Vorladung, Hausdurchsuchung, Anklage Vorwurf Steuerhinterziehung – Fachanwalt für Strafrecht

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Wird gegen eine Person wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt, stehen zwei Verfahren bevor: eines zur Überprüfung der korrekten Besteuerung und Besteuerungsgrundlagen sowie ein Strafverfahren zur Steuerhinterziehung.


Die Steuerhinterziehung bildet den zentralen Tatbestand des Steuerstrafrechts und gilt als Straftat nach § 370 der Abgabenordnung (AO). 

Sie erfordert in vielen Fällen keine umfangreiche kriminelle Energie und kann vergleichsweise schnell begangen werden. Trotz ihrer vermeintlichen Leichtigkeit wird die Steuerhinterziehung mittlerweile von den Behörden mit großem Nachdruck verfolgt, wobei diesen immer mehr rechtliche und tatsächliche Mittel zur Verfügung stehen.

Das geschützte Rechtsgut des § 370 Abs. 1 AO ist das öffentliche Interesse des Staates am vollständigen und rechtzeitigen Steueraufkommen. Dabei umfasst der Tatbestand nicht nur die Richtigkeit, sondern auch die rechtzeitige Abgabe der Steuererklärung.


Wann macht man sich wegen Steuerhinterziehung strafbar?

Die Steuerhinterziehung gemäß § 370 der Abgabenordnung (AO) umfasst verschiedene Handlungen, darunter 

  • das Abgeben falscher oder unvollständiger Angaben über steuerlich relevante Tatsachen, 
  • das Verschweigen von relevanten Informationen (z.B. Verkauf von Waren und Dienstleistungen), und
  • das Nichtverwenden von Steuerzeichen (z.B. Steuerstempel) bei bestimmten Transaktionen, was zu Steuerverkürzungen oder ungerechtfertigten Steuervorteilen führen kann.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Pflicht zur unverzüglichen Berichtigung gemäß § 153 AO besteht, wenn der Täter erkennt, dass seine Angaben fehlerhaft oder unvollständig waren. Die Grenze zur Steuerhinterziehung wird manchmal schneller überschritten als bewusst wahrgenommen. Insbesondere wird vom Finanzamt der Vorsatz zur Steuerhinterziehung rasch unterstellt.

Die Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung setzt bereits ein, wenn steuerlich relevante Tatsachen nicht oder nicht vollständig mitgeteilt werden oder Steuern zu spät, also nach Fälligkeit, entrichtet werden. Letzteres führt nicht sofort zu einem Verfahren, sondern zunächst zu Säumniszuschlägen.


Strafe wegen Steuerhinterziehung setzt Verkürzung von Steuern voraus

Gemäß § 370 AO wird bestraft, wer gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben macht, diese unterlässt oder Steuerzeichen nicht verwendet und dadurch Steuern verkürzt oder einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erlangt. 

Die Steuerhinterziehung ist ein sogenanntes Erfolgsdelikt, sodass ohne Steuerverkürzung grundsätzlich keine Strafbarkeit vorliegt. 

Das sogenannte Kompensationsverbot bewirkt, dass eine Steuer auch dann als verkürzt gilt, wenn sie aus anderen Gründen ermäßigt oder ein Steuervorteil beansprucht hätte werden können.


Wann gilt eine (verschwiegene oder falsch angegebene) Tatsache als steuerlich erheblich?

Eine Tatsache gilt steuerlich als erheblich, wenn sie nachweisbar ist und im Kontext des Steuerrechts eine Bedeutung für die Entstehung, Höhe oder Fälligkeit von Steueransprüchen hat.

Um die Finanzbehörden zu täuschen, kann dies durch aktives Handeln wie die Abgabe einer fehlerhaften Erklärung oder durch Unterlassen erfolgen, beispielsweise durch das Unterlassen einer gesetzlich vorgeschriebenen Erklärung. 


Wann ist eine Steuererklärung unrichtig?

Die Steuererklärung ist unrichtig, wenn die darin enthaltenen Tatsachen falsch sind. Wenn ein Steuerpflichtiger nachträglich erkennt, dass seine bisherigen Steuererklärungen im nicht verjährten Zeitraum fehlerhaft waren, ist er verpflichtet, diese zu korrigieren. Die Vernachlässigung dieser Pflicht zur Korrektur stellt eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen dar.

Die Beurteilung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Erklärung erfolgt nach den Vorgaben der Finanzverwaltung.


Steuerhinterziehung bei vorsätzlichem Handeln – Ordnungswidrigkeit schon bei Leichtfertigkeit

Für die Begehung der Steuerhinterziehung ist auch Vorsatz erforderlich. Vorsatz sollte nicht mit Absicht verwechselt werden. Vorsatz liegt bereits vor, wenn der Täter den Eintritt des Taterfolgs, wie zum Beispiel Steuerverkürzung, für möglich hält und dies billigend in Kauf nimmt.

