Wohnungseigentum: BGH urteilt zu baulichen Maßnahmen und Kostenaufteilung nach Nutzen

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Dachfenster

Die Reform des Gesetzes über das Wohnungseigentum vor gut drei Jahren sollte nicht nur die Modernisierung innerhalb von Eigentümergemeinschaften erleichtern, sondern auch Blockaden abbauen. Zwei neue Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) setzen nun klare Signale: Wohnungseigentümer haben das Recht, bauliche Maßnahmen zur Barrierefreiheit durchzusetzen, selbst wenn die Gemeinschaft dagegen ist. Eine weitere Entscheidung des BGH betrifft die Kostenverteilung innerhalb von Eigentümergemeinschaften, wie am Beispiel eines Dachfenster-Austauschs verdeutlicht wird.

Fallbeispiel: Dachfenster-Austausch in München

Ein Eigentümer wehrte sich gegen die Kostenübernahme für den Austausch eines defekten Dachfensters in seinem im Dachgeschoss gelegenen Eigentum. Formal gehörte das Fenster zum Gemeinschaftseigentum, und bisher waren die Kosten von allen Eigentümern getragen worden. Die Gemeinschaft nutzte jedoch eine Neuregelung im Reformgesetz und beschloss im August 2021 den Austausch des Fensters auf Kosten des betroffenen Eigentümers, da er als Nutznießer der Sanierung galt.

Kostenverteilung: Abweichende Einzelfallbeschlüsse

Die Reform führte § 16 Abs. 2 WEG ein, der es Eigentümergemeinschaften erlaubt, "für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten" von den herkömmlichen Verteilungsmethoden abzuweichen. Dies ermöglicht es, durch Mehrheitsbeschlüsse die Verteilung der Kosten neu zu regeln. Im Fall des Dachfensters konnte die Gemeinschaft den Austausch beschließen und die Kosten dem betroffenen Eigentümer auferlegen.

Fallbeispiel: Klage für einen Aufzug in München

Die zweite Entscheidung des BGH betraf einen Fall, bei dem Wohnungseigentümer in ihrer Wohnanlage im dritten und vierten Obergeschoss vorsorglich einen Aufzug installieren lassen und sogar selbst finanzieren wollten. Die Wohnungseigentümergemeinschaft war dagegen. Obwohl die körperliche Behinderung der Eigentümer nicht vorlag, setzten sie sich vor Gericht durch. Der BGH berief sich dabei auf den neuen § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG, der bautechnische Maßnahmen zur Schaffung von Barrierefreiheit privilegiert. Wohnungseigentümer haben danach einen Anspruch auf Gestattung bestimmter baulicher Veränderungen. Dazu gehören Maßnahmen der Barrierefreiheit, des Ladens von E-Mobilen, des Einbruchsschutzes und des Anschlusses an das Glasfaserkabel.

Barrierefreiheit, Ladestationen und Digitalisierung im Fokus

Der Gesetzgeber hat mit der Reform ein "gesellschaftliches Interesse" an Inklusion, Energiewende und Digitalisierung zum Ausdruck gebracht, so der BGH. Barrierefreie Maßnahmen haben dabei grundsätzlich Vorrang, und die Eigentümergemeinschaft kann nur in Ausnahmefällen ihr Veto einlegen. Dies gilt auch für den Einbau von Ladestationen, den Einbruchsschutz und den Anschluss an digitale Netze mit hoher Kapazität.

Fazit: Mehr Klarheit und Herausforderungen für Wohnungseigentümer

Die Entscheidungen des BGH schaffen weiter Klarheit bezüglich der Kostenverteilung bei Modernisierungsmaßnahmen und privilegierter Baumaßnahmen. Die Einführung von § 16 Abs. 2 WEG eröffnet Eigentümergemeinschaften die Möglichkeit, mittels Mehrheitsbeschlüssen individuelle Kostenregelungen zu treffen. Diese Flexibilität bringt jedoch auch grundsätzliche Herausforderungen für die Wohnungseigentümer in Zukunft mit sich. Darüber hinaus wird die Abwägung zwischen individuellen Bedürfnissen und dem gesellschaftlichen Interesse an Inklusion und Fortschritt in Zukunft eine noch wichtigere Rolle in der Entscheidungsfindung von Wohnungseigentümergemeinschaften spielen.


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