Vorladung, Hausdurchsuchung, Anklage Vorwurf Volksverhetzung

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Die Anzahl der aufgenommenen polizeilichen Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung steigt immer weiter an. 

Insbesondere werden inzwischen auch entsprechende Verfahren gegen Personen der Öffentlichkeit wie den AfD Landeschef Björn Höcke geführt. 

Die gestiegene Zahl der Ermittlungen und folglich Verurteilungen wegen Volksverhetzung ist natürlich auch der Möglichkeit medialer Verbreitung von Nachrichten geschuldet.

Einige ausländische Internet- und Nachrichtenplattformen haben eine automatische Erkennungssoftware für „hetzende“ Nachrichten und Posts und leiten entsprechende Treffer ohne weitere Überprüfung an die deutschen Ermittlungsbehörden weiter. Dies führt zwangsweise zur Einleitung von Ermittlungen. Die hinter den Profilen stehende Telefonnummer wird abgefragt und plötzlich ist man Beschuldigter eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens. 

Darüber hinaus wird der Schutzbereich des § 130 StGB auch fortwährend erweitert. 


Wie wird Volksverhetzung bestraft? 

Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 1 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 

Die verschiedenen Absätze und damit Begehungsmöglichkeiten sehen jedoch unterschiedliche Strafrahmen vor. Insgesamt liegt dieser bei einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe. Die Gemeinsamkeit aller Varianten ist die Einstufung als Vergehen und nicht als Verbrechen. 

Nichtsdestotrotz geht ein Verfahren und auch eine Verteilung wegen Volksverhetzung oftmals mit erheblichen sozialen als auch beruflichen Konsequenzen einher.  

Eine entsprechende Verurteilung wird ab einer Verurteilung von über 90 Tagessätzen – nicht nur in das Bundeszentralregister, sondern – auch ins Führungszeugnis eingetragen werden und bei beruflicher Orientierung zu Schwierigkeiten führen. 

Auch kann ein Jobverlust Folge eines Volksverhetzungsverfahren sein. 


Wer ist das durch die Strafbarkeit der Volksverhetzung geschützte „Volk“? 

Der Tatbestand dient dem Schutz von nationalen, rassischen, religiösen oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppen sowie Teilen der Bevölkerung aber auch einem Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung. 

Eine Gruppe ist eine verbundene Mehrzahl von Menschen, die durch gemeinsame Merkmale und deren subjektiver Entsprechung sich von anderen Menschen unterscheiden. 

Einige der genannten Begriffe sind klar bekannt.

Zum Beispiel: Religionsgruppen z.B. Juden, Katholiken, Christen. Erfasst werden offensichtlich aber auch Kommunisten, Homosexuelle, Behinderte, Bauern, die Soldaten der Bundeswehr und viele weitere.


Weniger bekannt ist auch das folgende Gruppen vom Begriff des „Volkes“ erfasst werden: 

Zum Beispiel: Punker, aber auch die „Bremer Drogenfander“, Gastarbeiter, Sinti und Roma und viele Weitere.


Gut zu wissen: Heutzutage zählen auch politischen Parteien grundsätzlich als taugliches Angriffsobjekt des § 130 StGB


Das Volk ist somit der Oberbegriff für die einzelnen Gruppen aus denen es sich zusammensetzt. Dabei kann eine Zuordnung zum Volk sich aus den genannten Merkmalen ergeben. 

Merke: Es gibt bezüglich der einzelnen Bezeichnungen jeweils zu beachtende Rechtsprechung. Diese ist zur Einordnung eines Begriffes bzw. einer Bezeichnung als taugliches Tatobjekt einer Volksverhetzung zu beachten. 


Wodurch macht man sich wegen Volksverhetzung strafbar?

Der Tatbestand der Volksverhetzung umfasst nicht nur eine Vielzahl geschützter Gruppen, sondern auch eine entsprechende Vielzahl von verbotenen Handlungen. 

Als Volksverhetzung zählen folgende Handlungen: 

  1. Das Aufstacheln zum Hass
  2. Aufforderung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen sowie der Angriff auf die Menschenwürde anderer durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden 
  3. Verbreitung, Anbieten, Überlassen, Zugänglichmachung von bestimmten völkerverachtenden Schriften sowie u.a. auch die Herstellung, Beziehung, Lieferung, vorrätig Haltung, Anbietung, Bewerbung, Ein- oder Ausführung entsprechender Schriften (Abs. 2)
  4. Oder auch konkret Billigen, Leugnen und Verharmlosen des NS-Völkermordes (Abs. 3) sowie Billigen, Verherrlichen und Rechtfertigen der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft (Abs. 4). 
  5. Leugnen, Verharmlosen oder Billigen einer Völkerstraftat (Abs. 5)

Diese Handlungen müssen darüber hinaus auch geeignet sein eine Störung des öffentlichen Friedens zu bewirken. 

