Waldorf Frommer: Kammergericht Berlin weist Klage eines „Freifunkers“ ab

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Kammergericht Berlin vom 11.11.2019, Az. 24 U 92/18

Landgericht Berlin vom 29.06.2018, Az. 15 O 440/17

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen

Das Verfahren unterscheidet sich von vielen anderen dadurch, dass nicht der geschädigte Rechteinhaber Klage erhob, sondern der abgemahnte Anschlussinhaber selbst. Ziel war die gerichtliche Feststellung, dass gegen ihn keine Ansprüche bestünden. Der Anschlussinhaber behauptete, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Dies könnten Besucher bezeugen, die er zur Tatzeit hatte. Außerdem habe er Bandbreite für andere Nutzer der Wohnung und für das „Freifunk“-Netz bereitgestellt, das von anonymen Dritten genutzt werden könne. Als Diensteanbieter im Sinne des TMG hätten ihm keine Nachforschungspflichten oblegen, diese wären vielmehr nach § 7 Abs. 2 TMG ausgeschlossen.

Das Landgericht Berlin wies die negative Feststellungsklage des Anschlussinhabers ab mit Urteil vom 29.06.2018 ab. Dem beklagten Rechteinhaber stünden die mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche (Unterlassung sowie Schadens- und Kostenersatz) zu, sodass die Klage unbegründet war.

Die hiergegen durch den Anschlussinhaber eingelegte Berufung blieb erfolglos. Auch das Kammergericht (KG) hielt die mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche des Rechteinhabers für gegeben. Das KG geht in seinem Urteil zunächst davon aus, dass kein Ermittlungsfehler vorliege, da der Anschluss innerhalb von gut sechs Wochen unter fünf verschiedenen IP-Adressen als Quelle der Urheberrechtsverletzungen ermittelt worden war. Dies spreche „überzeugend gegen eine Fehlerhaftigkeit der Zuordnung des streitgegenständlichen Zugriffs“.

Zutreffend habe das Landgericht angenommen, dass der Kläger Täter der Urheberrechtsverletzung ist. Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hält das Kammgericht fest, die „pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten“ genüge zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast nicht. Die Anforderungen an den zu leistenden Vortrag dürften vielmehr „nicht zu gering sein“, was auch der EuGH bestätigt habe.

Dem Kläger obliege die Beweislast für die „ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs“, um die für seine Täterschaft sprechende tatsächliche Vermutung zu erschüttern. Im konkreten Fall habe der Kläger weder zu seinem eigenen Verhalten zum Tatzeitpunkt, noch zu der behaupteten Installation einer „Freifunk“-Firmware ausreichend vorgetragen und Beweis geführt. Der Kläger hatte einen Nachbarn als Zeugen dafür angeboten, dass er zur Tatzeit Besuch hatte und somit als Täter ausscheide sowie dafür, dass er seinen Internetanschluss auch als „Freifunker“ nutze.

Dem Kläger sei es jedoch auch nach Anhörung des Zeugen durch den Senat „nicht gelungen, die für eine täterschaftliche Begehung der Urheberrechtsverletzung durch ihn sprechende tatsächliche Vermutung durch den Beweis der ernsthaften Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs zu erschüttern“. Die Richter konnten sich schon nicht davon überzeugen, dass der Kläger zur Tatzeit überhaupt Besuch hatte.

Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage der Haftungsprivilegierung nach dem TMG käme es in dieser Situation nicht an, denn der Kläger hafte gemäß § 7 Abs. 1 TMG als Täter für eigene Inhalte.

In einem „obiter dictum“ hält das Gericht abschließend fest, dass der Beklagten die mit der Abmahnung geltend gemachten Zahlungs- und Unterlassungsansprüche zustehen. Der Kläger muss somit im Ergebnis nicht nur die Verfahrenskosten von mehr als EUR 10.000,00 tragen, er schuldet dem Rechteinhaber auch Schadensersatz von EUR 700,00 sowie die Kosten der Abmahnung in Höhe von EUR 215,00

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