3 Satz 3 1 HS. BGB). Dieser Ausschluss gilt jedoch nur für Nachforderungsbeträge, die über die Summe der vereinbarten Vorauszahlungen hinaus gehen (BGH, Urteil vom 31.10.2007 – VIII ZR 261/06, Tz. 25). Dem Vermieter drohen daher erhebliche wirtschaftliche Nachteile im Falle einer verspäteten Abrechnung. Der Forderungsausschluss kommt nicht zur Anwendung, wenn der Vermieter die Verspätung der Erstellung der BKA nicht zu vertreten hat (§ 556 Absatz 3 Satz 3 2 HS. BGB).


Der Vermieter kann sich jedoch nicht auf Versäumnisse von Personen oder Institutionen berufen, wenn diese seinem Einfluss- bzw. Verantwortungsbereich zuzurechnen sind. Hierzu gehören insbesondere Vorkommnisse bei den von ihm für die Erstellung oder Zustellung der BKA beauftragten Personen.


Versäumnisse des WEG-Verwalters bei der Erstellung der Jahresabrechnung

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Ausbleiben oder die Verzögerung bei der Erstellung der Jahresabrechnung durch den Wohnungseigentumsverwalter nur dann vom Vermieter als Entlastungsgrund gegenüber dem Mieter vorgebracht werden kann, wenn der Vermieter konkret angeben kann, inwiefern er die eingetretene Verspätung nicht zu vertreten hatte. Hierzu gehört insbesondere die Darlegung der Bemühungen, die er unternommen hat, um eine rechtzeitige Abrechnung sicherzustellen (BGH, Urteil vom 25.1.2017 – VIII ZR 249/15 Tz. 41 ff). Der Vermieter braucht sich somit das Verschulden des Wohnungseigentumsverwalters nicht zurechnen zu lassen, muss sich jedoch hinsichtlich eines eigenen – durch die gesetzliche Regelung vermuteten – Verschuldens ausreichend entlasten und so darlegen und beweisen, dass er die Verspätung nicht zu vertreten hat.

Anderenfalls hat der Vermieter Verzögerungen gegenüber seinen Mietern zu vertreten und die sich aus der Verzögerung ergebenden negativen Folgen zu tragen.


Beispiele für eine (un)entschuldigte Verspätung

Fälle, in denen eine Entlastung des Vermieters angenommen wurde, waren in denen der Vermieter schwer erkrankt war, eine viel spätere Nachforderungen durch das Finanzamt oder Dienstleister erfolgte, die Abrechnungsunterlagen beim Vermieter ohne sein Verschulden verlustig gegangen sind, der Mieter es unterlassen hat, dem Vermieter seine Verzugsanschrift anzugeben.

Fälle, in denen keine Entlastung des Vermieters angenommen wurde, waren eine verspätete Zustellung durch die vom Vermieter gewählte Beförderungsart (Post oder anderer Zustelldienst); zu den Einzelheiten vgl. Wall, Betriebs- und Heizkostenkommentar, Rdnr. 2079 ff.


Rechtzeitige Nachholung der Abrechnung

Hat der Vermieter den Grund für die Hinderung an einer rechtzeitigen Erstellung der BKA nicht zu vertreten, hat er die (verspätete Abrechnung) spätestens drei Monate nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen, um der Wirkung der Ausschlussfrist zu entgehen (BGH, Urteil vom 5.7.2006 – VIII ZR 220/05, Tz. 19).


Obwohl das Betriebskostenrecht grundsätzlich der Vertragsfreiheit unterliegt, erfährt der Wohnraummieter einen besonderen Schutz dadurch, dass der Gesetzgeber bestimmte Vereinbarungen, die sich nachteilig für den Mieter auswirken, für unwirksam erklärt (§ 556 Absatz 4 BGB).


Keine nachteiligen Vereinbarungen zu Lasten des Mieters

Der Vermieter kann somit mit dem Mieter nicht vereinbaren, dass sich die 12-monatige Abrechnungsfrist verlängert. Je später die BKA für den Mieter erstellt wird, desto schwieriger soll ihm die Prüfung und Nachvollziehbarkeit fallen und umso länger ist der Mieter im Ungewissen darüber, ob er ein Guthaben aus der Abrechnung verlangen kann, so dass eine Abweichung von der gesetzlichen Frist nur im Einzelfall bei Vorliegen sachlicher Gründe für zulässig angesehen wird (so z. B. bei einer Angleichung des BKA-Zeitraums an die Abrechnungszeiträume der Versorger und Dienstleister der Immobilie – LG Berlin, Urteil vom 7.5.2009 – 67 S 475/08).


Die von der Verzögerung der Erstellung der BKA bedingten wirtschaftlichen Nachteile des Vermieters stellen einen Schaden dar. Liegt der Grund der Verzögerung und damit des Schadens nicht in der Person des Vermieters, sondern bei der vom Vermieter betrauten Person, hat der Vermieter zu prüfen, ob er die andere Person für den eingetretenen Schaden haftbar machen kann.


