Vorladung Vorwurf Verbreitung, Erwerb oder Besitz kinderpornographischen Materials nach dem neuen § 184b StGB?

  • 7 Minuten Lesezeit

Bewahren Sie zunächst unbedingt Ruhe! 

Auch wenn sich dieses leicht sagt, aber es ist zunächst der wichtigste Rat eines erfahrenen Anwalts auf diesem Gebiet. 

Gehen Sie nicht – auf keinen Fall – zu einem Vernehmungstermin! 

Dieser unüberlegte Schritt führt nur in wenigen Ausnahmefällen zu einem günstigen Verfahrensende. Bei diesem Vorwurf kann ich mir keinen Ausnahmefall vorstellen. 

Sollten Sie einen solchen Termin erhalten haben, so wird unsere Kanzlei im Rahmen der Verteidigerbestellung diesen Termin absagen. Polizei und Staatsanwaltschaft wissen mit einer solchen Verteidigerbestellung umzugehen und vermuten hinter diesem Schritt kein Schuldeingeständnis. Bereits mit diesem Schreiben machen wir für Sie elementare Rechte geltend. 

Es ist unsere tägliche Praxis. Wir verteidigen deutschlandweit mit einem enormen Erfahrungsschatz im Bereich der Kinderpornografie.

Innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen bis zu mehreren Monaten erhalten wir die Ermittlungsakte. Von dieser Akte erhalten Sie eine Abschrift. Dieses ist aus unserer Sicht nicht nur zulässig, sondern auch äußerst hilfreich. In vielen Fällen können nur Sie uns wichtige Informationen zur Ergänzung oder Widerlegung des Akteninhalts liefern. Auf dieser Grundlage erfolgt eine maßgeschneiderte Auswertung Ihrer Ermittlungsakte. 

In der Regel fertigen wir nach Akteneinsicht und einer Besprechung mit Ihnen für Sie eine sog. Verteidigererklärung unter der Berücksichtigung des Einzelfalls an. Hierin nehmen wir für Sie inhaltlich Stellung, ohne dass die Schutzburg des Schweigens von Ihnen verlassen werden muss. 

Vielfach lässt sich bereits mit der Verteidigererklärung eine Einstellung des Verfahrens oder sinnvolle weitere Schritte im Rahmen des Verfahrens vorbereiten. Streitige Sachverhalte können bereits in diesem frühen Stadium aufgeworfen und dargestellt werden, um dieses belastende Verfahren ggfs. zu beschleunigen.

Was soll mit § 184b StGB geschützt werden?

Die in § 184b StGB enthaltenen Strafvorschriften sollen zunächst dem Schutz von Kindern dienen, die als Darsteller in entsprechenden Schriften missbraucht werden könnten. Gesetzgeberisches Ziel ist zudem, dass der Markt für kinderpornographische Produkte bekämpft wird und Nachahmungstaten unterbleiben.

Tatbestandliche Voraussetzungen einer Strafbarkeit nach § 184b StGB:

Die Schriften zeigen Kinder unter 14 Jahren. 

Fasche Angaben zum Alter spielen hierbei keine Rolle. In fiktionalen Darstellungen kommt es auf die Sicht eines objektiven Betrachters an. Dieser Betrachter muss eine eindeutig kindliche Zuordnung erkennen. Bereits bei diesem Kriterium gibt es häufig Streit, da nicht jeder die gleiche Ansicht hat, ob jemand 14 Jahre alt ist. 

Bei realen Darstellungen wird auf das tatsächliche Alter geachtet.

§ 184b StGB setzt zusätzlich zum Tatbestandsmerkmal „kinderpornographische Schrift“ voraus, dass es sich auch um eine pornographische Schrift handelt, mithin die Darstellung von sexuellen Handlungen. 

§ 184b StGB hat insgesamt acht unterschiedliche strafbewährte Tathandlungen. Es ist nicht möglich alle Einzelheiten an dieser Stelle auszuführen. Dennoch einige wichtige Ansätze der Verteidigung in der Übersicht:

1. Verbreiten (§ 184b Abs. 1 Nr. 1 1.Alt. StGB)

Kinderpornografische Schriften verbreitet, wer sie ihrer Substanz nach – und damit körperlich –einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten Personenkreis zugänglich macht, indem er sie „auf den Weg bringt“. Bei den Empfängern muss es sich um einen für den Täter nicht mehr kontrollierbaren Personenkreis handeln; das kann auch eine geschlossene Gruppe sein.

