Werktitelschutz für Internet-Domains

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Der BGH hat sich kürzlich im Rahmen der „airdsl"-Entscheidung (Urteil vom 14.05.2009, Az.: I ZR 231/06) auch zu den Voraussetzungen der Vorverlagerung des Schutzes von Internet-Domains als Werktitel geäußert. Eine solche Vorverlagerung des Schutzes durch Werktitelankündigung kommt danach nur bei Ankündigung „in branchenüblicher Weise" und bei Erscheinen des Titels „in angemessener Frist" in Betracht. Der BGH hat ausdrücklich klargestellt, dass die „bloße Angabe auf der eigenen Internetseite der Werktitelschutz beanspruchenden Partei nicht ausreicht".

Im Einzelnen:

Die Kläger in dem Verfahren sind seit 2002 Inhaber der Marke „air-dsl" mit Schutz für Telekommunikationsdienstleistungen u.ä. Die Beklagte ist ebenfalls in dieser Branche tätig und hat bereits 1998 die Domains „airdsl.de" und „air-dsl.de" für sich registrieren lassen. Zudem ist sie seit 2001 Inhaberin der Wort-/Bildmarke "AIR DE", wobei zwischen dem jeweils in Großbuchstaben geschriebenen „AIR" und dem „DE" ein Gesicht mit roter Zunge skizziert ist. Die Beklagte meinte, damit prioritätsältere Rechte an dem Zeichen „airdsl" als einer geschäftlichen Bezeichnung innezuhaben. Zudem berief sie sich darauf, bereits vor dem Anmeldetag der Klagemarke auf ihrem Internetportal einen zukünftigen Internetauftritt unter den Domainnamen als Werktitel angekündigt zu haben.

Die Kläger verlangten von der Beklagten, es zu unterlassen, Internetnutzer unter den genannten Domains auf ihren DSL-Internetshop „adsl.de" weiterzuleiten. Die Beklagte verlangte im Wege der Widerklage u.a. die Unterlassung der Nutzung der Klägermarke „air-dsl" sowie die Einwilligung der Kläger in deren Löschung.

Der BGH hat erwartungsgemäß der Beklagten keine kennzeichenrechtlichen Ansprüche aus ihrer Marke bzw. ihren Domains gegen die Kläger zugestanden und deren Klage stattgegeben. Er hat zu Recht angenommen, dass sich hinsichtlich der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit die Gesamtmarken „air-dsl" und „AIR DE" gegenüberstehen, denn der Verkehr hat bei diesen Zeichen keinen Anlass die Bestandteile „dsl" bzw. „DE" zu vernachlässigen. In Anbetracht der nur geringen Zeichenähnlichkeit schied letztlich eine Verwechslungsgefahr trotz Dienstleistungsidentität und jeweils normaler Kennzeichnungskraft aus. Die Beklagte hat auch mit der Registrierung der Domainnamen 1998 allein kein prioritätsälteres Unternehmenskennzeichen erworben. Dazu hätte es einer Benutzung im geschäftlichen Verkehr bedurft. Die Beklagte nahm die Benutzung der Internetseite aber erst im Jahr 2003 auf. Ebenso hat die Beklagte an den Domainnamen auch kein gegenüber der Klagemarke prioritätsälteres Werktitelrecht (§ 5 Abs. 1 und 3 MarkenG) erworben. Der Werktitelschutz entsteht ebenfalls grundsätzlich erst mit Aufnahme der Benutzung eines unterscheidungskräftigen Titels. Der Schutz kann grundsätzlich erst dann einsetzen, wenn das Werk weitgehend fertiggestellt ist. Allerdings kann durch eine formgerechte Titelschutzanzeige der Schutz eines Werktitels vorverlagert werden. Dies setzt aber voraus, dass

1. das Werk in branchenüblicher Weise angekündigt wird und

2. in angemessener Frist unter dem Titel erscheint.

