Wie sollte ich mich bei einer Festnahme durch die Polizei verhalten? Fachanwalt für Strafrecht informiert

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Eine Festnahme durch die Polizei ist vermutlich für niemanden eine angenehme Situation. Stress, Überforderung, Angst und gegebenenfalls Verzweiflung dominieren wohl bei den meisten Betroffenen. Dies ist zwar menschlich verständlich, befreit aber nicht von der Tatsache, dass es gerade in solchen Situationen von elementarer Bedeutung ist, einen ruhigen Kopf zu bewahren und sich „korrekt“ zu verhalten. Eine Festnahme durch die Polizei kann oftmals bedeuten, dass Sie Beschuldigter eines Strafverfahrens sind. In dieser Postion gilt es umsichtig vorzugehen und nicht die Nerven zu verlieren.

Worauf Sie besonders achten sollten, finden Sie im Folgenden.

Beachten Sie hierbei allerdings, dass dies nur pauschalisierte, verallgemeinerte Aussagen sein können. Wie genau in Ihrem konkreten Fall am Besten vorzugehen ist, besprechen Sie am Besten mit einem spezialisierten Anwalt für Strafrecht. Dieser hat Erfahrung im Umgang mit den Ermittlungsbehörden und weiß, auf welche Feinheiten in den jeweiligen Situationen, in denen sich ein Beschuldigter wiederfinden kann, zu achten ist.

Wann kann es zu einer Festnahme durch die Polizei kommen?

Es gibt verschiedene Grundlagen, „Auslöser“ für eine Festnahme durch die Polizei.

Hierzu gehören wohl insbesondere die

  • Festnahme mit anschließender Untersuchungshaft im Rahmen eines Strafverfahrens (§§ 112 ff. StPO)
  • Vorläufige Festnahme bei Gefahr im Verzug (§ 127 Abs.2 StPO)
  • Festnahme bzw. Ingewahrsamnahme im Rahmen der Gefahrenabwehr (dies ist dann kein Strafrecht, sondern Teil des Polizei- und Ordnungsrechts (das ist im Kern „Gefahrenabwehrrecht“))


Die Untersuchungshaft setzt neben der sowieso erforderlichen Verhältnismäßigkeit dieser sehr einschneidenden Maßnahme voraus, dass ein sog. Haftgrund besteht. Ein Haftgrund ist beispielsweise die Flucht oder die Fluchtgefahr des Beschuldigten.

Ist eine Festnahme ohne Haftbefehl möglich?

Das ist grundsätzlich denkbar. Dies liegt daran, dass es – wie eben bereits dargestellt – verschiedene Arten der Festnahme gibt bzw. eine Festnahme auf verschiedenen Grundlagen beruhen kann.

Die Anordnung von Untersuchungshaft setzt beispielsweise den Erlass eines Haftbefehls voraus.

Zum Beispiel eine vorläufige Festnahme nach § 127 Abs.2 StPO ist hingegen davon geprägt, dass die Entscheidung zur Festnahme „aus dem Moment heraus“ und mit gewisser Dringlichkeit („Gefahr im Verzug“, § 127 Abs.2 StPO) getroffen wird. Einer solchen Festnahme liegt regelmäßig kein Haftbefehl zugrunde – und muss es auch nicht. Allerdings müssen gem. § 127 Abs.2 StPO neben dem Bestehen von Gefahr im Verzug auch die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls vorliegen. Das bedeutet, dass auch hier ein Haftgrund sowie dringender Tatverdacht im Hinblick auf die Begehung einer Straftat bestehen muss. Außerdem sind im Hinblick auf die hohe Eingriffsintensität einer solchen Maßnahme recht strenge Voraussetzungen an das Bestehen von Gefahr im Verzug zu stellen, damit das Erfordernis des sog. Richtervorbehalts (also dass eine Festnahme grundsätzlich durch einen Richter angeordnet werden muss) nicht voreilig unterlaufen wird.

Was sollte ich bei einer Festnahme durch die Polizei beachten?

Wird man von der Polizei festgenommen, gilt es einige Dinge zu beachten.

Hierzu gehören insbesondere – aber nicht nur – die vorliegenden Aspekte.


1. Bewahren Sie Ruhe

So simpel das nun auch klingen mag, so elementar ist es doch. In einer solchen Situation die Nerven zu verlieren und gegebenenfalls sogar die Beamten anzugreifen, ist in der Regel nicht ratsam. Sollte die Festnahme rechtswidrig sein, dürfen Sie sich zwar grundsätzlich in gewissem Maße zur Wehr setzen. Allerdings tragen Sie dann unter Umständen auch das entsprechende Risiko, dass es sich doch um eine rechtmäßige Maßnahme handelt. Ist dies der Fall, so drohen im Falle eines Angriffs der Beamten neben einer Strafbarkeit wegen Körperverletzung auch eine Strafbarkeit wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Es drohen Geldstrafen oder möglicherweise sogar Freiheitsstrafen. Ausnahmen hiervon oder Besonderheiten können aber bestehen, wenn sich der Festgenommene hinsichtlich der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der Festnahme irrt.