Im Folgenden sollen einige Tatvarianten – welche oftmals zur Einleitung von Ermittlung durch die Strafverfolgungsbehörden führen - einzeln aufgeführt werden. Wichtig zu wissen ist, dass es sich bei der Volksverhetzung um ein sogenanntes Offizialdelikt handelt. Dies bedeutet, dass die Ermittlungsbehörden bei Verdacht einer solchen Tat von sich aus Ermittlungen einleiten müssen. 


1. Volksverhetzung durch Aufstachelung zum Hass (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1)

Eine Aufstachelung zum Hass erfasst die Einwirkungen auf Sinne, Leidenschaften und den Intellekt anderer, die objektiv geeignet und subjektiv darauf abzielt eine gesteigerte – über bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende – feindselige Haltung gegen eine geschützte Gruppe hervorzurufen oder zu steigern. 

Zum Beispiel: die Behauptung „Juden seien für die finanzielle Ausbeutung des deutschen Volkes verantwortlich“ oder auch Darstellung von Asylbewerbern als soziale Schmarotzer.

Nicht jedoch erfasst ist eine neutrale Berichterstattung. Ein Schild an einem Lokal, was bestimmten Leuten den Zutritt versagt, reicht alleine beispielsweise nicht aus. 


2. Volksverhetzung durch Aufforderung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2)

Auffordern ist jedes – über bloße Befürwortung hinausgehendes ggf. auch konkludentes – Einwirken auf andere, welches darauf abzielt den Entschluss zu bestimmten Handlungen hervorzurufen. 

Unter dem Begriff der Gewaltmaßnahmen können sich die meisten etwas vorstellen. 

            Beispiele sind: Gewalttätigkeiten, gewaltsame Vertreibungen.

Willkürmaßnamen sind sonstige diskriminierende und im Widerspruch zu elementaren menschlichen Geboten stehende Behandlungen. Auch Maßnahmen, die eine berufliche oder wirtschaftliche Beeinträchtigung bewirken, können vom Begriff der Willkürmaßnahme erfasst werden. 

Zum Beispiel: die Aufforderung „Kaufe nicht bei Christen“ oder „Räumt die Geschäfte der Kapitalisten leer“ oder „Plündert das Hab und Gut der Sinti und Roma“. 

Die Maßnahme muss dabei Gegenstand der Äußerung sein. Parolen und Ausrufe wie „Türken raus“ oder entsprechende werden ohne weitere – auf eine Gewaltsamkeit hinweisende - Merkmale daher von der Tatbestandsvariante nicht erfasst. 


3. Verbreiten oder öffentlich zugänglich machen (§ 130 Abs. 2)

Die Variante der Volksverhetzung durch Verbreitung gewinnt in der digitalen Welt immer mehr an Bedeutung. So steht unter Strafe eine volksverhetzende Aussage zu verbreiten oder öffentlich zu machen. 

Dies bedeutet die Weitergabe entsprechender Schriften an andere.

Zum Beispiel: Posten oder Teilen auf einer Internetplattform, Versenden per Whats App

Erfasst werden: Texte, Videos, Bilder, Snaps etc. 


4. Holocaustleugnung und Verharmlosung (§ 130 Abs. 3 und Abs. 4)

Die Absätze 3 und 4 befassen sich mit der nationalsozialistischen Herrschaft und deren Unterstützung durch billigen, leugnen, verharmlosen oder rechtfertigen dieser. 

Billigen bedeutet die Zustimmung bzw. das Gutheissen von NS-Taten, aber auch eine Einstufung der nationalsozialistischen Handlungen als unvermeidlich. Ein konkludentes Billigen ist ausreichend. 

            Zum Beispiel: Positive Werturteile zu den Gewalttaten des NS Regimes. 


Verherrlichen bedeutet, die positive Darstellung oder positive Akzentuierung der NS-Taten. 

Zum Beispiel: Anpreisung einer für die Gewalt des NS Regimes stehenden Person. 

Eine Glorifizierung direkt ist dabei nicht erforderlich. 


Leugnen meint allgemein – wie auch umgangssprachlich so genutzt – das Abstreiten von nachgewiesenen NS Taten. Umfasst wird das Bestreiten, das Inabredestellen oder das Verneinen einer durch das NS Regime nachweislich begangenen Völkerstraftat.

Zum Beispiel: Betiteln der nachgewiesenen Vernichtung von Juden im Konzentrationslager als „Ausschwitzlüge“.


Eine Rechtfertigung ist z.B. anzunehmen, wenn die von den Nazis begangenen Menschenrechtsverletzungen als notwendige Maßnahmen ausgewiesen werden. 

Ein Verharmlosen ist anzunehmen, wenn ein Geschehen entweder in tatsächlicher Hinsicht heruntergespielt wird oder sein Unwertgehalt bagatellisiert oder relativiert wird. 

