Weitere EuGH-Vorlage zur Verantwortlichkeit von YouTube

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Im September 2018 hat der deutsche Bundesgerichtshof (I ZR 140/15) dem EuGH (C-682/18) eine Reihe von Fragen vorgelegt. Im Kern geht es darum, ob bzw. unter welchen Umständen die Videoplattform YouTube für „Uploads“ ihrer Nutzer haftet, wenn diese Urheberrechte Dritter verletzen.

Nun sah sich der Oberste Gerichthof Österreichs veranlasst, dem EuGH weitere Fragen zu stellen, die ebenfalls die Verantwortlichkeit YouTubes betreffen. Geklagt hatte in dem dortigen Fall der österreichische Fernsehsender Puls4. 

In der ersten Instanz hatte dieser noch obsiegt. Das Gericht führte aus, YouTube habe seine Position als neutraler Hostprovider verlassen, indem der Dienst u. a. die Inhalte kategorisierte, eine Suchfunktion bereitstellte und gezielt Werbung ausspielte.

Auf YouTubes Berufung wurde das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hielt die Maßnahmen von YouTube nicht für ausreichend, um eine eigene Handlung der öffentlichen Wiedergabe und damit eine eigene Urheberrechtsverletzung durch den Dienst zu bejahen.

Letztlich zu entscheiden hat die Frage der Haftung nun der Oberste Gerichtshof Österreichs. Dieser sah sich veranlasst, zur Klärung der Reichweite des sog. Hostproviderprivilegs das Verfahren auszusetzen und legte dem EuGH die folgenden Fragen zur Beantwortung vor (4Ob74/19i):

I.
Ist Art 14 Abs 1 der Richtlinie 2000/31/EG dahin auszulegen, dass der Betreiber einer Online‑Videoplattform als Host‑Service‑Provider dadurch eine aktive Rolle übernimmt, die zu einem Verlust des Haftungsprivilegs führt, dass er zusätzlich zur Zurverfügungstellung von Speicherplätzen für fremde Inhalte folgende Begleittätigkeiten erbringt oder dem Nutzer anbietet:

  • Vorschlagen von Videos nach Themenbereichen;
  • Erleichterung der Suche für Besucher nach Titel- oder Inhaltsangaben durch ein elektronisches Inhaltsverzeichnis, wobei der Nutzer die Titel- oder Inhaltsangaben vorgeben kann;
  • Zurverfügungstellung von Online‑Hinweisen über die Nutzung des Dienstes („Hilfe“);
  • bei Zustimmung des Nutzers Verbinden des vom Nutzer hochgeladenen Videos mit Werbung (allerdings keine Eigenwerbung des Plattformbetreibers) nach Wahl der Zielgruppe durch den Nutzer?

II.
Steht eine nationale Rechtslage, nach der die Unterlassungspflicht eines Host‑Service‑Providers (Vermittlers) in einer aktiven Rolle als Gehilfe für die Rechtsverletzungen seiner Nutzer nur unter der Voraussetzung besteht, dass der Gehilfe die Rechtsverletzung des Nutzers bewusst gefördert hat, mit Art 11 Satz 1 der Richtlinie 2004/48/EG im Einklang, oder ist diese Bestimmung dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten Unterlassungsansprüche der Rechteinhaber gegen Gehilfen nicht von einer bewussten Förderung der Rechtsverletzung durch den Nutzer abhängig machen dürfen?

III.
Sind die Regelungen in Art 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31/EG über die Verantwortlichkeit der Vermittler als horizontale Haftungsbeschränkungen zu beurteilen, die jedem Vermittler in einer neutralen Rolle auch dann zugute kommen, wenn seine Tätigkeit urheberrechtlich als selbst begangene öffentliche Wiedergabe zu qualifizieren ist?

IV.
Sind Art 14 Abs 3 (auch Art 12 Abs 3 und Art 13 Abs 2) der Richtlinie 2000/31/EG , Art 8 Abs 3 der Richtlinie 2001/29/EG und Art 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG dahin auszulegen, dass einem Host-Service-Provider (Vermittler) in einer neutralen Rolle das Haftungsprivileg nach Art 14 Abs 1 der Richtlinie 2000/31/EG auch bei einem gegen ihn erhobenen Unterlassungsanspruch zur Verfügung steht und ist daher auch eine gerichtliche Unterlassungsanordnung gegenüber einem solchen Vermittler nur dann zulässig, wenn er tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information hat, oder ist eine solche gerichtliche Unterlassungsanordnung schon dann zulässig, wenn der Host-Service-Provider nach einer konkreten Abmahnung die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte nicht unverzüglich entfernt oder sperrt und sich im gerichtlichen Verfahren die Rechtsverletzung bestätigt?

Es erscheint denkbar, dass der EuGH die beiden Verfahren zur Verantwortlichkeit YouTubes verbindet und gemeinsam entscheidet. Mit einem Urteil ist keinesfalls vor 2020 zu rechnen.


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