Beachten: Ein Verbreiten im Internet liegt bereits dann vor, wenn die Datei auf dem Rechner des Internetnutzers − sei es im Arbeitsspeicher (!) oder auf einem permanenten Speichermedium − angekommen ist und zumindest einen Lesezugriff auf die Dateien ermöglicht (BGH NStZ-RR 2014, 47). Dabei ist es unerheblich, ob der Empfänger die Möglichkeit des Zugriffs auf die Daten genutzt (Download) oder ob der Anbieter die Daten übermittelt (Upload) hat. Dieses bildet eine nicht unerhebliche Strafbarkeitsgefahr. 

2. Öffentliches Zugänglichmachen (§ 184 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt StGB)

Der Täter muss kinderpornografische Schriften öffentlich zugänglich machen, worunter gerade auch öffentliches Ausstellen oder Vorführen zu sehen ist. 

Das öffentliche Zugänglichmachen setzt voraus, dass die Schriften einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten und daher unkontrollierbaren Personenkreis zur Verfügung gestellt werden, ohne dass es auf deren tatsächliche Kenntnisnahme/Einsichtnahme ankäme. Im Gegensatz zum Verbreiten muss der Täter die Schriften hier aber nicht „auf den Weg bringen“!

Für die heutigen Fälle der überwiegenden Verfahren im Internet bedeutet dies, dass ein Zugänglichmachen bereits dann vorliegt, wenn eine Datei zum Lesezugriff ins Netz gestellt wird (BGH NStZ 2008, 463). 

Achtung: Für die Strafbarkeit reicht es aus, dass die bloße Zugriffsmöglichkeit besteht. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass tatsächlich ein solcher Zugriff durch einen Internetnutzer erfolgt ist.

3. Verschaffen von Drittbesitz (§184b Abs. 1 Nr. 2 StGB)

Der Beschuldigte muss es unternehmen einer bestimmten Person den willentlichen Besitz kinderpornografischer Schriften zu verschaffen. Hierbei handelt es sich meist um die Fälle der Versendung von kinderpornografischen Materials per Email. 

Achtung: Das „Posten“ von Links auf kinderpornografische Dateien in den zur Internet-Plattform gehörenden Chats erfüllt bereits den Tatbestand dieser Tatbestandsalternative. Auch hier reicht die Möglichkeit aus, dass der bestimmte Kreis das Material zur Kenntnis nehmen kann. 

4. Herstellen von kinderpornografischen Materials (§ 184 Abs. 1 Nr. 3 StGB)

5. Vorbereitungshandlungen in Verbreitungsabsicht (§ 184b Abs. 1 Nr. 4 StGB)

Welche Strafe droht mir bei diesem Vorwurf?

Die zuvor genannten Fälle sehen eine Strafandrohung von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe aktuell vor. Es handelt sich um eine sog. Verbrechen. Sie müssen zwingend einen Verteidiger in diesen Fällen haben. Sollten Sie sich nicht selbst einen Verteidiger suchen, so wird Staatsanwaltschaft und Gericht Ihnen einen Pflichtverteidiger beiordnen. Die Wahl die für Sie getroffen wird ist nicht immer vorteilhaft, daher suchen Sie sich Ihren Verteidiger lieber selbst aus. 

6. Gewerbs- und bandenmäßiges Verbreiten (§ 184b Abs. 2 StGB)

Hier sieht der Gesetzgeber eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren vor. Der Tatbestand ist als sog. Qualifikation ausgestaltet.

7. Besitzverschaffen (§ 184b Abs. 3 Alt. 1 StGB)

Der Tatbestand des Besitzverschaffens verlagert den Strafbarkeitsbereich zu einem sehr frühen Zeitpunkt.

Es kann für die Strafbarkeit bereits ausreichen, wenn der Beschuldigte ein Kind zur Fertigung von kinderpornografischen Bildern zu überreden versucht. 

Besitz in diesem Sinne bedeutet die „tatsächliche Verfügungsmacht“, die vorliegt, wenn die Schrift/Datei sich im Herrschaftsbereich einer Person befindet. Erforderlich ist jedoch stets auch ein Besitzwille des Beschuldigten. 

Im Internetverkehr ist dies zweifelsfrei der Fall, wenn die kinderpornografischen Bilddateien auf eigenen Datenträgern gespeichert werden.  