Eine Bagatellisierung oder Relativierung wird in der Regel darin bestehen, dass die Gewalt in dem konkreten Zusammenhang zu Unrecht als akzeptable oder wenigstens nicht verwerfliche Möglichkeit der Konfliktlösung hingestellt wird

Zum Beispiel: (quantitatives Verharmlosen) – „Es waren ja nur ein paar Juden und es sind ohnehin viele zu dieser Zeit gestorben“ oder auch qualitativ, z.B. dass der Massenmord „wohl nicht so schlimm gewesen sei“.


Merke aber: Eine Verurteilung wegen Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3 StGB setzt hinreichende Feststellungen zur Zielsetzung der Äußerung voraus. Dies bietet mitunter auch der Verteidigung eine Angriffsfläche. Aus diesem Grund sollten Sie bei dem Vorwurf einer solchen Tat umgehend von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen und sich professionelle Hilfe eines Anwalts für Strafrecht holen.


Wann ist eine Handlung dazu geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören?

All diese Tathandlungen müssen geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören.

Eine Eignung zur Friedensstörung ist anzunehmen, wenn offene oder latente Gewaltpotentiale geschaffen werden, ein Zusammenleben ohne Furcht um Leib und Leben, Hab und Gut usw. nicht mehr möglich ist und damit „das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert wird  (z.B. BGHSt 16, 56; 29, 26), sowie im Vorfeld Aggressionsbereitschaft und entsprechende Ängste geschürt werden, wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen ausgegrenzt und entsprechend behandelt werden, indem ihren Angehörigen pauschal der sittliche, personale oder soziale Geltungswert abgesprochen wird. Die Äußerung muss nach Inhalt, Art und konkreten Fallumständen daher so beschaffen sein, dass sie bei einer Gesamtwürdigung die Besorgnis rechtfertigt, es werde zu einer Friedensstörung kommen. 

Zum Beispiel: Bezeichnung von Soldaten als Berufsmörder lässt die Besorgnis entstehen, dass es zur Friedensstörung kommt.


Kann Volksverhetzung straflos bleiben?

Gemäß § 130 Abs. 8 StGB ist eine Strafbarkeit wegen Volksverhetzung nicht anzunehmen, wenn die Handlung im Einzelfall als sozialadäquat einzustufen ist. 

Dies ist ausnahmsweise der Fall, wenn durch die Handlung verfassungswidrige Bestreben abgewehrt werden sollen, der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Wissenschaft, Kunst, Forschung oder Lehre dienen oder Teil der Berichterstattung über zeitgeschichtliche Geschehen oder ähnlichen Zwecken ist. 


„Man wird doch noch seine Meinung sagen dürfen“ – Steht die Meinungsfreiheit einer Strafe wegen Volksverhetzung entgegen?

Es gibt doch aber die Meinungsfreiheit im Grundgesetz, darf ich da nicht sagen, was ich will und was ich denke?

Nein. Die betroffenen Grundrechte sind immer miteinander abzuwägen. Auf der einen Seite ist die Meinungsfreiheit, jedoch auf der anderen Seite auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen sowie dessen Menschenwürde. Diese sind miteinander in Verhältnis zu setzen. 

Zwar sind auch für andere mitunter unangenehme Aussagen von der Meinungsfreiheit gedeckt, doch auch die Meinungsfreiheit hat seine Grenzen. Eine solche Grenze stellt die Volksverhetzung dar. Die Meinungsfreiheit steht einer Strafe wegen Volksverhetzung nicht entgegen.


Hilfe vom Anwalt für Strafrecht bei Vorwurf Volksverhetzung

Der Anwalt für Strafrecht beantragt zunächst umfassende Akteneinsicht und prüft für Sie unter anderem, ob überhaupt eine geschützte Gruppe und damit taugliches Tatobjekt einer Volksverhetzung vorliegt. 

Der Strafverteidiger prüft, ob eine Aussage nicht auch anderen rechtlichen Interpretationsmöglichkeiten offensteht und daher zu Ihren Gunsten eine strafbare Handlung abzulehnen ist. 

Insbesondere kann ein Fachanwalt für Strafrecht aufgrund der Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung für Sie gegenüber den Strafverfolgungsbehörden oder dem Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen darlegen, warum gerade in ihrem Fall keine Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens gegeben ist. 

Sofern erforderlich, kann Sie ein Anwalt für Strafrecht auch beim Vorgehen gegen die Sicherstellung und Beschlagnahme Ihrer medialen „Accounts“ vorgehen. 

Aufgrund der gegebenenfalls weitreichenden beruflichen und sozialen Auswirkungen sollten Sie sich bei Ermittlungen wegen Volksverhetzung gegen Sie zeitig anwaltliche Hilfe holen. Es handelt sich bei dem Straftatbestand um eine komplexe Norm, deren Auslegung maßgeblich durch Rechtsprechung geprägt ist. 

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