Zeugenbeistand im Strafverfahren? Witness counselor in criminal law proceedings?

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Zeugenbeistand im Strafverfahren?

Neben der Person des/der Beschuldigten gibt es im Strafverfahren auch die Person des Zeugen, der meist mittels einer Zeugenanhörung (schriftliches Dokument) durch die Polizei zur Angabe von Informationen zu einem Sachverhalt, also zu einer Aussage aufgefordert wird. Dies erfolgt meistens im sehr frühen Stadium des Ermittlungsverfahrens durch die Polizei, kann jedoch auch durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht erfolgen. 

Zunächst ist wichtig zu wissen, dass der Zeuge eines von vier Beweismitteln darstellt, auf die im Strafverfahren zurückgegriffen werden kann. Zeuge i.S.d. §§ 48 ff. StPO ist eine Person, die in einer nicht gegen sie selbst gerichteten Strafsache ihre Wahrnehmung über Tatsachen durch Aussage kundgeben soll. Zeugnisfähig ist dabei grundsätzlich jeder lebende Mensch, unabhängig vom Alter und Geisteszustand. In einem Strafverfahren sind Zeugen ein wichtiges Beweismittel. Deshalb besteht die Beweisaufnahme vor dem Strafgericht überwiegend aus der Vernehmung von Zeugen. Der Zeuge hat vor allem eine Erscheinungspflicht, §§ 48, 51,161a Abs. 1 S. 1 StPO, eine Aussage- und Wahrheitspflicht, §§ 153 ff. StGB sowie unter gewissen Voraussetzungen eine Eidespflicht, § 59 Abs. 1 S. 1 StPO. Nach der aktuell noch geltenden Rechtslage ist es so, dass der Zeuge einer Vorladung der Polizei nicht folgen muss und somit gegenüber der Polizei auch nicht zu einer Aussage verpflichtet ist. Er kann und sollte aber nicht unentschuldigt oder unbeantwortet fernbleiben, da sodann in aller Regel die Vorladung durch die Staatsanwaltschaft bzw. des Ermittlungsrichters erfolgt und der Zeuge dieser dann stets Folge leisten muss, dies kann durch staatlichen Zwang durchgesetzt werden. 

Durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens sind einige Gesetzesänderungen der Strafprozessordnung geplant, die u.a. auch die Erscheinungspflicht der Zeugen betreffen. Dazu heißt es in § 163 Abs. 3 StPO-E: „Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt.“ Somit werden Zeugen künftig verpflichtet sein, bereits polizeilichen Vorladungen zur Zeugenvernehmung Folge zu leisten, sofern sie sich nicht der Gefahr der Verhängung eines Ordnungsgeldes oder gar der Verhängung von Ordnungshaft bzw. der zwangsweisen Vorführung ausgesetzt sehen wollen. Dass die Verlagerung der Zeugenvernehmung damit von den Staatsanwaltschaften bzw. den Ermittlungsrichtern hin zu den Polizei erfolgt, birgt in jedem Fall für den „gefährdeten Zeugen“ (so bezeichnet man einen Zeugen, der Gefahr läuft, vom Zeugen zum Beschuldigten zu werden), als auch für einen „ungefährdeten Zeugen“ (ein Zeuge, dem unter keinen Gesichtspunkt eine Strafverfolgung droht) ein nicht zu unterschätzendes Risiko und eine gewisse Gefahr.

Immer wieder stellt sich daher die Frage, ob der Zeuge daher bereits, wenn er eine Zeugenladung erhalten hat, sich an einen Anwalt (Strafverteidiger) wenden soll. Der Zeuge hat einerseits unter gewissen Voraussetzungen Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte (§§ 52 ff. StPO) sowie auch das wichtige Recht auf einen Rechtsbeistand. (Zeugenbeistand). Die Zeugnisverweigerungsrechte können insofern unterschieden werden, als dass § 52 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund naher Verbundenheit mit dem Beschuldigten (Verwandtschaft, Verlöbnis, etc.) gewährt, wohingegen sich die Zeugnisverweigerungsrechte der §§ 53, 53a StPO auf Zeugen beziehen, denen aus beruflichen Gründen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht (z.B. Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, etc.).

Das Zeugnisverweigerungsrecht führt dann dazu, dass der Zeuge überhaupt keine Aussage zu machen braucht. Gem. § 55 StPO beinhaltet das Recht eines Zeugen, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, mit denen er sich selbst oder einen nahen Angehörigen der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen würde. Im Gegensatz zum (vollumfänglichen) Zeugnisverweigerungsrecht, gewährt das Auskunftsverweigerungsrecht dem Zeugen nur die Möglichkeit auf einzelne Fragen die Auskunft zu verweigern. 

