Wichtiges BGH-Urteil zur Prospekthaftung nach Kapitalanlagebetrug bestätigt Schadensersatzpflicht

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Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 5. Mai 2022 (III ZR 131/20) entschieden, dass es für den Schadensersatzanspruch eines Anlegers wegen Kapitalanlagebetrugs unerheblich ist, ob er das Wertpapier von der ausgebenden Gesellschaft selbst oder von einem anderen Marktteilnehmer erworben hat. Kapitalanlagebetrug steht nach dem Strafgesetzbuch unter Strafe, weil alle potenziellen Kapitalanleger vor einer etwaigen Schädigung geschützt und die Funktion des Kapitalmarkts gesichert werden sollen. Deshalb kommt es für die Schadensersatzpflicht nicht darauf an, von wem das Wertpapier erworben wurde.

Immobilienanleihen in Millionenhöhe ausgegeben

Konkret ging es in dem Fall um eine Aktiengesellschaft, die WGF AG, die als Geschäftsmodell Immobilien günstig erwarb, sie modernisierte und anschließend mit Gewinn wieder verkaufen wollte. Zur Finanzierung des Geschäfts gab die Gesellschaft Hypothekenanleihen (auch Immobilienanleihen genannt) öffentlich aus. Es handelt sich dabei um fest verzinsliche Wertpapiere, die durch Grundpfandrechte im Grundbuch besichert sind. Für die Hypothekenanleihen veröffentlichte die WGF AG auch entsprechende Wertpapierprospekte. Leider konnte die Gesellschaft dann aber nur zwei von acht ausgegebenen Anleihen ordnungsgemäß an die Anleger zurückzahlen. Es verblieb ein Emmissionsvolumen von 450 Millionen Euro, das die Gesellschaft den Anlegern schuldig blieb.

Insolvenz der Emittentin, Wertpapierprospekt fehlerhaft

Einer der betroffenen Anleger hatte zwischen den Jahren 2010 bis 2013 mehrfache jene Hypothekenanleihen der WGF AG gekauft, jedoch nicht bei der Gesellschaft selbst, sondern über den Börsenhandel, also am Sekundärmarkt. Nachdem die WGF AG schließlich Insolvenz anmelden musste, forderte der geschädigte Anleger von den Vorstandsmitgliedern der WGF AG Schadensersatz als Prospektverantwortliche, gerichtet auf die Erstattung der für die Anleihen gezahlten Kaufpreise abzüglich erhaltener Ausschüttungen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, dass die Wertpapierprospekte in entscheidenden Punkten fehlerhaft waren und die Vorstandsmitglieder dafür verantwortlich seien. Insbesondere enthielten die Prospekte fehlerhafte Jahresabschlüsse, wodurch der Anleger bei seiner Kaufentscheidung zugunsten der Anleihen von falschen Tatsachen ausging. Nach Meinung des Anlegers handle es sich um Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a StGB. Der Bundesgerichtshof gab dem Anleger nun Recht und bestätigte, dass ihm Schadensersatz gegen die Vorstandsmitglieder als Prospektverantwortliche wegen Kapitalanlagebetrugs zusteht.

Es geht vor allem um den Schutz der zumeist unerfahrenen Anleger

In dem Verfahren ging es im Wesentlichen auch um die Frage, ob Schadensersatzansprüche wegen Kapitalanlagebetruges deshalb ausscheiden, weil der Anleger die Anleihen nicht auf dem Primärmarkt, also von der Aktiengesellschaft selbst erworben hatte, sondern über den Sekundärmarkt, also den Börsenhandel. Der BGH urteilte, dass beim Straftatbestand des Kapitalanlagebetrugs nicht zu unterscheiden sei zwischen Wertpapieren, die direkt von Unternehmen ausgegeben werden und denen, die von anderen Anlegern, z.B. über einen Zweit- oder Börsenmarkt verkauft werden. Der BGH sprach sich eindeutig für eine einheitliche Behandlung des Kapitalanlagebetrugs und damit zugunsten des Verbraucherschutzes aus. Maßgeblich sei vor allem der Zweck der Norm, nämlich alle potenziellen Kapitalanleger vor einer möglichen Schädigung zu schützen, zugleich aber auch die Funktion der Sicherung des Kapitalmarkts, und dies unabhängig davon, von wem das Wertpapier gehandelt wird. Die Richter des höchsten deutschen Zivilgerichts hielten in ihrem Urteil fest, dass der Kapitalmarkt eben nicht nur aus dem Primärmarkt bestehe, sondern auch der Sekundärmarkt wie der Börsenhandel dazu gehöre. Vor Kapitalanlagebetrug geschützt werden sollen zumeist unerfahrene Anleger auf beiden Märkten gleichermaßen. Als Anlegerschutzanwälte begrüßen wir die Entscheidung des BGH sehr und halten sie in der Sache auch für gerecht.



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