Was kann ich tun, wenn ich bei einer Baustelle „geblitzt““ wurde?

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Da bei Baustellen in der Regel eine erhöhte Unfallgefahr durch verengte oder verschmutzte Fahrbahnen und Baustellenverkehr gegeben ist, werden dort besonders häufig Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt.

Hat es besondere Auswirkungen, wenn man im Bereich einer Baustelle „geblitzt“ wird? 

Das deutsche Verkehrsrecht macht keine Unterschiede zwischen Geschwindigkeitsverstößen innerhalb und außerhalb einer Baustelle.

Für die Einordnung des Bußgeldes spielt es lediglich eine Rolle, ob das Vergehen innerhalb einer geschlossenen Ortschaft oder außerhalb einer solchen begangen wurde und welche Art von Kraftfahrzeug geführt wurde. So gilt für Lkw ein abweichender Bußgeldkatalog.

Anforderungen an die Beschilderung – Grundsatz der Sichtbarkeit

Grundsätzlich muss das Verkehrsschild, welches auf die Geschwindigkeitsbegrenzung hinweist, sichtbar sein, um eine rechtliche Wirkung zu entfachen. Sichtbar ist ein Verkehrsschild dann, wenn es im fließenden Verkehr von einem durchschnittlichen Kraftfahrer bei Einhalten der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfasst werden kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Verkehrszeichen tatsächlichen wahrgenommen wird, sondern nur, ob es bei entsprechender Sorgfalt hätte wahrgenommen werden können.

Werden Verkehrsregelungen aufgrund von Abnutzung oder Witterungsbedingungen unkenntlich, verlieren sie ihre Wirksamkeit. Dies gilt etwa, wenn eine Markierung abgenutzt oder ein Schild völlig verschneit ist, oder wenn aufgrund von Zweigen bzw. Gebüsch in der Nähe des Verkehrszeichens eine Wahrnehmbarkeit nicht mehr möglich ist.

Verdeckte Verkehrszeichen

Doch was gilt, wenn das Geschwindigkeitsschild, etwa beim Überholvorgang durch ein anderes Auto oder einen LKW, überdeckt wurde? Das AG (AG Bad Freienwalde, 15.11.2019 – 31 OWi 83/19) wertete den Verweis eines Betroffenen darauf, dass ein Verkehrsschild von einem LKW verdeckt worden sei, als Schutzbehauptung. Der Betroffene befuhr eine Bundesstraße bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h mit einer Geschwindigkeit von mindestens 109 km/h. Die genaue Verkehrssituation ließe sich laut dem erstinstanzlichen Gericht nicht mehr feststellen. Dies vor allem, weil der LKW auf dem Messfoto nicht sichtbar war.  Das OLG Brandenburg bestätigte in der Rechtsmittelinstanz mit Beschluss vom 22.04.2020  zu dem Az. (2B) 53 Ss-OWI 169/20 (87/20) das erstinstanzliche Urteil und sah in dem Umstand der hohen Überschreitung ein Indiz für ein vorsätzliches Handeln. Allerdings, so das OLG Brandenburg, hätte der Abstand zwischen Messtelle und Verkehrsschild in der Darstellung des Lebenssachverhalts bzw. des Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils konkret als Bezugspunkt für die erfolgte Bewertung dessen mitgeteilt werden müssen, ob die Einlassung des Betroffenen plausibel sei. Das OLG Brandenburg stellte aber auch klar, dass die fehlende Möglichkeit einer Aufklärung der konkreten Verkehrssituation mangels Sichtbarkeit des Lkw auf dem Messfoto nicht die pauschale Bewertung als Schutzbehauptung zum Nachteil des Betroffenen rechtfertigt.

Erfolgsaussichten von Rechtsmitteln gegen einen Bußgeldbescheid

Geht Ihnen ein Bußgeldbescheid zu, nachdem Sie in einer Baustelle „geblitzt“ wurden, sollte stets geprüft werden, ob es sinnvoll ist, einen Einspruch einzulegen. Nicht selten sind Erfolgsaussichten gegeben.

Ein Bußgeldbescheid kann aus unterschiedlichsten Gründen anfechtbar sein. Die Anforderungen an die Gültigkeit der vorgehaltenen Messungen sind hoch. Eingesetzte Messgeräte müssen geeicht und regelmäßig gewartet worden sein. Weiter müssen die Messstelle und das Messgerät korrekt eingerichtet sein. Das Bedienpersonal muss durch Nachweis von Schulungen geeignet sein. Messfotos müssen eine klare Identifizierung des Fahrers erlauben. Die Einhaltung dieser Kriterien ist zu dokumentieren.

Nicht nur die Überwachung der Geschwindigkeit, sondern auch die Einhaltung eines Überholverbots und die Wahrung der Abstandsregelungen in Relation zur Geschwindigkeit sind Gegenstand von Kontrollmessungen. Auch hier gelten innerhalb eines Baustellenbereiches keine Besonderheiten, sehr wohl aber dieselben Hürden an die Gültigkeit eines vorgehaltenen Messergebnisses wie im Falle des Vorwurfes einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.


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