Verstoß des AG gegen § 18 TzBfG: Entfristung oder Entschädigung anstreben ?

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Der  Überblick


Der Gesetzgeber hat Arbeitgebern gemäß den §§ 14 ff TzBfG („Teilzeit- und Befristungsgesetz“) die Möglichkeit eröffnet, anstatt unbefristeter Arbeitsverträge solche mit einer Befristung zu schließen. Bei diesen endet das Arbeitsverhältnis  gemäß § 15 Abs.1 TzBfG automatisch  zum Ablauf eines bestimmten Datums,  bedarf also zur Beendigung  keiner Kündigung oder eines Aufhebungsvertrages. Andererseits kann ein solcher Vertrag nicht vor Ablauf des Beendigungsdatums ordentlich gekündigt werden, es sei denn, die Vertragsparteien haben dies einvernehmlich vereinbart.


Neben  Arbeitsverträgen, deren Befristung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist ( § 14 Abs. 1 TzBfG; z.B. Einstellung einer Ersatzkraft nur für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs) gibt es die sog. „sachgrundlose Befristung“ gemäß § 14 Abs.2 TzBfG. Hierbei ist eine Befristung bis zu einer Höchstdauer von zwei Jahren mit nachfolgend in diesem Gesetz näher benannten Einschränkungen zulässig, wobei innerhalb dieses zeitlichen Rahmens  höchstens dreimalige Verlängerungen erfolgen können.


Eine sehr hohe Anzahl von Arbeitnehmern wird in bestimmten Branchen regelmäßig auf der Basis sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge beschäftigt, nach Ablauf der Befristung trotz bester Arbeitsergebnisse regelrecht „ausgemustert“ und ist womöglich aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, ein weiteres, wiederum befristetes Arbeitsverhältnis bei dem nächsten Arbeitgeber einzugehen.


Die  Rechtslage


Der Gesetzgeber hat  mit § 16 TzBfG die Möglichkeit eröffnet, eine gerichtliche Überprüfung in Form der sog. Entfristungsklage herbeizuführen. Diese Norm betrifft jedoch vorranging die sachbezogene Befristung des § 14 Abs.1 TzBfG. Eine korrespondierende Regelung zur sachgrundlosen Befristung fehlte bisher.


Über die erst kürzlich  erfolgte Ergänzung des § 18 TzBfG mit einen hinzugefügten Abs. 2 ist allerdings auch der Schutz der sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisse  erweitert worden:  Über die bereits  bestehende Pflicht des Arbeitgebers,  betroffene befristet Beschäftigte  über die zu besetzende Stelle an einem unbefristeten Arbeitsplatz zu unterrichten, erhalten befristet Beschäftigte ein Anspruch, sich unter näher benannten Voraussetzungen um diese –unbefristete- Stelle in Textform zu bewerben. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Antwort mit Begründung innerhalb eines Monats in Textform mitzuteilen


Das Gesetz enthält keinerlei Hinweise auf mögliche Folgen einer  Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber. Aus dem Fehlen einer  Folge darf jedoch nicht geschlossen werden, dass eine Verletzung sanktionslos bliebe. Eine unmittelbare Unterstellung dieses Sachverhalts unter § 16 TzBfG ist allerdings weder möglich noch würde dies dem gesetzgeberischen Willen entsprechen. Da es sich jedoch um eine echte arbeitsvertragliche Nebenpflicht handelt, können sich Schadensersatz-und Entschädigungsansprüche aus den §§ 280 ff BGB ergeben.


Der Schaden besteht vorliegend darin, dass der Arbeitnehmer als zu informierender befristet Beschäftigter sich (mangels Informationserteilung durch den AG) nicht bewerben konnte und daher den unbefristeten Arbeitsplatz nicht erhalten hat, sodass theoretisch sogar ein Anspruch auf Verschaffung eines unbefristeten Arbeitsplatzes in Frage kommt.


Von der Interessenlage und Beweissituation bestehen Parallelen zu den Schadensersatz- und Entschädigungsregelungen wegen  Verstoßes gegen Diskriminierungsverbote gem. § 15 Abs.2 AGG. Die Arbeitsgerichte neigen deshalb überwiegend dazu, statt einer Entfristung  einen (Entschädigungs-) Anspruch in Höhe von drei Bruttomonatsbeträgen  der unbefristeten Arbeitsstelle zuzusprechen,


Meine  Handlungsempfehlungen


Jeder von einer sachgrundlosen Befristung betroffene Arbeitnehmer  sollte bereits mehrere Wochen vor dem vertraglichen Beendigungsdatum darauf achten, ob ihm entsprechende Informationen entweder  persönlich oder in Form einer allgemeinen Bekanntgabe zugänglich gemacht werden.


Parallel dazu sollte er sich regelmäßig  über interne Stellenausschreibungen , aber auch über die Arbeitsagentur ausgeschriebene Stellenangebote  per Internet etc. erkundigen, ob gerade seine freiwerdende  oder ähnliche Stellen als unbefristete  angeboten werden. Entsprechende Erkenntnisse sollten beweismäßig abgesichert werden per Ausdruck, screenshot etc.


Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen ist es unbedingt  erforderlich,  beim  örtlich zuständigen Arbeitsgericht  die Entfristungsklage innerhalb von drei Wochen (§ 17 TzBfG)  einzureichen.


Die Klage sollte zusätzlich zum Entfristungsantrag einen Entschädigungsantrag wegen Verletzung der Informationspflicht gem. §§18 TzBfG , 280 ff BGB als eigenständigen Antrag, zumindest aber als Hilfsantrag  enthalten.


In der Klagebegründung sollte ausdrücklich bestritten werden, dass der Arbeitgeber seiner Informationspflicht nachgekommen ist,  sowie  belegt werden, dass die unbefristete Stelle  öffentlich ausgeschrieben worden ist.  


Das Gericht wird bei einer solchen Vortragsdichte geneigt sein, eine Beweislastumkehr in Parallele zu § 22 AGG anzunehmen, wodurch die Verhandlungsposition des  Klägers entscheidend gestärkt wird.



Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachkompetenz  aus  Passau


Rechtsanwalt

Dieter W. Schmidt


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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