Schadensersatzpflicht dritter Personen

Eine Schadensersatzpflicht der vom Vermieter beauftragten Person ist dann gegeben, wenn diese schuldhaft gegen vertragliche Pflichten verstoßen hat und der Pflichtverstoß ursächlich für den Schadenseintritt beim Vermieter war. Dies setzt jedoch voraus, dass in dem zwischen dem Vermieter und dem Dritten geschlossen Vertrag die Leistungspflichten und die Leistungszeitpunkte genau beschrieben und festgelegt sind. Das ist jedenfalls bei einem beauftragten Wohnungseigentumsverwalter nicht ohne weiteres der Fall, da die Erstellung der Jahresabrechnung der Information der Wohnungseigentümer und Funktionalität der Eigentümergemeinschaft (endgültige Feststellung der Beitragspflicht der Eigentümer für das abgelaufene Kalenderjahr) dient und das Wohnungseigentumsgesetz keine verbindliche Frist zur Erstellung der Jahresabrechnung vorsieht (§ 28 Absatz 2 WEG – nach Ablauf des Kalenderjahres). Ein bestimmter Zeitpunkt, zu dem der Wohnungseigentumsverwalter zur Erstellung der aktuellen Jahresabrechnung verpflichtet ist, sollte daher in einem zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Verwalter geschlossenen Vertrag ausdrücklich aufgeführt werden. Auch wenn der einzelne Wohnungseigentümer ein Einsichts- und Informationsrecht bezüglich der auch ihn betreffenden wirtschaftlichen Unterlagen der Gemeinschaft hat, kann die Erlangung solcher Informationen und Unterlagen auf Hindernisse stoßen, da diese auch abhängig von den Kapazitäten und der Mitwirkungsbereitschaft des Wohnungseigentumsverwalters ist.


Regelungen im WEG-Verwaltervertrag

Für den Fall einer nicht rechtzeitigen Erstellung der Jahresabrechnung sollte daher alternativ eine Verpflichtung des Wohnungseigentumsverwalters zur Herausgabe der für die umlagefähigen Betriebskosten relevanten Unterlagen vereinbart sein, damit der Vermieter in der Lage ist, die Abrechnung doch noch selbst zu erstellen und dem Mieter rechtzeitig zuzuleiten.


Schadensminderungspflicht des Vermieters

Da der Geschädigte verpflichtet ist, den Schaden so gering wie möglich zu halten (§ 254 BGB, Schadensminderungspflicht), hat der Vermieter im Falle des Ausbleibens einer rechtzeitigen Zurverfügungstellung von Informationen und Unterlagen durch beauftragte Dritte zu entscheiden, ob er die aktuelle BKA zunächst anhand der Unterlagen des vorangegangenen Abrechnungszeitraums erstellt mit einer Erläuterung des Sachverhalts und der Zusage, dass bei Vorliegen der aktuellen Zahlen eine Nachberechnung erfolgen wird. Hierdurch dürfte der Vermieter jedenfalls eine gerichtliche Anspruchsverfolgung auf Erstellung der BKA und die damit verbundenen Kosten abwenden können.


Zahlungsprozess und Streitverkündigung an den Dritten

Nimmt der Mieter auf eine vom Vermieter erstellte BKA keine Zahlungen vor, so dass der Vermieter seinen Zahlungsanspruch einklagen muss und wendet der Mieter gegen seine Zahlungspflicht Umstände ein, die nicht in der Person des Vermieters, sondern in der Person der vom Vermieter beauftragten dritten Person liegen, hat der Vermieter die Möglichkeit, in dem gegen den Mieter laufenden Verfahren dem Dritten den Streit zu verkünden, damit dieser die Möglichkeit hat, seine Sicht der Dinge in das Verfahren einzubringen und das Prozessergebnis zwischen Vermieter und Mieter auch gegenüber dem Dritten Wirkung entfaltet, was ohne eine Streitverkündung nicht gegeben ist.


Fazit

Festzuhalten ist, dass der Vermieter auch im Falle einer Beauftragung anderer Personen mit der Erstellung oder Zuarbeit für die Erstellung der BKA für die ihm obliegende Verantwortung zur rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Anfertigung und Mitteilung an den Mieter grundsätzlich einzustehen hat und die sich aus Versäumnissen in seinem Einfluss- bzw. Verantwortungsbereich ergebenden (wirtschaftlichen) Nachteile nicht ohne weiteres ersetzt verlangen kann.


Tipp

Lassen Sie sich für die Erstellung einer Betriebskostenabrechnung fachkundig beraten. Das ist insbesondere dann notwendig, wenn die Abrechnungsfrist von 12 Monaten bereits abgelaufen ist.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Carsten Brückner

Beiträge zum Thema