Wie verhalte ich mich bei einer Hausdurchsuchung?

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Die Hausdurchsuchung beginnt in der Regel damit, dass die Polizei vor der Türe steht und beim Betroffenen klingelt. Nun beginnt für den Betroffenen eine absolute Ausnahmesituation, in der unbedingt ein kühler Kopf bewahrt werden muss, um nicht die Verteidigungschancen durch unüberlegtes Handeln deutlich zu verschlechtern.  

Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt für Strafrecht.

Der Betroffene hat das Recht, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren. Davon sollte er Gebrauch machen. Die meisten Strafverteidiger haben eine Notfallnummer. Diese kann in solchen Fällen gewählt werden. Häufig wird die Polizei dem Beschuldigten den Anruf zwar nicht selbst erlauben, sondern für ihn die Nummer wählen. Zudem wird die Polizei normalerweise nicht mit der Durchsuchung warten bis der Anwalt eingetroffen ist.


Das Datum des Durchsuchungsbeschlusses prüfen.

Als nächstes sollte sich der Betroffene den Durchsuchungsbeschluss zeigen lassen. Hier ist zunächst das Datum des Beschlusses zu prüfen. Ein Durchsuchungsbeschluss darf nicht älter als 6 Monate sein. Er ist ab Ausstellung maximal 6 Monate gültig. Sind mehr als 6 Monate seit dessen Ausfertigung vergangen, darf aufgrund dieses Beschlusses nicht mehr durchsucht werden. Anders ist dies nur, wenn Gefahr im Verzug vorliegt.
 
Aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses darf 1x durchsucht werden. Ist die Durchsuchung abgeschlossen, darf mit dem gleichen Durchsuchungsbeschluss nicht nochmals durchsucht werden.
 
Aus dem Durchsuchungsbeschluss ergibt sich außerdem, welche Räume durchsucht werden dürfen. Wenn nur die Wohnräume genannt sind, darf das Auto nicht durchsucht werden.
 
Gibt es keinen Durchsuchungsbeschluss, dann sollte der Betroffene nachfragen, wer die Maßnahme angeordnet hat und dessen Namen notieren. Stützt die Polizei die Maßnahme auf Gefahr im Verzug, gibt es keinen Durchsuchungsbeschluss. Hier ist dann besonders darauf zu achten, dass man in keine Maßnahme einwilligt und nichts unterschreibt. Hierzu siehe unten.
 
Wenn die Polizei lediglich fragt, ob sie durchsuchen darf, dann darf der Betroffene dies ablehnen und sollte dies auch tun.  
 
Der Betroffene hat das Recht, einen unabhängigen Durchsuchungszeugen hinzuzuziehen. Die meisten Betroffenen lehnen dies ab, weil es ihnen peinlich ist, wenn andere Personen von der Durchsuchung erfahren. Wenn es jedoch z.B. Nachbarn gibt, die dem Betroffenen wohlgesonnen sind, kann ein Nachbar als Zeuge hinzugezogen werden. Dies kann ggf. helfen, dass die Durchsuchung in geordneten Bahnen verläuft.


Ruhig und freundlich bleiben und keine Angaben zur Sache machen.

Die Durchsuchung durch die Polizei kann in der Regel nicht verhindert werden. Am besten verhält man sich passiv und freundlich, lässt die Beamten gewähren, leistet keinen Widerstand und macht keine Angaben zur Sache. Auch wenn die Situation extrem belastend für die Betroffenen ist, ist es wichtig, ruhig zu bleiben und nicht zu reden, vor allem keine Einlassung zur Sache abzugeben und diesbezüglich auch keine Fragen der Beamten zu beantworten. Die meisten Betroffenen sind so beeindruckt von der Maßnahme, dass sie dazu neigen, zu reden und dann auch viel zu viel zu reden.

Wenn sich der Betroffene bereits zu diesem Zeitpunkt zum Tatvorwurf einlässt, minimiert er seine Verteidigungschancen. Er kann später seine Version vom Geschehen in der Regel nicht mehr ändern. Von einem Geständnis kommt er nahezu nicht mehr weg. Er erschwert seinem Verteidiger im Nachgang die Arbeit erheblich.
 