Beachten Sie aber: Auch die leichtfertige Steuerverkürzung wird verfolgt. Dies allerdings nur als Ordnungswidrigkeit, nicht als Straftat. Dennoch droht hier insbesondere eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro (vgl. § 378 Abs. 2 AO). Leichtfertigkeit ist vereinfacht ausgedrückt eine besonders starke Form der Fahrlässigkeit.


Beispiele für eine mögliche Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung

Oft verwirklichte Beispiele für eine Steuerhinterziehung sind:

  • Die Nichtanzeige beim Finanzamt über relevante Einnahmen oder Erwerbe, z.B. Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Mieten und Pacht sowie Zinsen oder aus Erbschaften und Schenkungen.
  • Der Ansatz von Betriebsausgaben oder Werbungskosten, die tatsächlich nicht angefallen sind.
  • Die Erstellung falscher Gewinnermittlung, z.B. bei Abrechnung privater Ausgaben als Betriebsausgaben.
  • Scheingeschäfte, z.B. Ehemann zahlt seiner Frau das Haushaltsgeld als Lohn aus.


Welche Strafe droht für Steuerhinterziehung?

Der Strafrahmen für Steuerhinterziehung, gemäß § 370 Abs. 1 Satz 1 AO, erstreckt sich auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. 

Im Falle einer erheblichen Steuerverkürzung und/oder Verwendung gefälschter Belege drohen sogar bis zu zehn Jahren Gefängnis. Im Gegensatz zu einer Geldstrafe wird eine Geldauflage im Rahmen einer Einstellung nicht im Bundeszentralregister eingetragen.


Ein wesentliches Kriterium bei der Festlegung des Strafmaßes ist die Höhe der hinterzogenen Steuern. Der Bundesgerichtshof hat Leitlinien für das Strafmaß bei Steuerhinterziehung erarbeitet. Diese dienen als Orientierung, aber jeder Einzelfall wird unter Berücksichtigung aller relevanten Milderungs- und Strafschärfungsgründe bewertet.


Das Strafmaß für Steuerhinterziehung orientiert sich am vorgegebenen Rahmen, wobei bei einem Steuerschaden bis zu 50.000 Euro in der Regel eine Geldstrafe verhängt wird. Bei einem Schaden über 50.000 Euro kann eine Freiheitsstrafe in Erwägung gezogen werden, die unter Umständen zur Bewährung ausgesetzt wird. Ab einer Hinterziehung von 1.000.000 Euro wird in der Regel eine nicht zur Bewährung aussetzbare Haftstrafe verhängt.


Die genaue Strafhöhe kann je nach Einzelfall variieren, da diverse Faktoren wie die Beweggründe des Täters, die Auswirkungen der Tat und sein Vorleben maßgeblich sind. Es handelt sich dabei nicht um starre Strafen. Unter bestimmten Umständen ist eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen bis zu einem Betrag von 1.000 Euro möglich.

Gerade deshalb empfiehlt es sich, sich beim Vorwurf der Steuerhinterziehung an einen erfahrenen und spezialisierten Fachanwalt für Strafrecht und Anwalt für Wirtschaftsstrafrecht zu wenden. Dieser erkennt auch solche Umstände in Ihrem Fall, die sich auf die drohende Strafe auswirken können und richtet seine Verteidigungsstrategieentsprechend danach aus.


Wann verjährt die Steuerhinterziehung? 

Zu beachten ist die Unterscheidung zwischen der steuerlichen und strafrechtlichen Verjährung.


Die strafrechtliche Verjährungsfrist bestimmt, wie lange eine Bestrafung für Steuerhinterziehung möglich ist, bevor sie verjährt. Sowohl Steuerhinterziehung als auch -verkürzung verjähren in der Regel nach fünf Jahren ab Erhalt des Steuerbescheids gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB. Diese Frist kann jedoch unterbrochen werden, wenn die Steuerfahndung aktiv wird und Maßnahmen wie Durchsuchungen durchführt.


Die Festsetzungsfrist im Steuerrecht regelt hingegen, innerhalb welcher Zeitspanne nach einem Kalenderjahr keine Steuererklärungen mehr abgegeben oder Steuerbescheide erlassen oder geändert werden können. Bei Steuerverkürzung beträgt diese Frist fünf Jahre, während sie bei Steuerhinterziehung zehn Jahre beträgt. Nach Ablauf dieser Zeitspannen tritt Verjährung ein und eine Strafe kann nicht mehr erfolgen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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