Warum gefährlich:Abmahnung wegen „bekömmlich“, „magenschonend“, „wohltuend“, „zuckerfrei“, „gesund“

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Bei der Bewerbung von Lebensmitteln gilt die Verordnung (EG) Nr. 1934/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmitteln (Health-Claims-VO).Gemäß Art. 10 der Health-Claims-VO sind gesundheitsbezogene Angaben verboten, soweit sie nicht speziellen Anforderungen entsprechend und in die Liste der zugelassenen Angaben aufgenommen worden sind.

Zugelassene gesundheitsbezogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn es zudem weitere Informationen gibt, nämlich

  • einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise und
  • Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen und
  • ggf. ein Hinweis an Personen, die es vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren und
  • einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen können.

Im Anhang zur Health-Claims-VO gibt es dann konkrete zugelassene nährwertbezogene Angaben, die jedoch an bestimmte Bedingungen geknüpft sind.

Problem: Allgemeine gesundheitsbezogene Angaben


Durch die Health-Claims-VO werden allgemeine früher übliche gesundheitsbezogene Angaben beim Angebot von Lebensmitteln plötzlich zu einem großen rechtlichen Problem.

In der Beratungspraxis wird dies häufig abgemahnt, insbesondere bei einer Internetwerbung für Lebensmittel. Hintergrund dürfte sein, dass übliche Begrifflichkeiten, die „verboten sind“ sich über Suchmaschinen leicht finden lassen.

Zu Begrifflichkeiten, die häufig abgemahnt werden, gehört

  • bekömmlich
  • magenschonend
  • wohltuend
  • zuckerfrei
  • gesund.

So wird der Begriff „bekömmlich“ häufig bei alkoholischen Getränken oder Kaffee verwendet, „wohltuend“ z.B. bei Tee.

Dass was durch den Hersteller oder Verkäufer als allgemeine Werbung gedacht war, ohne Hintergedanken, ist tatsächlich unzulässig und wettbewerbswidrig.

Abmahnvereine mahnen häufig ab


Eine entsprechende Werbung mit nach Health-Claims unzulässigen Begriffen durch Wettbewerber ist mir aus meiner Beratungspraxis nicht bekannt. Es sind jedoch Abmahnvereine, wie der Verband sozialer Wettbewerb (VSW) (siehe hier und hier)oder der Konsumentenbund, die derartige unzulässige Bewerbungen häufig abmahnen.

Diese Abmahnvereine dürfen abmahnen. Häufig wird eine derartige Abmahnung jedoch durch den Abgemahnten nicht ernst genommen.

Ein Grund ist, dass eine derartige Abmahnung eines Abmahnvereins im Vergleich zu einer Abmahnung eines Wettbewerbers relativ preiswert ist mit Abmahnkosten von mir wenigen 100 Euro.

Bei den Abgemahnten entsteht somit der (falsche!) Eindruck, dass die Angelegenheit mit Unterzeichnung der der Abmahnung beigefügten Unterlassungserklärung und der Beseitigung der Aussagen in der Artikelbeschreibung und der Zahlung der Abmahnkosten getan sei.

Dies ist jedoch nicht der Fall.

Falle 1: Unterlassungserklärung geht über das konkret abgemahnte Produkt hinaus

Gegenstand der Abmahnung ist in der Regel die Bewerbung eines ganz konkreten Produktes mit z.B. der Angabe „bekömmlich“, „wohltuend“ oder „gesund“.

Die Unterlassungserklärung geht jedoch über das konkret abgemahnte Produkt weit hinaus:

Die Abmahnung bezieht sich in der Regel auf ein Produkt, welches auf einer bestimmten Plattform (Internetshop, eBay oder Amazon) angeboten wird. Die Unterlassungserklärung ist jedoch auf diese Plattform nicht geschränkt, sondern gilt im wahrsten Sinne des Wortes grundsätzlich.