Außerdem besteht auch die Tendenz dazu, unter dem Druck der Maßnahme, z.B. Betäubungsmittel, Festplatten oder andere gesuchte Gegenstände freiwillig auszuhändigen oder Verstecke zu verraten und die PIN Codes oder Passwörter von Notebook, Tablet, Smartphone, etc. herauszugeben.
 
Sind die Codes erst einmal herausgegeben, können die elektronischen Geräte ausgelesen werden. Verweigert der Betroffene die Herausgabe von PIN-Codes und Passwörtern, besteht die Chance, dass die Geräte nicht ausgelesen werden können. Wir haben immer wieder Fälle in der Kanzlei, bei denen Handys oder verschlüsselte Festplatten nicht geknackt werden konnten.


Achtung vor Zufallsfunden

Gerade Zufallsfunde sind bei Hausdurchsuchungen sehr kritisch. Es werden z.B. bei Betroffenen, bei denen nach Betäubungsmitteln gesucht wird, Messer, Schlagringe, Schlagstöcke oder Patronen gefunden.

Bei einem Mandanten wurde nach Betäubungsmitteln gesucht und dabei eine Leuchtspurpatrone gefunden, die dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterfällt. Nach § 22a KrWaffKontrG ist die Mindeststrafe hierfür Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Der Besitz einer solchen Patrone stellt ein Verbrechen dar.
 
Es wurden lediglich 12g Marihuana beim Mandanten in der Wohnung gefunden, dafür aber diese Patrone und ein Schlagring. Aufgrund dieser gefundenen Leuchtspurpatrone wurde Anklage zum Schöffengericht erhoben. Ohne diese Patrone wäre das Verfahren höchstwahrscheinlich gegen Auflagenzahlung eingestellt worden oder der Mandant hätte einen Strafbefehl erhalten.
 
Bei einem anderen Mandanten wurde wegen Geldwäsche durchsucht. Sein PC und sämtliche Festplatten wurden beschlagnahmt. Er hat alle Passwörter herausgegeben. Auf den Festplatten wurden Kinderpornos gefunden. Die Geldwäsche an sich war dann nicht mehr das Hauptproblem. Genauso kann es passieren, dass es aufgrund eines Diebstahls zur Hausdurchsuchung kommt und hierbei Betäubungsmittel im Wäschekorb gefunden werden.
 
Bei einem anderen Mandanten wurde das Handy ausgelesen, weil er im Verdacht stand, mit Betäubungsmitteln Handel getrieben zu haben. Auf dem Handy wurde ein Video von einem halbnackten jungen Mädchen, das ungefähr zwischen 14 und 18 Jahren alt war, gefunden. Es wurde ein Strafverfahren wegen Besitzes jugendpornographischer Schriften eingeleitet. Der Mandant, der selbst erst 20 Jahre alt war, hatte tausende von Videos auf seinem Handy und nur dieses eine Video war problematisch. Vom Vorschaubild her war das Video nicht als Jugendporno, sogar noch nicht einmal als Porno, erkennbar. Der Mandant hatte mitgeteilt, dass er dieses Video nie zuvor gesehen hatte, was glaubhaft war. Auf diese Weise können sich weitere Strafverfahren ergeben, ohne dass der Betroffene die geringste Ahnung davon hat, dass sich solch kritisches Material auf seinem Handy befindet.
 
Wir haben häufig Verfahren in der Kanzlei, die sich aufgrund einer Hausdurchsuchung wegen einer ganz anderen Sache ergeben haben oder die nach dem Auslesen des Handys eingeleitet wurden. Teilweise wird dazu geraten, Betäubungsmittel sofort und freiwillig herauszugeben, damit die Polizei nicht weitersucht und sich nicht noch Zufallsfunde ergeben. Dies kann manchmal helfen und die Polizei davon abhalten, die gesamte Wohnung auf den Kopf zu stellen. Häufig wird aber auch nach der Herausgabe der gesuchten Gegenstände noch weitergesucht.

Niemand muss den PIN fürs Handy oder Passwörter vom PC, Tablet oder Notebook herausgeben. Der Betroffene muss nicht an seiner eigenen Überführung mitwirken


Der Durchsuchung widersprechen und nichts unterschreiben.

Der Betroffene sollte der Durchsuchung widersprechen. Zugleich sollte er der Sicherstellung der Gegenstände widersprechen und darauf achten, dass der Widerspruch auf dem Sicherstellungsprotokoll vermerkt wird.
 