Mit dem jetzigen Urteil hat der BGH klargestellt, dass für eine öffentliche Titelankündigung an interessierte Mitbewerber die „bloße Angabe auf der eigenen Internetseite der Werktitelschutz beanspruchenden Partei nicht ausreicht." (BGH, Urt. v. 14.05.2009, Az.: I ZR 231/06, Rn. 45 - airdsl) Diese Klarstellung ist zu begrüßen, da bislang auch gut argumentiert werden konnte, dass für mit einem Domainnamen identische Werktitel - man denke an Internetzeitschriften - etwas anderes gelten solle, denn es musste nicht unbedingt als unzumutbar gelten, etwa gängige Top Level Domains wie „.de" oder „.com" so auf Werktitelschutz zu überprüfen. In der Rechtsprechung werden an die öffentliche Werktitelankündigung jedoch seit jeher strenge Anforderungen gestellt und nicht jede irgendwie öffentlich zugängliche Ankündigung für ausreichend erachtet. Art und Weise der branchenüblichen Werktitelankündigung zur Prioritätswahrung bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen in der Praxis der entsprechenden Werkkategorie. Für digitale Medien wie Internetseiten als „sonstige vergleichbare Werke" ist, soweit der „geistige Inhalt" dominiert, eine formalisierte Titelschutzanzeige im „Titelschutzanzeiger" kategorieadäquat. Inzwischen gibt es zwar auch eine Reihe von Internetseiten, auf denen Titelschutzanzeigen angeboten werden, allerdings ist fraglich, ob diese Angebote im Einzelfall tatsächlich Schutz bieten, da diese noch weitgehend unbekannt sind und es einen großen Aufwand bedeutet, auch noch in allen Online-Angeboten entsprechend nach Inhalten zu suchen. Im entschiedenen Fall war zudem das Vorliegen der weiteren Voraussetzung „in angemessener Frist" problematisch, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, wann genau sie die Titelschutzanzeige auf ihre Internetseite gestellt hat. Welcher zeitliche Abstand zwischen Titelschutzanzeige und Erscheinen generell noch als angemessen zu erachten ist, hängt maßgeblich von der Vorlaufzeit des entsprechenden Werkprojekts ab. Die oft genannte Frist von 6 Monaten für Druckschriften kann sich je nach Werkkategorie auf nur 2 ½ Monate verkürzen oder auf 12 Monate verdoppeln.

Im Einzelfall sollte Rat bei einem Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz eingeholt werden.

Der BGH gab vorliegend der Klägerseite recht, weil die Beklagte ihre der Klagemarke entsprechenden Domains markenmäßig benutzt hat. Der Verkehr sieht in ihnen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der unter den Bezeichnungen im Internet angebotenen Waren oder Dienstleistungen. Für die Beurteilung der markenmäßigen Verwendung kommt es nicht darauf an, ob sich die Domainnamen airdsl und air-dsl auf der mit „adsl.de/DSL Informations- und Shopportal" überschriebenen Internetseite befanden. Auch im Falle einer Weiterleitung auf eine andere Internetseite wird der Verkehr in einem unterscheidungskräftigen Domainnamen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der angebotenen Leistungen sehen, so der BGH richtig. Zwar setzt sich ein erst nach der Registrierung des Domainnamens entstehendes Namens- oder Kennzeichenrecht eines Dritten nicht ohne weiteres gegenüber dem Nutzungsrecht des Domaininhabers durch, d.h. der Inhaber des später entstandenen Kennzeichenrechts kann dem Inhaber des Domainnamens nicht schon allein unter Berufung auf sein Recht jedwede Nutzung untersagen. Im Streitfall wandten sich die Kläger jedoch allein gegen die ihre Marke verletzende Verwendung für die aus dem Antrag ersichtlichen Internetangebote.

Das Urteil des BGH ist insgesamt zu begrüßen, da es für Klarheit in Bezug auf die Voraussetzungen des Schutzes von Internet-Domains als Werktitel als auch hinsichtlich der markenmäßigen Benutzung lediglich weiterleitender Domains sorgt.


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