VW-Abgasskandal: Landgericht Erfurt verurteilt VW in einem sog. Kenntnisfall auf Schadensersatz

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Landgerichtliche Urteile in sogenannten Kenntnisfällen sind noch relativ selten. Bei den sog. Kenntnisfällen wurden die Fahrzeuge mit illegaler Abschalteinrichtung erst nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals, also im Jahre 2016 oder später, erworben. 

Von der Volkswagen AG wurde in diesem Verfahren argumentiert, dass die Käufer zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses nicht mehr getäuscht waren, weil sie von der Motorsteuerungssoftware durch die allgemeine Berichterstattung im Herbst 2015 Kenntnis erlangt haben. Einige Landgerichte sind dieser Auffassung auch gefolgt. 

Das Landgericht Erfurt hat in einem von mir geführten Verfahren in seinem Urteil vom 24.05.2019 der von der Volkswagen AG vertretenen Rechtsauffassung eine klare Absage erteilt. Obwohl der Kläger in diesem Verfahren das Fahrzeug erst Ende Mai 2016 gekauft hat, wurde die Volkswagen AG auf Rücknahme des Fahrzeuges und Zahlung von Schadensersatz verurteilt. 

In den Urteilsgründen wird vom Landgericht Erfurt ausgeführt, dass der Schädigungsvorsatz der Volkswagen AG nicht dadurch entfallen ist, dass sie in einer öffentlichen Ad-hoc-Mitteilung versucht hat, über die Dieselthematik zu informieren. 

Denn die Volkswagen AG konnte nicht davon ausgehen, dass eine solche Mitteilung auch sämtliche von dem sogenannten Abgasskandal betroffenen VW-Kunden erreicht. Vielmehr hätte es die Volkswagen AG bis Ende 2017/Anfang 2018 in Kauf genommen, dass ein Kunde, wie der Kläger, einen mit manipulierter Abgassoftware ausgestattetes Fahrzeug erwirbt. 

Der Beklagten war es zumutbar und möglich, schon vor der Rückrufaktion sämtliche betroffenen Kunden von der Abgasproblematik in Kenntnis zu setzen und eine von ihr beabsichtigte Rückrufaktion zumindest anzukündigen. 

Diese Entscheidung ist nicht nur für sämtliche betroffenen Kunden, die ihr Fahrzeug in den Jahren 2016 und danach gekauft haben von großer Bedeutung, sondern auch für diejenigen, die die Fahrzeuge zwar zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt erworben, aber erst im Jahre 2019 Klage eingereicht haben. Denn es wird teilweise vertreten, dass aufgrund der Berichterstattung im Herbst 2015 Ansprüche gegen die Volkswagen AG verjährt sind. 

Sofern man aber der Auffassung des Landgerichts Erfurt folgt, sind die Schadensersatzansprüche gegen die Volkswagen AG nicht verjährt. Denn die 3-jährige Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres zu laufen, in dem der Geschädigte Kenntnis vom Schädiger oder dem Schaden erlangt hat. 

Würde man auf das Jahr 2015 abstellen, wären die Schadensersatzansprüche verjährt. Sofern man aber auf einen Zeitpunkt nach 2015 abstellt, z. B. auf das Anschreiben von Volkswagen bzw. der anderen Hersteller, wie z. B. Audi, Škoda oder Seat, mit welchem über die Rückrufaktion informiert wurde, sind die Ansprüche noch nicht verjährt. 

Diejenigen, die sich noch nicht entschlossen haben, ihren Schadensersatzanspruch geltend zu machen, weil sie meinen, ihre Forderung sei verjährt oder vielleicht auch die Auffassung vertreten, „es würde nichts bringen oder sich nicht lohnen“, sollten ihren Standpunkt überdenken. Denn die durch zahlreiche Landgerichte zugesprochenen Schadensersatzbeträge liegen ganz erheblich über den aktuellen Verkehrswerten der jeweiligen Fahrzeuge. 

Sollten Sie noch unentschlossen sein und deshalb Fragen zu dem Ablauf des Verfahrens, zu den Erfolgsaussichten und der Höhe Ihres Schadensersatzanspruches haben, stehe ich Ihnen für eine kostenlose Erstberatung gern zur Verfügung. 



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