Außerdem sollte man im Rahmen einer Hausdurchsuchung auch nichts unterschreiben und keine Kreuzchen auf Dokumenten setzen. Die Polizeibeamten legen dem Beschuldigten in der Regel am Ende der Durchsuchung ein Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokoll vor, das er unterschreiben soll. Dort ist teilweise schon vorangekreuzt, dass er u.a. mit der Durchsuchung und Durchsicht der Papiere/Datenträger einverstanden ist. Wenn er dies unterschreibt, kann er in der Regel nicht mehr gegen die Durchsuchung vorgehen, auch wenn diese rechtswidrig war. Auf jeden Fall erschwert er die Verteidigung dagegen erheblich. War die Durchsuchung rechtswidrig, können z.B. die gefundenen Dateien oder Betäubungsmittel evtl. nicht verwertet werden, wenn ein Beweisverwertungsverbot geltend gemacht wird. Wenn der Betroffene aber mit der Durchsuchung einverstanden war und auch die Durchsicht der Datenträger genehmigt, wird nahezu jeder Richter sagen, dass der Betroffene doch einverstanden war und ein Beweisverwertungsverbot ablehnen.

Gleichermaßen reduzieren sich die Chancen gegen eine rechtswidrige Durchsuchung vorzugehen, wenn z.B. die Betäubungsmittel freiwillig herausgegeben werden.

Wichtig ist zudem, während der Durchsuchung keinen Widerstand zu leisten, die Beamten nicht zu beleidigen und immer freundlich zu sein. Die Beamten vermerken in der Regel in ihrem Bericht, wie sich der Betroffene verhalten hat. Die Beamten werden oftmals auch vom Richter gefragt, ob der Beschuldigte kooperativ war, ob er von der Maßnahme überrascht war, wie er sich allgemein verhalten hat.
 
Allerdings hat es vor Gericht nur sehr wenig Bedeutung, wenn der Betroffene so extrem kooperativ war, dass er z.B. die Betäubungsmittel oder Festplatten und sämtliche PINs herausgegangen hat. Es reicht aus, wenn der Beschuldigte freundlich ist und die Beamten ihre Arbeit machen lässt.


Nicht freiwillig mit auf die Polizeidienststelle fahren.

Nach der Durchsuchung werden Betroffene gerne von der Polizei aufgefordert, mit auf die Polizeidienststelle zu fahren, damit diese als Beschuldigte vernommen werden können und um diese erkennungsdienstlich zu behandeln (Fingerabdrücke, Bilder, etc.). Zur Polizei muss der Beschuldigte nur mitfahren, wenn er vorläufig festgenommen ist. Ansonsten darf er zu Hause bleiben. Es ist für den Betroffenen von Vorteil, nicht mit auf die Wache zu fahren und sofort einen Anwalt zu konsultieren, sollte dies noch nicht geschehen sein.

Die erkennungsdienstliche Behandlung (ED-Behandlung) kann ebenfalls verweigert werden. Es ist allerdings schwierig, eine solche nicht durchzuführen, wenn der Betroffene sich bereits auf der Polizeidienststelle befindet. Mandanten haben mir erzählt, dass ihnen gesagt wurde, dass sie hier solange nicht rauskommen bis die ED-Behandlung durchgeführt ist. Fährt der Betroffene gar nicht erst mit auf die Dienstelle, verläuft die erkennungsdienstliche Behandlung meist im Sand. Es kann sein, dass die Polizei im Nachgang nochmals anruft, um einen Termin für die erkennungsdienstliche Maßnahme zu vereinbaren. Wenn unsere Mandanten dann auf uns verweisen, passiert meist nicht mehr viel. Nur in seltenen Fällen wird eine ED-Behandlung tatsächlich mit einem förmlichen Bescheid angeordnet.


Rechtliche Hinweise

Sämtliche Informationen in unseren Rechtstipps dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine Beratung durch einen Anwalt nicht ersetzen. Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Bereits durch kleine Änderungen beim Sachverhalt kann sich die rechtliche Einschätzung vollständig ändern. Außerdem ändert sich ggf. die Rechtslage, so dass die Inhalte u.U. veraltet sein können.

Wenn Sie konkreten Beratungsbedarf haben, kontaktieren Sie uns gerne. 

Rechtsanwaltskanzlei Dipl. Jur. Stefanie Lindner, Passau

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