Die Unterlassungserklärung gilt überall, wo dieses Produkt angeboten wird. Nicht nur das:

In der Regel ist die Unterlassungserklärung so formuliert, dass diese nicht auf das Produkt beschränkt ist, sondern sich z.B. ganz allgemein auf Lebensmittel bezieht. Selbst wenn eine Beschränkung auf das Produkt in der Unterlassungserklärung enthalten ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterlassungserklärung dennoch ganz grundsätzlich für Lebensmittel gilt. Das Stichwort lautet hier: kerngleiche Verstöße.

Vereinfacht gesagt: So ähnliche Verstöße sind nach den Grundsätzen der Rechtsprechung von einer Unterlassungserklärung mit umfasst.

Falle 2: Verwendung der gerügten Aussage ist grundsätzlich unzulässig – wo diese tatsächlich noch verwendet wird, wird häufig übersehen

In einer Unterlassungserklärung geht es sinngemäß z.B. darum, ein Lebensmittel mit „bekömmlich“ zu bewerben. Die Information lediglich aus der Artikelbeschreibung zu löschen, reicht jedoch häufig nicht.

Zu diesem Aspekt sind uns aus meiner Beratungspraxis mehrere Probleme bekannt:

Zum einen ist es zum Teil so, dass der „verbotene Begriff“ nicht nur in der Artikelbeschreibung auftaucht, relativ häufig ist es so, dass das Produkt selbst auf der Verpackung entsprechend gekennzeichnet ist. Dies bedeutet, dass schon die Produktdarstellung im Internet zu einem Verstoß gegen die Unterlassungserklärung führen kann. Uns sind ebenfalls Fälle bekannt, in denen der Markenname unter dem das Produkt in den Verkehr gebracht wurde, zum Problem wurde, weil er nach Ansicht des Abmahners die Aussage eines unzulässigen Health-Claims enthielt.

Ein weiteres grundsätzliches Problem sind Angebote bei Amazon:

Hier besteht grundsätzlich die Gefahr, dass andere Händler mit Schreibrechten eine ASIN verändern und somit nicht 100%ig gewährleistet werden kann, dass der „verbotene Begriff“ nicht mehr genutzt wird.

Ein weiteres häufig übersehenes Problem sind Kundenbewertungen im eigenen Internetshop. Bei Kundenbewertungen auf einer Plattform wie Amazon, hat der Verkäufer keinen Einfluss auf die Kundenbewertung und haftet auch nicht für entsprechende Begrifflichkeiten in einer Kundenrezension. Bei einer Kundenbewertung, die im eigenen Internetshop dargestellt wird, besteht jedoch durchaus eine Haftung für den Shopbetreiber. In diesem Fall muss gewährleistet sein, dass entsprechende Kundenbewertungen, die die „verbotenen Begriffe“ enthalten, gelöscht werden, bevor eine Unterlassungserklärung abgegeben wird. Es muss ferner gewährleistet werden, dass zukünftig Kundenbewertungen nur veröffentlicht werden, wenn gewährleistet ist, dass unzulässige Begriffe nicht verwendet werden, wie z.B. durch eine Blacklist.

Da bei einem Verstoß gegen die Unterlassungserklärung erhebliche Vertragsstrafen geltend gemacht werden können, sollte keinesfalls ohne vorherige anwaltliche Beratung eine Unterlassungserklärung abgegeben werden. Es gibt ggf. eine Alternative, die das finanzielle Risiko erheblich vermindert.

Ich berate Sie bei einer Abmahnung wegen des Verstoßes gegen die Health-Claims-VO.

Meine Empfehlungen:

  1. Unterschreiben Sie auf keinen Fall ohne anwaltliche Beratung voreilig die vorformulierte Unterlassungserklärung.
  2. Nehmen Sie ohne Prüfung keine Zahlung vor.
  3. Lassen Sie sich zunächst anwaltlich beraten.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  

Sie haben auch eine Abmahnung erhalten?

Wenn Sie auch eine Abmahnung wegen eines Verstosses gegen die Health Claims VO z. B. durch den Verband sozialer Wettbewerb (VSW) oder dem Konsumentenbund erhalten haben, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).
  • Schicken Sie mir eine E-Mail (rostock@internetrecht-rostock).
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.

Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz


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