Ferner hat der Zeuge das Recht auf einen Rechtsbeistand, genauer: den sog. Zeugenbeistand. Das bedeutet jeder Zeuge kann grundsätzlich zu seiner Vernehmung einen Rechtsanwalt seines Vertrauens als Rechtsbeistand beizuziehen, der ihn begleitet und schriftlich verteidigt. Darüber hinaus gibt es für einige Zeugen gemäß § 68b StPO die Möglichkeit, sich einen Zeugenbeistand auf Staatskosten beiordnen zu lassen. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen der fakultativen Beiordnung i.S. d. § 68b Satz 1 StPO und der obligatorischen i.S. d. § 68b Satz 2 StPO. Davon unabhängig ist die Hinzuziehung eines Zeugenbeistands ist also immer dann sinnvoll, wenn der Zeuge Gefahr läuft, sich durch seine Aussage selbst zu belasten. Aber auch bei Vorliegen eines Zeugnisverweigerungsrechtes ist es sinnvoll, sich von einem Rechtsanwalt vertreten oder zumindest beraten zu lassen. Denn allzu schnell kann der Zeuge  - zu Unrecht - zum Status des Beschuldigten werden. Die Wahrung der Rechte des Zeugen ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Da der Zeuge ist in einer Vernehmungssituation einer ungewohnten Rolle und Erwartungshaltung ausgesetzt ist, kann dieser meist nicht abschätzen, welche Rechte ihm in dieser Position überhaupt zustehen, geschweige denn, wie er sie gegenüber den Ermittlungsbehörden durchsetzen soll. Zudem droht permanent und zu jeder Zeit des Verfahrens die Gefahr, sich durch unbedachte Äußerungen dem Risiko einer Selbstbelastung mit teilweise weitreichenden Folgen leichtfertig auszusetzen.


English version:

Witness defense in criminal proceedings? 

In addition to the person of the accused in criminal proceedings there is also the person of the witness who is usually requested by the police to provide information on a matter, i.e. to give a statement by means of a witness hearing (written document). This is usually done at a very early stage of the investigation by the police, but it can also be done by the public prosecutor or the court. 

First of all, it's important to know that the witness is one of four pieces of evidence that can be used in criminal proceedings. Witness within the meaning of §§ 48 ff. StPO is a person who is supposed to make known his perception of facts by testifying in a criminal case not directed against himself. In principle, every living person is capable of giving evidence regardless of age and state of mind. In a criminal case, witnesses are an important piece of evidence. Therefore the taking of evidence before the criminal court mainly consists of the questioning of witnesses. Above all, the witness has an obligation to appear, §§ 48, 51.161a para. 1 sentence 1 StPO, a statement and truthfulness obligation, §§ 153 ff. StGB and, under certain conditions, an oath, § 59 para. 1 sentence 1 StPO . According to the current legal situation, the witness does not have to follow a summons from the police and is therefore not obliged to testify to the police. He cannot and should not stay away without excuse or unanswered since the public prosecutor's office or the investigating judge then usually submits the summons and the witness must then always obey, this can be enforced by state coercion. 

Due to the law on the more effective practice of criminal proceedings some changes to the law of the criminal procedure code are planned, which, among other things also affect the duty of witnesses to appear. In addition it says in § 163 Abs. 3 StPO-E: "Witnesses are obliged to appear before investigators of the public prosecutor's office when summoned and to testify on the matter if the summons is based on an order of the public prosecutor's office." obey police summons to question witnesses, provided they do not want to be exposed to the risk of imposition of a fine or even the imposition of custody or of being forced to be shown. The fact that the hearing of witnesses is shifted from the public prosecutor's offices or the investigating judges to the police in any case holds for the "endangered witness" (this is how a witness is called who runs the risk of becoming a witness to the accused) as well for a "safe witness" (a witness who is not threatened with criminal prosecution under any circumstances) a risk that should not be underestimated and a certain danger at any time. 

The question arises over and over again whether the witness should turn to a lawyer (criminal defense attorney) when he has received a witness summons. On the one hand, the witness has under certain conditions the right to testify and refuse to provide information (Sections 52 ff. StPO) as well as the important right to be represented by a legal counsel. (Witness counsel). The rights to refuse to testify can be differentiated insofar as § 52 StPO grants a right to refuse to testify due to close ties to the accused (relationship, engagement, etc.), whereas the rights to refuse to testify in §§ 53, 53a StPO relate to witnesses who join for professional reasons Has the right to refuse to testify (e.g. doctors, lawyers, psychologists, etc.). 

The right to refuse to testify then means that the witness does not have to make any statement at all. According to § 55 StPO includes the right of a witness to refuse to provide information on questions that would expose himself or a close relative to the danger of criminal prosecution. In contrast to the (full) right to refuse to give evidence, the right to refuse to provide information only allows the witness to refuse to provide information on individual questions. 

Furthermore, the witness has the right to legal counsel, more precisely: the so-called witness counsel. This means that every witness can in principle call in a lawyer they trust as legal counsel for their questioning, who will accompany them and defend them (in writing and in person). In addition, some witnesses have the option, in accordance with Section 68b of the Code of Criminal Procedure, to have a witness appointed at state expense. The law differentiates between the optional assignment of Section 68b sentence 1 StPO and the mandatory of Section 68b sentence 2 StPO. Independent of this calling in a witness counsil is always useful when the witness runs the risk of incriminating himself through his testimony. But even if you have the right to refuse to testify, it makes sense to be represented or at least advised by a lawyer. Because the witness can all too quickly - wrongly - become the status of the accused. The preservation of the rights of the witness is not to be underestimated. Since the witness is exposed to an unfamiliar role and expectations in an interrogation situation he usually cannot assess what rights he is entitled to in this position, being let alone how he should enforce them against the investigating authorities. In addition, there is a permanent risk of carelessly exposing oneself to the risk of self-incriminations with sometimes far-reaching consequences through careless statements.


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