Weiterleitung des Fernseh- und Hörfunksignals als Urheberrechtsverletzung?

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Erneut hat ein Gericht darüber, ob das Weiterleiten eines per Satellit empfangenen Fernseh- und Hörfunksignals durch ein Kabelnetz an einzelne Empfangsgeräte eine öffentliche Wiedergabe i.S.d. § 15 Abs. 3 UrhG ist.

Grundsätzlich ist eine solche öffentliche Wiedergabe ohne eine entsprechende Erlaubnis des Rechteinhabers eine Urheberrechtsverletzung.



Hinweis: Wann eine Lizenzpflicht besteht, und welche allgemeinen Voraussetzungen für die Öffentlichkeit einer Wiedergabe bestehen, lesen Sie in unserem  Praxistipp „Was ist die GEMA?“.



Keine öffentliche Wiedergabe

Die klagenden Verwertungsgesellschaft sah in der Kabelweitersendung der Beklagten an die vorhandenen Anschlüsse für TV/Hörfunk in den Zimmern der Heimbewohner eine öffentliche Wiedergabe, die lizensierungspflichtig sei.

Dem schloss sich das OLG Zweibrücken in seiner Entscheidung aber nicht an (Urteil vom 16.3.2023 – 4 U 101/22). Eine öffentliche Wiedergabe liege nicht vor, da sich die Weiterleitung gerade nicht an eine unbestimmte Anzahl potenzieller Adressaten richte. Zwar handele es sich bei den 88 Einzelzimmern und 3 Doppelzimmern in der Einrichtung der Beklagten um »recht vielen Personen«, sie beschränke sich aber auf einen begrenzten Personenkreis

Zwar hatte der EuGH und auch der Bundesgerichtshof in Fällen von Hotelgästen und Gaststättenbesuchern, sowie  bei der Rundfunkübertragung in Ferienwohnungen, die Öffentlichkeit einer Wiedergabe bejaht, im Unterschied zu diesen würden die Heimbewohner jedoch eine engere Verbundenheit zueinander aufweisen.

Auch über den vom OLG Zweibrücken angeführten Fall der Ferienwohnungen berichteten wir bereits. Hier hatte die Beherbergungsbetreiberin durch eine Verteileranlage Radio- und Fernsehsendungen an jede der acht von ihr betriebenen Ferienwohnungen übertragen. Seine Entscheidung der Öffentlichkeit der Wiedergaben, begründete der BGH damit, dass sich das Angebot der Anmietung der Ferienwohnungen an einen unbegrenzten und unbestimmten Adressatenkreis richte. (BGH, Urt. v. 18.6.2020 – I ZR 171/19).


Gegenteilige Entscheidung des OLG Dresden

Ferner wandte sich das OLG Zweibrücken in seiner Entscheidung gegen die Auffassung des OLG Dresden, welches zu Beginn dieses Jahres ebenfalls in einem Fall, der eine Senioreneinrichtung betraf entschied (OLG Dresden, Urt. v. 10.1.2023 – 14 U 1307/22). Auch das betreffende Seniorenzentrum in Chemnitz sendete per Satellit empfangene Fernseh- oder Hörfunksignale durch ein Kabelnetz an die Empfangsgeräte der Bewohner einer Senioreneinrichtung mit vollstationärer Altenpflege. Laut dem OLG Dresden seien die insgesamt 188 Bewohner kein Teil einer privaten Gruppe, sondern würden eine unbestimmte Gesamtheit potenzieller Leistungsempfänger bilden. Somit handele es sich nach um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG.


Stellungnahme des OLG Zweibrücken

Die Annahme, »das vorgerückte Alter, die beeinträchtigte Gesundheit und die annähernd gleiche soziale Lage fügen die Bewohner als bloß äußere Anlässe nicht zu einer privaten Gruppe zusammen« weil »angesichts der besonderen persönlichen Lebenssituation des einzelnen und seiner Mitbewohner, die nur eine sehr begrenzte Kommunikation« zulasse, sich allenfalls unter einem Teil geringe Gemeinsamkeiten herstellen ließen (so das OLG Dresden) stelle die Möglichkeit einer sozialen Interaktion von Bewohnern einer Pflegeeinrichtung für Senioren in unzulässig pauschalierender Weise in Abrede.


Gerichtliche Uneinigkeit

Wann also eine Öffentlichkeit der Wiedergabe vorliegt oder eben auch nicht, ist also weiterhin eine umstrittene Rechtsfrage, die von den Gerichten nicht einheitlich beurteilt wird. Die weiteren rechtlichen Entwicklungen bleiben abzuwarten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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