Vorzeitige Beendigung von IT-Projektverträgen

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IT-Projekte stehen nahezu in jedem Unternehmen zur Implementierung neuer IT- Lösungen auf der Tagesordnung. Nicht selten kommt es zu Situationen, in denen Sie als Auftraggeber einen entsprechenden IT-Projektvertrag vorzeitig kündigen möchten. Aufgrund der enormen wirtschaftlichen Bedeutung von IT-Projekten sollten Sie wechselseitige Rechte und Pflichten schon im Vorhinein ausführlich im Rahmen entsprechender Projektverträge regeln sollten. 



Insbesondere für freiberufliche IT-Spezialisten kann eine vorzeitige Vertragsbeendigung erhebliche Folgen haben, wobei die Gründe für eine solche vorzeitige Beendigung können vielfältig sein können. Oftmals haben IT-Spezialisten dann einen Rahmenvertrag sowie einen Projektvertrag mit einem Vermittler abgeschlossen. Der betreffende Projektvertrag läuft dann noch einige Monate und der IT-Spezialist beabsichtigt diesen vorzeitig und so schnell wie möglich zu kündigen. Andere Konstellationen der Vertragsbeendigung sind, dass entweder Auftragnehmer oder Auftraggeber direkt den Vertrag vorzeitig beenden möchten. Die anfängliche Euphorie weicht im Projektverlauf; sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer hatten zu Beginn unterschiedliche Vorstellungen von der gemeinsamen Zusammenarbeit. In diesen Konstellationen stellt der Auftraggeber neue Anforderungen, verlangt bspw. Mehrarbeit und will diese nicht zusätzlich vergüten. 



Welche Möglichkeiten die Vertragsparteien haben, das Projekt zu beenden, hängt vor allem vom Vertrag ab. Sollten Ihre Verträge bereits ausführliche Regelungen zur vorzeitigen Vetragsbeendigung enthalten, dann empfehlen wir Ihnen von einer vorzeitigen Vertragsbeendigung zunächst einen auf IT-Recht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren. 



Wie sollten Sie also dann vorgehen, wenn Sie einen IT-Projektvertrag vorzeitig beenden möchten?


Haben Sie hinsichtlich der Frage der vorzeitigen Vertragsbeendigung in ihrem IT-Vertrag keine konkreten Regelungen getroffen, kommt grundsätzlich sowohl eine Kündigung als auch ein Rücktritt in Betracht. Als Erstes muss geprüft werden, ob ein Dienstvertrag oder ein Werkvertrag vorliegt, weil entsprechende Regelungen zu Kündigung und Rücktritt unterschiedlich ausfallen können.  Hat der Auftragnehmer seinem Auftraggeber lediglich das bloße Tätigwerden und nicht einen konkreten Erfolg versprochen, so liegt ein Dienstvertrag vor. In diesen Fällen kann wegen mangelhafter Leistung vom Vertrag nicht zurückgetreten werden. Ist die Entwicklung oder Anpassung einer Software vereinbart, so ist zwischen den Parteien ein abnahmefähiger Erfolg geschuldet und dementsprechend auch ein Werkvertrag. Erklärt danach eine der Parteien den Rücktritt gegenüber der anderen Vertragspartei, sind die erbrachten Leistungen rückabzuwickeln. Eine entsprechende Rechtsfolge ist bei IT-Projektverträgen ist dies oftmals für den Auftragnehmer inakzeptabel. Beide Vertragsparteien tätigen während der gesamten Projektphase Aufwendungen. Für den Auftragnehmer können dies Beispielsweise Personalkosten sein. Für solche müsste der Auftraggeber nach dem erklärten Rücktritt  dann Wertersatz nach § 346 Abs. 2 BGB leisten, wenn dieser nicht nach § 346 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist. 



Danach entfällt die Pflicht zum Wertersatz,


(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) ...

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,2.soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,3.wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.



Insbesondere bei Konstellation einer Festpreisvereinbarung müsste der Auftragnehmer bei Geltendmachung von Wertersatz seine Kalkulation dann offenlegen, um seinen Anspruch auf Wertersatz zu begründen. Zudem sind bei der Ermittlung des Wertersatzes mangelhafte Leistungen den Ersatz mindernd zu berücksichtigen. Gleiches muss gelten bei der Feststellung des Wertersatzes im Rahmen der Ausübung gesetzlicher Rücktrittsrechte, bei denen der auf Grundlage der vertraglich vereinbarten Vergütung ermittelte Wertersatz um den Gewinnanteil zu kürzen ist. Für den Auftragnehmer des IT-Projektvertrags stellt sich neben den nur beschränkt erstattungsfähigen Aufwendungen für die geleistete Arbeit im Fall des Rücktritts daneben das Problem, dass die speziell für den Auftraggeber erstellten Arbeitsergebnisse oftmals nicht anderweitig verwertbar sind und ihm deshalb mit deren Rückgewähr nicht geholfen ist. Auf der anderen Seite kann es ab einem gewissen Stadium des Projektes für den Auftraggeber von Interesse sein, dass er im Fall einer vorzeitigen Projektbeendigung bereits geschaffene Leistungen des Auftragnehmers behalten kann. Daher sollten beide Seiten bevor sie den Rücktritt erklären und damit ein Rückabwicklungsverhältnis begründen, diesen Schritt gut durchdenken, weil ein solches Rückabwicklungsverhältnisses nicht immer interessengerecht für beide Parteien sein muss. 



Aufgrund dieser Unsicherheiten für beide Parteien empfiehlt es sich für den Auftragnehmer und den Auftraggeber im Rahmen von IT-Projektverträgen zwingend ein gesondertes vertragliches Kündigungsrecht zu individuell festgelegten Konditionen zu vereinbaren. 



Gemäß § 649 BGB besteht eine Kündigungsmöglichkeit für den Auftraggeber. Diese ist nicht an bestimmte Gründe gebunden. Dies stellt gerade für den Auftragnehmer eine äußerst unbefriedigende Situation dar, weil sich der Auftraggeber damit jederzeit ohne Begründung problemlos von dem IT-Projektvertrag lösen kann. Der Auftragnehmer hingegen kann sich nur vom Vertrag lösen, wenn eine von ihm gesetzte angemessene Frist mit der Aufforderung an den Auftraggeber, seine Mitwirkung vorzunehmen, erfolglos verstrichen ist, vgl. § 643 BGB. Infolge des Rücktritts ersparten Aufwendungen muss sich der Auftragnehmer auf die vereinbarte Vergütung anspruchsmindernd anrechnen lassen. Daneben ist aus der Sicht des Auftragnehmers die Kündigungsmöglichkeit nach § 643 BGB bei einer unterbliebenen Mitwirkung des Auftragnehmers zumeist unbefriedigend. 



Für die Vertragsparteien eines IT-Projektvertrages empfiehlt es sich daher, vorab schriftlich sowohl mögliche Kündigungsgründe als auch alle Rechtsfolgen zu regeln. 


Welche weiteren Regelungen sie im Rahmen ihres IT-Projekt-Vertrages Sie noch treffen sollten, erklären wir Ihnen gerne in einem persönlichen Beratungsgespräch. Gerne entwerfen wir für Sie auch den passenden IT-Projekt-Vertrag. 


Weitergehende Informationen erhalten Sie auf unserer Website.  


Foto(s): https://www.pexels.com/de-de/foto/mann-schreibtisch-arbeiten-sitzung-16129703/

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