Vonovia – hohe Nebenkosten durch Insourcing?

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Massive Vorwürfe gegen Vonovia zu dem sogenannten Insourcing! Doch was ist darunter zu verstehen?

Deutschland ist traditionell Mieterland. Hier wohnen im Vergleich zum europäischen Ausland relativ wenige Menschen in ihren eigenen vier Wänden. Etwas weniger als die Hälfte der Deutschen besitzen Wohneigentum, d. h. mehr als jeder Zweite wohnt zur Miete. Zahlreiche Wohnungen werden von Privatleuten, die die Wohnung als Vermögensanlage und/oder Altersvorsorge besitzen, vermietet. Es gibt aber auch große Immobilienunternehmen, die über ganze Portfolios von Wohnungen in verschiedenen Städten verfügen. Paradebeispiel ist hier die Vonovia SE, die 400.000 Wohnungen an rund 400 Standorten in Deutschland besitzt und sogar im DAX notiert ist.

Nebenkosten für kleine Vermieter nur durchlaufender Posten

Glücklich kann sich oft schätzen, wer seine Wohnung von einem privaten Vermieter gemietet hat. Probleme lassen sich oft unkomplizierter auf kurzem Dienstweg besprechen und erledigen. Auch haben kleine Vermieter selbst ein Interesse daran, die Nebenkosten für den Mieter möglichst gering zu halten. Für den Vermieter handelt es sich hierbei schließlich nur um „durchlaufende Kosten“, die er sich dann über die Nebenkostenabrechnung vom Mieter zurückholt. Und erfahrungsgemäß kann der Vermieter eher eine höhere Kaltmiete verlangen, wenn die Nebenkosten überschaubar sind.

Weiteres Einkommen durch Insourcing?

Für große Wohnungsunternehmen – wie etwa Vonovia – gilt dies in dieser Form allerdings nicht unbedingt. Für solche Großvermieter besteht ein verführerischer Anreiz, sogenanntes „Insourcing“ zu betreiben. Beim Insourcing beauftragt der Vermieter nämlich nicht etwa externe Firmen, sondern eigene Tochterunternehmen. Die erledigen dann die anfallenden Arbeiten am Mietobjekt, wie z. B. Treppenhausreinigung oder Hausmeister- und Winterdienste.

Der Clou für die Vermieter: Die Konditionen der Verträge mit ihren Tochterunternehmen und damit auch die Preise für die Leistungen können Sie dann quasi selbst bestimmen. Und häufig wird auch vereinbart, dass die Gewinne der Tochterunternehmen an – natürlich – das Wohnungsunternehmen selbst abgeführt werden.

Warum ist Insourcing für Mieter oft nachteilig?

Beim Insourcing verdient der Vermieter nicht nur an der Miete, sondern auch an den Betriebskosten. Und das ist natürlich sehr verlockend. Der Vermieter kann sich also selbst Aufträge verschaffen und entscheiden, wie viel er als Auftragnehmer verdient. Wenn Vermieter und Dienstleister quasi aus dem gleichen „Stall“ sind, ist aus Vermietersicht natürlich schon der Anreiz da, möglichst hohe Kosten für die Dienstleistungen zu produzieren, die dann über die Betriebskostenabrechnung auf den Mieter umgelegt werden. Eine Gefahr, dass es dann zu überzogenen Rechnungen oder auch zu unwirtschaftlichen oder schlicht unnötigen Leistungen kommt, ist schließlich nicht von der Hand zu weisen. Das kann für den Mieter also sehr nachteilig sein. Gerade wenn der Vermieter Arbeiten am Objekt von eigenen Tochterunternehmen erledigen lässt, kann ein strukturell erhöhtes Risiko bestehen, dass überhöhte Kosten entstehen bzw. die Betriebskosten nicht richtig abgerechnet werden.

Betriebskostenabrechnung in jedem Fall prüfen

Kommt also die Betriebskostenabrechnung an, sollte man diese als Mieter auf jeden Fall genau studieren und am besten mit der Abrechnung des Vorjahres abgleichen. Vonovia betreibt nach eigenen Angaben einen technischen Service als Dienstleister für Handwerksleistungen mit mehr als 5000 (!) Mitarbeitern, der sich um Instandhaltungsarbeiten und Reparaturen in ihren Wohnungsbeständen kümmert und Wohnungen energetisch modernisiert. Hinzu kommt ein Wohnumfeld-Service mit über 400 eigenen Mitarbeitern, die die Freiflächen der Immobilien bewirtschaften.

Kostensteigerung teilweise um 1.900 %

Spiegel-online hat im November 2018 über eine Wohnanlage in München berichtet, bei der die Nebenkosten seit dem Erwerb durch Vonovia in 2014 jedes Jahr steigen würden. Die allgemeinen Stromkosten seien um mehr als 40 % gestiegen, die Kosten für den Winterdienst hätten sich verdreifacht. Besonders plastisches Beispiel: In Anlagen in Hamburg und Dresden sei der Winterdienst sogar um 1900 % (!) teurer geworden. Daher drängte sich hier in der Tat der Verdacht auf, dass das Insourcing dazu genutzt wird, den Mietern letztlich überhöhte Kosten zu berechnen.

Abrechnungsbelege einsehen

Als Mieter hat man einen Anspruch auf Einsicht in die Abrechnungsbelege. Ein guter Vermieter, der nichts zu verbergen hat, wird auch immer bereit sein, seine Abrechnung überprüfen zu lassen. Wird einem dies mit fadenscheiniger oder ganz ohne Begründung verweigert, dürfte schon einiges dafür sprechen, dass mit der Abrechnung etwas nicht stimmt. In diesem Fall sollte man die Abrechnung nicht einfach akzeptieren, sondern durch einen Rechtsanwalt prüfen lassen.

Über die Kanzlei Mutschke

Die Mutschke Rechtsanwaltsgesellschaft mbH berät Vonovia-Mieter sowie generell Mandanten u. a. im Bereich des Mietrechts. Die Kanzlei ist deutschlandweit tätig und unterhält Büros in Düsseldorf und Bielefeld.



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