Vorwurf Kinder- und Jugendpornographie - mit Altersbestimmung steht und fällt die drohende Strafhöhe!

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Anlässlich einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH 3 StR 183/23 vom 14. Dezember 2023) soll im folgenden Beitrag näher auf die Beweiswürdigung von Beweismitteln in Verfahren wegen Verbreitung kinder- und jugendpornografischer Inhalte eingegangen werden. Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk weiß als erfahrener Strafverteidiger in Coesfeld, dass die Einflußnahme des Strafrechtsanwalts auf die Beweiswürdigung das A und O aktiver Verteidigung ist. 

Die Entscheidung des BGH bezog sich auf ein Verfahren des LG Amberg bei dem ein Angeklagter wegen Verbreitung jugendpornografischer Inhalte verurteilt wurde. Der BGH hob dieses Urteil auf und wies es an eine andere Strafkammer des Landgerichtes zurück. Grund für die Aufhebung des Urteils war die lückenhafte Beweiswürdigung des LG im Rahmen der Inaugenscheinnahme von Dateien mit mutmaßlich jugendpornografischen Inhalt. Der BGH stellte in seiner Entscheidung die grundlegenden Kriterien vor, anhand derer das Alter von Darstellern in pornografischen Inhalten bestimmt werden soll. 

Sollten Sie beschuldigt werden kinder- oder jugendpornografische Inhalte zu verbreiten, dann wird Ihnen der folgende Beitrag alle wichtigen Informationen darlegen. Zunächst wird kurz generell auf die Strafbarkeit der Verbreitung von kinder- und jugendpornografischen Inhalten eingegangen werden. Danach wird erklärt, weshalb die Bestimmung des Alters der Darsteller so entscheidend ist. Anschließend werden die maßgeblichen Kriterien zur Bestimmung des Alters dargestellt.  


Verbreitung von kinder- und jugendpornografischen Inhalten §§ 184b, 184c StGB

Die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte ist gem. § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar und wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. Als Kind zählen Personen unter 14 Jahren. Inhalte sind unter anderem Videos, Bilder oder Fotos. 
Ein kinderpornografischer Inhalt liegt vor, wenn sexuelle Handlungen von, an oder vor einem Kind getätigt werden. Auch die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes stellen kinderpornografische Inhalte dar. Die Darstellung muss auf die Erregung sexueller Reize abzielen. 

Erfüllt ist dieser Tatbestand beispielsweise, wenn ein Video, in dem ein nacktes Kind unterschiedliche sitzende, stehende und liegende Positionen einnimmt und dessen Genitalien zu sehen sind, von einer Person an eine andere Person per Whatsapp oder ähnlichem versendet wird. Solche Vorwürfe kommen heutzutage sehr oft durch Meldung des NCMEC in den USA ans Licht. 

Die Verbreitung jugendpornografischer Inhalte ist gem. § 184c Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar. Jugendliche sind Personen im Alter von 14 Jahren bis einschließlich 17 Jahren. Bestraft wird diese Tat mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Hinsichtlich der Inhalte gelten für § 184c Abs. 1 Nr. 1 StGB dieselben Grundsätze wie für § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB insofern kann auf oben verwiesen werden.


Altersbestimmung kriegsentscheidend! 

Maßgeblich ist im Rahmen dieser beiden Tatbestände die Altersbestimmung der in den Inhalten dargestellten Personen. Handelt es sich um ein Kind, dann ist mindestens mit einem Jahr Freiheitsstrafe zu rechnen. Bei einer jugendlichen Person kann auch nur eine Geldstrafe verhängt werden. Ein solches Vergehen wegen Jugendpornos ist sogar bei nachweisbarer Tat und Schuld noch einer Verfahrenseistellung zugänglich; bei Kinderpornos ist dies nicht möglich.

Die Unterschiede in der Strafandrohung verdeutlichen die enorme Bedeutung der Altersbestimmung im Rahmen des Strafverfahrens. Je nach Einordnung der Personen als Kinder oder Jugendliche kann dies einen erhebliche Auswirkung auf die Strafe und Strafhöhe haben. Die hohe Strafdrohung des § 184b StGB ist sehr belastend und verdeutlicht, dass es unbedingt erforderlich sich frühzeitig professionell durch einen Strafverteidiger vertreten zu lassen.


Beweiswürdigung von kinder- und jugendpornografischen Inhalten (Altersbestimmung)

Im Rahmen der Urteilsfindung muss ein Gericht die Beweismittel würdigen. Um zu entscheiden, ob die Verbreitung eines Inhaltes nach § 184b StGB oder § 184c StGB strafbar ist, muss das Gericht ermitteln welches Alter die Darsteller in den entscheidenden Inhalten haben.