8. Besitz (§ 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB)

Der Besitz elektronischer Dateien ist jedenfalls bei ihrer Speicherung auf permanenten Medien gegeben. Hierzu gehört die Festplatte des Computers. 

Bitte beachten: Es reicht ggf. die Speicherung des Materials im Arbeits- oder Cachespeicher. Umstritten ist, ob die Speicherung im Arbeitsspeicher des Computers ausreicht.

Im Falle des Auffindens von kinderpornografischen Vorschaubildern (sog. Thumbnails), die durch das Betriebssystem des Computers automatisch wurden, kann nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass dem möglichen Täter der Besitz der Vorschaubilder bewusst war. Allerdings legt das Vorhandensein der Vorschaubilder, die eine Miniaturansicht der kinderpornografischen Darstellungen enthalten, die Schlussfolgerung nahe, dass sich der Angeklagte zuvor die zugehörigen Bilddateien durch Herunterladen und Abspeichern in den betreffenden Ordnern verschafft hatte. 

Diese Vorschrift betrifft häufig Datensammler, welche in der Regel ebenfalls eine große Menge an Daten – auch mit sexuellen Inhalt – haben.

Das Besitzverschaffen und der Besitz im Sinne von § 184b Abs. 3 StGB ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes reicht bedingter Vorsatz aus. An dieser Stelle wird häufig das Argument vorgetragen, dass der Beschuldigte keine Kenntnis von dem Material hatte. In Einzelfällen mag diese Strategie auch Erfolg haben, aber kann nicht verallgemeinert werden. Der Einzelfall ist hier zu prüfen.

Bitte beachten Sie zusätzlich, dass die Einziehung des gesamten Computers oder der Mobiltelefone über § 74 Abs. 1, auch über § 74a bei einer dritten Person in Betracht kommt.

Auch nimmt die Auswertung der – häufig umfangreichen – Datenmengen nicht unerheblichen Zeitaufwand. Ermittlungsverfahren nehmen daher einen größeren Zeitrahmen in Anspruch. Erwarten Sie aktuell nicht eine zeitnahe Auswertung und daher auch nicht die zeitnahe Rückgabe des Computers. 

Achtung: Der Vorwurf des § 184b StGB zieht häufig Durchsuchungsmaßnahmen nach sich. Bewahren Sie auch hierbei Ruhe und informieren Sie einen Strafverteidiger. 

Ein Verteidigungsansatz ergibt sich bei der Einordnung von Bildmaterial als „kinderpornografisch“. Es handelt sich hierbei um eine Rechtsfrage, die ausschließlich der Tatrichter in eigener Verantwortung beantworten muss. 

Ein vielfach mit der Auswertung der Computersysteme beauftragter Sachverständiger ist allenfalls bei der Einschätzung des Alters der abgebildeten Personen behilflich. Eine mögliche Inaugenscheinnahme des Bildmaterials darf nicht durch andere Beweismittel – etwa die Vernehmung einer Ermittlungsperson – ersetzt werden.

Was kostet mich die Verteidigung?

Wir bieten unseren Mandanten die Verteidigung in Rahmen von Vergütungsvereinbarungen an. Sie haben daher bei dem Abschluss der Vereinbarung die völlige Sicherheit, dass das Verfahren auf höchster Qualität zu einem zuvor festgelegten Preis erfolgt. Wir kalkulieren mit Ihnen gemeinsam zunächst auf der Grundlage des möglichen Umfangs des Verfahrens einen Arbeitsaufwand und benennen Ihnen diesen gerne in einem ersten Gespräch. Hierbei ist für uns nicht von Bedeutung, ob das Verfahren in unserer Kanzleinähe spielt oder in einer anderen Ecke der Republik. Vielfach ist ein auswärtiger Verteidiger eine gute Wahl, um eine engagierte und hochqualifizierte Verteidigung zu erhalten. Rufen Sie mich an und ich werde Ihnen ein Angebot für Ihre Verteidigung erstellen. Sie sollten gerade bei diesem Vorwurf, welcher vollständig Ihren Lebensweg verbauen kann, sich in qualifizierte Hände begeben. Melden Sie sich unmittelbar bei uns in der deutschlandweit bekannten Kanzlei Louis und Michaelis unter 0201/3104600. Wir helfen Ihnen sofort.


Rechtsanwalt Timo Scharrmann 

Fachanwalt für Strafrecht oder Verkehrsrecht

Foto(s): mail@rechtsanwalt-scharrmann.de

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Timo Scharrmann

Beiträge zum Thema