Welcher Elternteil darf bei besonderen Ereignissen im Leben des Kindes anwesend sein?

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Gemäß §§ 1626, 1627 BGB haben die Eltern das gemeinsame Sorgerecht in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohle des Kindes auszuüben. Wenn die Eltern verheiratet sind, steht Beiden die gemeinsame Sorge des Kindes zu. Wird das Kind hingegen außerhalb einer ehelichen Lebensbeziehung geboren, steht der Mutter zunächst das alleinige Sorgerecht zu. Das gemeinsame Sorgerecht kann allerdings beantragt werden bzw. beim zuständigen Jugendamt können Sorgerechtserklärungen abgegeben werden.

Üben die Eltern das gemeinsame Sorgerecht aus, bleibt dies grundsätzlich auch nach einer Trennung bzw. Ehescheidung unverändert bestehen. Das alleinige Sorgerecht kann allerdings jederzeit zum Wohle des Kindes beantragt werden. Beiden Elternteilen steht- unabhängig von dem Sorgerecht- ein Umgangsrecht mit dem Kind zu, § 1626 Abs. 3 BGB. Das Kind hat gem. § 1684 Abs. 1 BGB das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und das Elternteil ist seinerseits  zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Davon erfasst wird das Recht und die Pflicht des Elternteils, das Kind regelmäßig zu sehen, seine Entwicklung und das Wohlergehen des Kindes zu fördern. Durch das Umgangsrecht sollen die Bindungen des Kindes zu nahestehenden Personen gefestigt und gestärkt werden. Dies wird insbesondere durch regelmäßige Treffen, gemeinsame Urlaube, Telefonate o.ä. erreicht. Auch beinhaltet § 1694 Abs.1 BGB regelmäßig die Berechtigung der Elternteile zur Teilnahme an besonderen Ereignissen, wie etwa einer Einschulungsfeier.

Das Umgangsrecht steht den Elternteilen jedoch nicht uneingeschränkt zu, sondern kann aus besonderen Gründen entzogen werden, wie etwa bei: Kindesmisshandlung, Kindesmissbrauch und körperlicher und seelischer Beeinträchtigung des Kindes durch den Kontakt mit dem Elternteil.

Eine seelische Beeinträchtigung des Kindes könnte beispielsweise dann vorliegen, wenn zwischen den Eltern eine offene Eskalation während eines Ereignisses zu befürchten ist. In diesen Fällen wird einem Elternteil die Teilnahme an dem Ereignis untersagt.

Dahingehend entschied kürzlich das OLG Zweibrücken (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30.08.2021 - 2 UFH 2/21), dass der umgangsberechtigte Vater zur Teilnahme an der Einschulungsfeier seines Kindes nicht berechtigt ist. Die beteiligten Kindeseltern sind getrenntlebende Eheleute, die Mutter hat das alleinige Sorgerecht. Der Vater beantragte den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Kindesmutter auferlegt wird, den Kindesvater an der Einschulungsfeier teilnehmen zu lassen. Der 2. Senat des Oberlandesgerichts wies den Antrag zurück. Zwar beinhalte § 1684 BGB auch ein Recht zur Teilnahme an besonderen Ereignissen, jedoch setze dies eine spannungsfreie Teilnahme voraus. Zwischen den Eltern sei aufgrund vergangener Streitigkeiten keine vernünftige Kommunikation mehr möglich, weshalb der Austausch von Feindseligkeiten drohe. Folglich müsse zum Wohle des Kindes eine Eskalation vermieden werden, weshalb die Teilnahme des Vaters untersagt sei.

Das Kindeswohl hat stets oberste Priorität. Grundsätzlich entspricht es dem Kindeswohl und der Entwicklung des Kindes, Umgang mit beiden Elternteilen zu haben, weshalb beiden Elternteilen ein Recht auf Teilnahme an besonderen Ereignissen des Kindes zusteht. Droht durch den Umgang jedoch eine Gefährdung des Kindeswohls, ist der Umgang und somit die Teilnahme an besonderen Ereignissen ausgeschlossen. Bei der Frage, ob und wie der Umgang zu regeln ist, ist je nach Reife und Verständnis des Kindes der Kindeswille zu berücksichtigen.


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