Vorsicht bei Vorsorgevollmachten

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Dass die Vorsorgevollmacht eine wichtige Sache ist, hat sich bereits herumgesprochen.
Will man für Alter und Gebrechlichkeit vermeiden, dass ein gerichtlicher Betreuer bestellt wird, so ist die Vorsorgevollmacht der richtige Weg.

Dies ist für den Vollmachtgeber sehr vorteilhaft.

Die Vollmacht hat jedoch zwei Seiten. Der Vollmachtgeber hat Erleichterung; dem Bevollmächtigten legt sie jedoch auch Pflichten auf.

So hat der Bevollmächtigte dem Vollmachtgeber nach § 666 BGB Rechenschaft abzulegen, welche Geschäfte er mit der Vollmacht geführt hat und nach § 667 BGB die Pflicht, das was er durch die Vollmacht erlangt hat, herauszugeben. Diese Auskunfts- und Herausgabepflichten sind jedoch nur dann gegeben, wenn der Vorsorgevollmacht auch ein Auftrag des Vollmachtgebers zugrunde liegt. Das bedeutet, dass der Bevollmächtigte dem Vollmachtgeber, evtl. Erben oder auch einen im Nachhinein bestellten Betreuer zur Auskunft und Rechnungslegung verpflichtet sein kann. Bei einer reinen Gefälligkeit besteht diese Pflicht nicht.

So hat zum Beispiel das OLG Schleswig in seinem Urteil vom 18.03.2014 - 3 O 50/13 - entschieden, dass bei einer Vorsorgevollmacht immer ein Auftragsverhältnis im Sinne der §§ 662 ff BGB gegeben ist.

Im Gegensatz dazu hat das OLG Köln mit Urteil vom 19.09.2012 - 16 U 196/11 - geurteilt, dass eine solche Rechenschaftspflicht nicht besteht, wenn die Vollmacht ausnahmsweise aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses erteilt worden ist. In diesem Fall soll ein Auftragsverhältnis nicht zugrunde liegen. Die Rechtsprechung ist also nicht einheitlich.

Bereits der Bundesgerichtshof hat im Jahre 2000 für Eheleute, bei denen nur einer die wirtschaftlichen Angelegenheit führt, angenommen, dass kein Auftragsverhältnis vorliegt sondern lediglich ein Gefälligkeitsverhältnis das auf einem besonderen Vertrauensverhältnis beruht und damit die Rechenschaftspflicht verneint.

Dies gilt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2008 jedoch grundsätzlich nur für eheliche Gemeinschaften und nicht für die Fälle, in denen andere Verwandte wie Kinder oder Enkelkinder tätig geworden sind. Hier soll grundsätzlich ein Auftragsverhältnis vorliegen.

Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Bevollmächtigte jahrelang ohne Beanstandungen die Geschäfte geführt hat und der Vollmachtgeber nie eine Auskunfts- oder eine Rechenschaftslegung verlangt hat. In diesem Fall sollten Auskünfte nur dann gefordert werden können, wenn begründete Zweifel an der Ehrlichkeit des Bevollmächtigten bei der Führung der Geschäfte bestehen.

Wenn man als Bevollmächtigter, der die Geschäfte eines anderen führt, auf der sicheren Seite sein will, so sollte man sorgfältig Buch führen und alle Belege aufbewahren.

Bargeld sollte man nur gegen Quittung übergeben. Wenn der Bevollmächtigte selbst nicht mehr in der Lage ist, eine Quittung auszustellen, weil er zum Beispiel durch Demenz nicht mehr geschäftsfähig ist, dann sollte das Bargeld nicht an ihn direkt übergeben werden sondern an die Stationsleitung der Pflegeeinrichtung.

Weiterhin ist es ratsam, ein „Haushaltsbuch” zu führen und sich die Richtigkeit durch Abzeichnen durch den Vollmachtgeber bestätigen zu lassen, soweit der dazu tatsächlich oder rechtlich noch in der Lage ist.

Von allen Kontoauszügen sollte man sich Kopien fertigen und sicher aufbewahren.

Weiterhin ist anzuraten, mit dem Vollmachtgeber einen getrennten Vertrag zu schließen, in dem genau geregelt ist, ob und wenn ja in welchem Umfang Auskunfts- und Rechenschaftspflichten bestehen oder ob diese komplett ausgeschlossen werden. Ein solcher Ausübungsvertrag kann darüber hinaus genaue Anweisungen an den Bevollmächtigten enthalten, wie er mit der Vollmacht verfahren soll. In die Vollmacht selbst sollte man solche Einschränkungen nicht aufnehmen. Das Kammergericht in Berlin hat in einem Urteil dazu ausgeführt, dass ein Betreuer zu bestellen ist, wenn dem Bevollmächtigten bestimmte Sachen verboten waren.

Gerade für Bargeschäfte kann man darin aufnehmen, dass bestimmte Monatsbeträge nicht nachweispflichtig sind.

Kann man etwa Verbleib von Gegenständen oder von Geld, das man abgehoben hat, oder von Zahlungen, die man über das Konto veranlasst hat, nicht nachweisen, so setzt man sich der Gefahr aus gem. § 667 BGB diese Geldbeträge oder Gegenstände herausgeben zu müssen. Dies gilt selbst dann, wenn man das Geld dem Vollmachtgeber selbst ausgehändigt hat und nicht mehr beweisen kann, dass er es erhalten hat.

Vollmachtnehmer und Vollmachtgeber sind sich oft über das Bestehen dieser Verpflichtungen nicht bewusst. Im Übrigen erscheint es im Familienkreis auch fragwürdig, von seinen Eltern oder einem anderen nahen Familienangehörigen Quittungen zu fordern. Nach der jetzt vorliegenden Rechtsprechung dazu sollte man dies aber unbedingt tun.

An diesem Fall sieht man einmal wieder, dass das wirkliche Leben und die rechtliche Sicht hierauf völlig verschieden sind.

Derjenige, der unentgeltlich und allein aus familiären Gründen heraus einen nahen Angehörigen betreut, wird hier auch noch mit Auskunft- und Rechnungslegungspflichten überzogen.

Zu dem erheblichen Zeitaufwand für die Betreuung kommt auch noch der weitere Zeitaufwand für eine „Buchhaltung”. Wer jedoch auf der sicheren Seite sein will, dem sei geraten jede Handlung, die er aufgrund der Vollmacht vornimmt, genau zu dokumentieren und Belege zu sammeln.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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