Um die Altersbestimmung vorzunehmen wird in unterschiedliche Kriterien unterteilt:

  • Erkennbare identifizierte Personen
  • Nicht identifizierte unbekannte Personen

Bei den erkennbaren, ggf. identifizierten, Personen kommt es für die rechtliche Einordnung eines Inhaltes als kinder- oder jugendpornografisch allein auf das tatsächliche Alter der Personen an. Unerheblich ist, inwiefern die Personen älter aussehen oder wirken, denn nur das tatsächliche Alter ist maßgeblich.

In den Fällen, dass es sich um nicht identifizierte Personen handelt, muss das Gericht eine Altersbestimmung bzw. zumindest eine Alterseingrenzung vornehmen. Dabei muss eine Gesamtwürdigung aller sich aus dem Inhalt selbst und dessen Bezeichnung ergebenden Umstände vorgenommen werden. Berücksichtig werden im Rahmen der Gesamtwürdigung folgende Aspekte:

  • Körperliche Entwicklung
  • Aussehen
  • Gestik und Mimik
  • Stimme sowie Äußerungen
  • Verhalten der abgebildeten Personen
  • Räumlichkeiten und sichtbare Gegenstände
  • Bekleidung (bspw. Kinderkleidung)
  • Textliche/sprachliche Altersangaben in dem Inhalt sowie der Dateiname

Im Rahmen der Beurteilung genügt es, wenn ein objektiver, gewissenhaft urteilender Betrachter zu dem Ergebnis kommen würde, dass die Personen im kindlichen/jugendlichen Alter sind. Das tatsächliche Alter ist insoweit irrelevant bzw. ist es bedeutungslos, denn die objektive Beurteilung genügt. 

Selbst Personen, welche tatsächlich älter sind können unter Umständen als so genannte „Scheinkinder“ oder „Scheinjugendliche“ die Strafbarkeit begründen, wenn diese für eine objektiven Beurteiler als Kinder oder Jugendliche einzustufen wären. Somit ist das tatsächliche Alter nicht unmittelbar strafbarkeitsausschließend.

Altersangaben in Aufnahmen oder der Dateiname können ein bestimmtes Alter der Personen andeuten. Jedoch stehen insbesondere Angaben, die eine Volljährigkeit oder zumindest Jugendlichkeit der Darsteller behaupten, der Annahme eines anderweitigen Alters nicht entgegen. Ansonsten könnten Hersteller und Verbreiter eines solchen Inhalts durch Angabe eines bestimmten Alters Strafbarkeiten umgehen. 

Angaben, die ein kindliches oder jugendliches Alter behaupten, kommt eine Indizwert zu, wenn sie objektiv auch zum Inhalt passen. Beispiel: In einem Snapchat-Chat, der zur Anfertigung und / oder Übersendung von pornographischen Fotos/Videos gibt sich eine 13-jährige gegenüber einem Erwachsenen als 16-jährige aus. Könnte "optisch" das Jugendalter passen, fehlt es dem Erwachsenen am Vorsatz. bei einer zehnjährigen Person wird objektiv kaum nachvollziehbar sein, warum der Chatpartner ein Alter von 14 Jahren oder 16 Jahren ernsthaft hätte glauben sollen.      


Kein Strafverfahren ohne Rechtsanwalt!

Die Bestimmung des Alters in mutmaßlich kinder- und jugendpornographischen Darstellungen, ist an zahlreiche Kriterien geknüpft. Sie selbst als Beschuldigter erhalten nicht einmal Einsicht in die Beweismittel, um dies selbst beurteilen zu können; hierzu wird zwingend ein Rechtsanwalt benötigt. Und glauben Sie nicht, dass jeder Rechtsanwalt in diesem Bereich überhaupt Ihr Mandant annehmen wird.     

Reden Sie auf keinen Fall mit der Polizei über den Vorwurf.  

Um für Sie entlastende Umstände vorzubringen müssen Sie daher einen erfahrenen Strafverteidiger engagieren, der dazu bereit ist, in diesem Teil des StGB zu arbeiten. Ihr Anwalt hat idealerweise zahlreiche Sexualstraferfahren durchlaufen und kann ermitteln welche Umstände Sie entlasten. Unverzichtbare Kenntnisse im Umgang mit z.B. Tanner-Stadien, den Meldungen des NCMEC (National Centre for Missing and Exploited Children) und technisches Verständnis für Upload-Vorgänge, Datenlöschung u.ä. vereinen sich in der Person von Fachanwalt für Strafrecht Heiko Urbanzyk in Coesfeld (bei Dülmen, Borken, Ahaus). RA Urbanzyk übernimmt Ihren Fall - egal wo in Deutschland.  

Foto(s): Heiko Urbanzyk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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