Wann ist die gewählte Rollenverteilung in einer Partnerschaft unterhaltsrechtlich zu beanstanden?

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Im Zeitalter der Neudefinition althergebrachter Rollenverteilungen in der Partnerschaft, sowie der Patchwork Familien ist es nicht mehr ungewöhnlich, dass zum Beispiel der Mann einem Kind aus einer früheren Beziehung Unterhalt zu zahlen hat, inzwischen aus der neuen Beziehung jedoch erneut ein Kind hervorgegangen ist und sich der Mann dafür entscheidet, nach der Geburt des Kindes zu Hause zu bleiben um sich um die Versorgung des Kindes zu kümmern, so dass die neue Partnerin erwerbstätig sein oder zumindest eine Ausbildung machen kann.


1. Beschluss des OLG Celle vom 17.1.2022 – 15 UF 111/21

Das OLG Celle hatte sich in seinem Beschluss vom 17.1.2022 – 15 UF 111/21 genau mit dieser Frage auseinanderzusetzen, ob in einer neuen Partnerschaft die gewählte Rollenverteilung wegen einer Unterhaltsverpflichtung aus einer früheren Beziehung unterhaltsrechtlich zu beanstanden ist.

Der Entscheidung des Familiensenats am OLG Celle lag folgender Sachverhalt zugrunde:

der Antragsteller war der Mutter seines minderjährigen Kindes aus einer früheren Beziehung zur Zahlung von Mindestunterhalt verpflichtet. Der Antragsteller begehrte vor Gericht die Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels, sodass er keinen Kindesunterhalt mehr zu bezahlen hat.

Der Antragsteller hatte eine neue Partnerin geheiratet. Aus dieser Ehe war ein weiteres Kind hervorgegangen. Da die Ehefrau bereits vor der Eheschließung ein Studium aufgenommen hatte, zog der Antragsteller mit seiner Ehefrau und dem Kind um, um seiner Ehefrau die Fortsetzung des Studiums zu ermöglichen. Nach der Geburt des gemeinsamen Kindes nahm der Antragsteller Erziehungsurlaub. Mit seinem bisherigen Arbeitgeber schloss der Antragsteller einen Aufhebungsvertrag.

Der Senat hatte nunmehr darüber zu befinden, ob die Aufgabe des bisherigen Arbeitsverhältnisses durch den Antragsteller als unterhaltsrechtlich leichtfertig anzusehen sei, nachdem der Antragsteller dadurch nicht mehr in der Lage war den Mindestunterhalt für seinen älteren Sohn aus der früheren Beziehung zu zahlen.

Der Senat kam zu dem Ergebnis, der Antragsteller habe im Hinblick auf seine bestehende Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Mutter seines älteren Sohnes weder verantwortungslos noch zumindest leichtfertig gehandelt, als er sein bisheriges Arbeitsverhältnis beendete und für sein jüngstes Kind Erziehungsurlaub nahm.

Der Familiensenat hielt dem Antragsteller zugute, der Umzug in die andere Stadt, die Aufgabe des Arbeitsverhältnisses seien aus Gründen der persönlichen Lebensführung des Antragstellers erfolgt. Der Antragsteller wollte seiner Ehefrau damit ausschließlich die Fortsetzung und Beendigung ihres Studiums ermöglichen. Das OLG Celle hatte die vom Antragsteller gewählte Rollenverteilung in der neuen Partnerschaft im Hinblick auf die bestehende Unterhaltsverpflichtung nicht zu beanstanden.


2. Gesetzgeber räumt Vätern Erziehungsurlaub ein

Die Richter am Familiensenat des OLG Celle vertraten hierbei die Ansicht, dass es dem Antragsteller unterhaltsrechtlich nicht vorgeworfen werden kann, wenn er von dem durch den Gesetzgeber eingeräumten Recht, dass auch Väter Erziehungsurlaub nach der Geburt ihres Kindes nehmen können, Gebrauch macht und sich fortan der Erziehung und Betreuung seines neugeborenen Kindes widmet.


3. Betreuung eines Kindes nach dessen Geburt über einen     Zeitraum von drei Jahren stellt keine Verletzung der           Unterhaltsverpflichtung dar

Zudem kamen die Richter zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber in den Vorschriften der § 1570 BGB und § 1615l BGB davon ausgeht, dass die Betreuung eines Kindes nach dessen Geburt über einen Zeitraum von drei Jahren nicht zur Verletzung einer Unterhaltspflicht führen kann. Hierbei verkannte der Senat nicht, dass die genannten Vorschriften zwar überwiegend das Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen den Kindeseltern regeln, diese Grundsätze seien jedoch auch bezüglich der Unterhaltsansprüche eines minderjährigen Kindes anzuwenden.


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