Wann müssen Kinder für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen (Elternunterhalt) Stand 2020

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Im Leben bleibt nichts gleich und Vieles dreht sich irgendwann um. So kann es durchaus sein, dass Kinder für den Unterhalt ihrer Eltern aufkommen müssen, wenn deren Renteneinkünfte und Vermögen für ihren Lebensunterhalt nicht ausreichen. Meistens kommt dies zum Tragen bei den Kosten eines Alters- und Pflegeheims, die über die von der Pflegeversicherung abgedeckten Kosten hinausgehen.

Wie können sich die längst erwachsenen „Kinder“ davor schützen, dass ihr Einkommen auf den Selbstbehalt reduziert und ihr Erspartes angegriffen wird?

Diese Fragestellungen sind Gegenstand individueller anwaltlicher Beratung und können nicht allgemein beantwortet werden. Zur ersten Orientierung folgende Grundsätze:

*Vorrangig muss der Bedürftige seine eigenen Einkünfte und sein Vermögen (bis auf Schonvermögen von € 2.600,00) einsetzen

Dabei stellt sich die Frage: Muss das Hausgrundstück bzw. die Eigentumswohnung der Eltern vorrangig verwertet werden? Dies kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern ist im Einzelfall zu entscheiden.

* dann kommt die Unterhaltspflicht des Ehegatten zum Tragen

* erst dann tritt die Unterhaltspflicht der Kinder ein (Rückforderung des vorleistungspflichtigen Sozialhilfeträgers)

Das bedeutet, grundsätzlich ist die Unterhaltsverpflichtung der Kinder gegenüber ihren Eltern nachrangig.

Falls nun der Bedarf der Eltern nicht anders gedeckt werden kann und damit ein Unterhaltsanspruch der Eltern gegenüber einem Kind besteht, gelten folgende Regeln:

Liegt das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen des Kindes über dem Mindestselbstbehalt (je nach Oberlandesgerichtsbezirk meist bei € 1.400,00), kann die Hälfte des übersteigenden Betrages als Unterhalt gefordert werden.

Bei verheirateten Unterhaltspflichtigen erhöht sich der Mindestbetrag um einen weiteren Betrag für den Ehegatten. Eigenes Einkommen des Ehegatten ist darauf anzurechnen. Hat der Unterhaltsverpflichtete Kinder zu versorgen, so ist der Familienselbstbehalt um weitere Beträge (gemäß Düsseldorfer bzw. Berliner Tabelle) zu erhöhen.

Besondere Fragestellungen treten auf, wenn das unterhaltspflichtige Kind wenig verdient bzw. nicht berufstätig ist, sein Ehegatte aber über ein hohes Einkommen verfügt. Dann wird zunächst der Familienunterhalt ermittelt. Die weitere Berechnung hängt von Einzelfall ab.

Als Einkommen zählt beim unterhaltspflichtigen Kind auch der Wohnvorteil im Eigenheim (abzgl. dafür bestehender laufender Kreditbelastung).

Die Verwertung einer selbstgenutzten Eigentumswohnung oder eines Eigenheims kann nicht verlangt werden. Diese ist Lebensgrundlage und Altersvorsorge zugleich. Hat das unterhaltsverpflichtete Kind keine Immobilie, ist ihm gestattet, Vermögenswerte für seine eigene Altersvorsorge anzusammeln, die nicht zum Elternunterhalt herangezogen werden. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 30.08.2006 (Az. XII ZR 98/ 04) bei einem 55-jährigen unterhaltspflichtigen „Kind“ einen Vermögensbetrag in der Höhe freigestellt, wie er aus dem letzten Einkommen bei einer Sparrate von 5 % bei 4 % Zinsen in 35 Jahren Lebensarbeitszeit hätte erreicht werden können.

Ob auch angesparte Beträge in der Größenordnung von € 100.000,00 unantastbar sind, die einem Immobilienwert ähneln, ist vom Einzelfall abhängig.

In jedem Fall ist dem Kind eine Kapitalreserve für den allgemeinen Lebensbedarf – auch wiederkehrende größere Ausgaben – in Höhe von ca. € 10.000,00 zu belassen.

Immobilieneigentümern ist darüber hinaus eine Reserve für Renovierungs- und Erhaltungsaufwand in einer Größenordnung von € 25.000,00 zu belassen.

Das Sozialamt kann nicht nur auf ein Kind zugreifen, sondern muss anteilig nach den Einkommensverhältnissen auch dessen Geschwister in Anspruch nehmen.

Bitte beachten Sie, dass dies nur Grundsätze und Orientierungswerte sind. Eine individuelle Ermittlung des Unterhaltsanspruchs hat bei meinen Mandanten regelmäßig dazu geführt, dass sie weniger an den Sozialversicherungsträger zahlen mussten, als dieser angefordert hatte.

Rechtsanwältin Suzan Goldschmidt

22.06.2020


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