Vertraulichkeitsvereinbarungen – international als NDA bezeichnet – und was man darüber wissen sollte (Checkliste)

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National wie international ist es üblich, bei der Aufnahme einer neuen Geschäftsbeziehung zwischen zwei Unternehmen eine Vereinbarung über die Verpflichtungen der Parteien zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen und vertraulichen Informationen abzuschließen. International wird ein solcher Vertrag NDA (Non Disclosure Agreement) genannt.

Von vielen betroffenen Unternehmern wird diese Praxis als Formalismus oder sogar als überflüssig empfunden. Nachdem die Regelungen der Vertraulichkeitsvereinbarung im Streitfall aber den entscheidenden Unterschied ausmachen können und weil es „schwarze Schafe“ gibt, die Nachlässigkeiten des neuen Geschäftspartners bei der Prüfung der Vereinbarung ausnutzen, empfehlen wir dringend auch diesen Vertragsschluss ernst zu nehmen. 

Denn: Verträge schließt man in Zeiten in denen man sich verträgt, für Zeiten, in denen man sich vielleicht nicht mehr verträgt.

Neben dem individuellen Handlungsspielraum, den die Parteien bei der Ausgestaltung des NDA haben, sollte man sich im Vorfeld über Folgende Aspekte Gedanken machen:


CHECKLISTE

  • Zweiseitigkeit der Vereinbarung

Es ist nicht einzusehen, warum sich nur eine der beiden Vertragsparteien zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das gilt selbst dann, wenn bei Vertragsschluss gar nicht zu erwarten ist, dass die andere Partei überhaupt vertrauliche Informationen preisgibt. Die zweiseitige Ausgestaltung des NDA schadet niemandem und ist ein Gebot der Fairness.


  • Korrekte Benennung beider Parteien inklusive Ansprechpartnern

In den Formalien einer Vereinbarung liegt oft der spätere Grund für Streitigkeiten. Es lohnt sich und ist unbedingt erforderlich, die Vertragsparteien und von der Vereinbarung ggf. mit umfasste Dritte (z.B. Tochter- oder Mutterunternehmen) klar zu definieren und festzuhalten. Es ist sinnvoll festzulegen, dass durch die bloße Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen den Parteien keine darüber hinausgehende Kooperation (z.B. eine GbR o.Ä.) zustande kommt und dass keine Partei nur aufgrund des NDA berechtigt ist, die jeweils andere Partei im Rechtsverkehr zu vertreten.


  • Zur Festlegung, was überhaupt als „vertrauliche Information“ gelten im Sinne der Vereinbarung soll

Typischerweise leitet man ein NDA mit einer Reihe von Begriffsdefinitionen ein. Zur Natur der „vertraulichen Information“ sollte klar gestellt werden, dass sowohl körperliche Informationen (Papierdokumente, Datenträger oder Dateien), als auch unkörperliche Informationen wie mündliche Aussagen oder beiläufig optisch erfasste Tatsachen umfasst sein können, die der eine Vertragspartner im Zuge der Zusammenarbeit von oder über den anderen Vertragspartner erfährt oder erhält. Auch sollten nicht nur solche Informationen umfasst sein, die ausdrücklich als vertraulich gekennzeichnet sind. Die Geheimhaltungsbedürftigkeit einer Information kann sich vielmehr auch aus der „Natur“ der jeweiligen Information selbst ergeben.


  • Was darf die entgegennehmende Partei mit den Informationen anfangen und was nicht

Diesen Punkt im Rahmen dieses Artikels knapp zu umreißen fällt schwer. Beide Parteien sollten sich Gedanken darüber machen, was mit den vertraulichen Informationen auf keinen Fall geschehen darf. Zum Beispiel deren Weitergabe an Personen, die mit dem gemeinsamen Projekt der beiden beteiligten Unternehmen nichts zu tun haben, oder die Anfertigung von Kopien oder Aufzeichnungen, die nicht unbedingt erforderlich sind.


Der anzuwendende Mindeststandard für die Intensität, mit der sich die Parteien um den Schutz vertraulicher Informationen des jeweils Anderen bemühen müssen, sollte festgelegt werden. Üblich ist, dass jede Partei mindestens die gleiche Sorgfalt an den Tag legen muss, wie sie für den Schutz eigener Geheimnisse aufwendet, mindestens aber eine der Natur der zu schützenden Information objektiv angemessene Sorgfalt. Diese Formulierung klingt sehr juristisch, hat sich in der Praxis aber bewährt.  