2. Schweigen Sie zum Tatvorwurf

Insbesondere in diesem Stadium, in dem Sie unter Umständen nicht einmal wissen, was genau Ihnen vorgeworfen wird, geschweige denn welchen Kenntnisstand die Ermittlungsbehörden haben, sollten Sie zunächst einmal lieber zum Tatvorwurf schweigen. Sie sind zwar zur Tätigung bestimmter Angaben verpflichtet (insb. Personalien), allerdings besteht für einen Beschuldigten einer Straftat ein Recht zu Schweigen. Sie sind nicht dazu verpflichtet, an Ihrer eigenen Strafverfolgung aktiv mitzuwirken.

Dies sollten Sie auch im Hinblick auf vermeintlich harmlosen Smalltalk im Hinterkopf behalten. Ermittlungsbeamte sind in Vernehmungen geschult. Auch scheinbar belanglose Aussagen können unter Umständen einen Unterschied machen und Ihnen im weiteren Verlauf des Strafverfahrens schlimmstenfalls „auf die Füße fallen“.


3. Kontaktieren Sie sobald es möglich ist, einen Anwalt für Strafrecht

So zeitnah wie möglich, sollten Sie im Falle einer Festnahme einen Anwalt für Strafrecht kontaktieren. Dieser kann Sie umfassend über genau Ihre Situation und den Ihnen gemachten Vorwurf beraten und weiß, welche Schritte nun zu gehen sind und was auf Sie zukommen kann.

Außerdem wird ein Anwalt für Strafrecht in einem der ersten Schritte Akteneinsicht beantragen. Die Analyse der Ermittlungsakten ermöglicht es dann, eine passende Verteidigungsstrategie zu erarbeiten.


4. Unterschreiben Sie nichts

Es ist ratsam, zunächst einmal lieber nichts zu unterschreiben, da dies unter Umständen als Schriftprobe dienen kann.


5. Widerspruch gegen erkennungsdienstliche Maßnahmen

Sollen erkennungsdienstliche Maßnahmen (bspw. das Nehmen von Fingerabdrücken oder das Anfertigen von Fotos) gemacht werden, so ist es regelmäßig ratsam, diesen zunächst zu widersprechen und diesen Widerspruch auch protokollieren zu lassen.



Diese genannten Aspekte sind natürlich nicht abschließend und können an dieser Stelle aus Gründen der Übersichtlichkeit auch nicht so umfassend dargestellt und erläutert werden, wie es der Anspruch der Genauigkeit eigentlich fordern würde.

Kann ich mich gegen eine Festnahme durch die Polizei wehren?

Diese Frage kann grundsätzlich auf mehreren Ebenen beantwortet werden, insbesondere auf tatsächlicher Ebene und rechtlicher Ebene.


In tatsächlicher Weise dürfen Sie sich grundsätzlich gegen eine rechtswidrige Festnahme in gewissem Umfang zur Wehr setzen. Bei einer rechtswidrigen Festnahme scheidet grundsätzlich eine Strafbarkeit wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bzw. wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte aus. Im Hinblick auf – jedenfalls leichtere (dies aber abhängig von der konkreten Situation) – Körperverletzungen kommt im Falle einer rechtswidrigen Festnahme (und damit rein faktisch betrachtet einer Freiheitsberaubung) eine Rechtfertigung von Abwehrmaßnahmen im Rahmen der Notwehr nach § 32 StGB in Betracht.


Allerdings tragen Sie hier als sich zur Wehr Setzender in gewissem Maße das Risiko eines Irrtums über die Rechtswidrigkeit bzw. Rechtmäßigkeit der Festnahme.

In Betracht kommen in Irrtumskonstellationen allerdings – z.B. gem. § 113 Abs.4 StGB – Strafmilderungen (für den Fall der Strafbarkeit des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte) oder unter Umständen bleibt dieses Verhalten dann sogar straflos, weil die persönliche Vorwerfbarkeit (die Schuld) entfällt. Dies sind aber alles Fragen, die nur anhand der genauen Betrachtung des konkreten Einzelfalles beurteilt werden können.



Auf rechtlicher Ebene kommen wir bei rechtswidrigen Maßnahmen der Ermittlungsbeamten in den Bereich der Rechtsbehelfe.

Wurde die Festnahme durch einen Richter angeordnet – also ein sog. Haftbefehl erlassen – so gibt es die Möglichkeit, diesen mittels der sog. Haftbeschwerde überprüfen zu lassen. Im Falle der Anordnung von Untersuchungshaft besteht außerdem die Möglichkeit der Beantragung einer Haftprüfung (§ 117 StPO).


Geht es um eine Maßnahme, die nicht durch einen Richter, sondern beispielsweise durch die Polizei angeordnet wird oder um den Angriff der Art der Durchführung der Maßnahme, so kann ggf. ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 98 Abs.2 S.2 StPO analog gestellt werden.


Kommt es im weiteren Verlauf des Verfahrens zu einer Verurteilung, so besteht außerdem unter Umständen die Möglichkeit, im Rahmen der Berufung und oder Revision gegen das Urteil von den Ermittlungsbeamten hier gemachte Fehler zu rügen, soweit diese beispielsweise ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen. Gerade der Bereich der Beweiserhebungsverbote und Beweisverwertungsverbote ist komplex und eine Beurteilung sowie Formulierung einer entsprechenden Revision bedarf umfassender rechtlicher Kenntnis, die sich neben der Kenntnis der einschlägigen Gesetze auch auf die einschlägige Rechtsprechung bezieht. Nicht ohne Grund sieht das Gesetz für das Einreichen einer Revision vor, dass diese durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet ist (oder zur Protokoll bei der Geschäftsstelle abgegeben wird) (§ 345 Abs.2 StPO).

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