  • Pflicht zur Rückgabe bzw. Vernichtung der empfangenen Informationen

Auf Anforderung der offen legenden Partei, spätestens aber mit Ablauf der Vereinbarung, sollte die Partei, die eine Information erlangt hat, diese im Falle einer verkörperten Information (z.B. in Papierform) herausgeben oder vernichten müssen. Die Vernichtung sollte auf Nachfrage beweisbar sein. Elektronische Informationen (Dateien, Datenbanken etc.) werden aber vielfach im Rahmen von Datensicherungssystemen dauerhaft gespeichert. Es sollte in praxistauglicher Weise vereinbart werden, wie damit jeweils umzugehen ist.


  • Eigentum an den Informationen und damit zusammenhängender Rechte

Üblicherweise wird festgelegt, dass die offen legende Partei alleiniger (geistiger) Eigentümer der Informationen bleibt und dass die empfangende Partei nicht berechtigt ist, eigene Rechte (z.B. durch Anmeldung von Marken, Designs oder Patenten o.Ä.) aus diesen Informationen herzuleiten.


  • Haftungsfreistellung

Oft wird vereinbart, dass die jeweils offen legende Partei nicht für die Richtigkeit der übergebenen Informationen haftet und deshalb nicht zu Schadensersatz oder einer Haftungsfreistellung verpflichtet ist.


  • Vertragsstrafe (ja oder nein?)

Selten wird im Rahmen der Vertraulichkeitsvereinbarung die Pflicht zur Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall vereinbart, dass eine Partei die sich daraus ergebenden Pflichten verletzt. Von einem solchen Vertragsstrafeverlangen geht eine abschreckende Wirkung aus. Andererseits ist eine solche Vereinbarung (z.B. nach sogenanntem „Hamburger Brauch“) absolut sinnvoll, insbesondere dann, wenn wirklich hochsensible Informationen ausgetauscht werden.  


  • Laufzeit und Kündigung der Vereinbarung

Die Laufzeit und Kündigungsmöglichkeiten der Vereinbarung sollten definitiv geregelt werden. Dabei ist auf Praktikabilität und die Natur der Geschäftsbeziehung zu achten.



  • Gerichtsstand und anwendbares Recht

Bei der Vereinbarung eines Gerichtsstands für den Fall einer Auseinandersetzung der beiden Parteien und bei der Festlegung des dann anwendbaren Rechts setzt sich oft der größere Vertragspartner durch, denn er möchte die geltenden Bedingungen kontrollieren und nach Möglichkeit keinen Rechtsstreit im Ausland führen müssen. Für europäische oder US-amerikanische Unternehmen macht es aber häufig keinen Sinn, das Recht „problematischer“ Staaten in Asien, Afrika oder Mittel- und Südamerikas zu vereinbaren. Als Kompromiss kommt oft die Vereinbarung eines Gerichtsstandes und des anwendbaren Rechts eines neutralen Staates (z.B. der Schweiz) in Betracht.


  • Formalien (Salvatorische Klausel, vollständige Vereinbarung)

Auch äußere Formalitäten wie die Vereinbarung einer Salvatorischen Klausel oder eines Schriftformerfordernisses für jede Änderung der Vereinbarung sind absolut notwendig und können im Falle der Nichtbeachtung sogar zur Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung führen.


Oben genannte Punkte stellen nur einen Teil der üblichen Regelungsinhalte dar und darüber hinaus spielt natürlich die konkrete Formulierung der Vereinbarung eine entscheidende Rolle. Kreativer Gestaltung, aber auch missbräuchlicher Verwendung ist dabei Tür und Tor geöffnet. Eine Unsitte besteht beispielsweise darin, dem Vertragspartner mit dem NDA auch solche Klauseln „unter zu schieben“, die eigentlich mit der Verschwiegenheitspflicht gar nichts zu tun haben. Hier ist besondere Vorsicht geboten.

Unsere Erfahrung - Ihr Vorteil

Seit vielen Jahren erstellen, prüfen oder überarbeiten wir Vertraulichkeitsvereinbarungen in deutscher oder englischer Sprache. Erforderlichenfalls ziehen wir für andere Sprachen, wie Japanisch, Koreanisch oder die spanische Sprache qualifizierte Übersetzer bei. Nicht nur bei Vertraulichkeitsvereinbarungen, sondern auch bei anderen Verträgen des Wirtschaftslebens, wie Lieferverträgen, Rahmenvereinbarungen oder AGB, geht unsere Beratung und Vertretung unserer Mandanten zum Teil bis hin zur persönlichen Teilnahme an den Vertragsverhandlungen, weltweit.

Gerne unterstützen wir Sie bei entsprechenden großen und kleinen Anliegen und führen auch gerne vorab ein persönliches oder telefonisches Gespräch mit Ihnen.

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.


Stephan Stiletto

-Rechtsanwalt -


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https://www.ra-stiletto.de/

Foto(s): Doreen Kühr


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