Zivilprozessordnung - Leicht gemacht!

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In diesem Artikel werden die Streitverkündung und die einstweilige Verfügung besprochen.

1. Streitverkündung

Die Streitverkündung dient dem Zweck, einen Dritten in den Prozess mit einzubeziehen, der nicht Prozesspartei ist. Grundsätzlich wirkt das Prozessrechtsverhältnis nur zwischen Kläger und Beklagten. Ein Dritter ist nicht Prozesspartei. Der klassische Fall der Streitverkündung im Baurecht betrifft den Sachverhalt, dass der Auftraggeber Schadensersatzansprüche gegen den Auftragnehmer prozessrechtlich geltend macht, da wesentliche Mängel vorliegen. Der Auftragnehmer hat die Leistungen fremdvergeben und diese Mängel nicht selbst verursacht, sondern einen Nachunternehmer zur Vertragserfüllung eingeschaltet, der für die Mängel verantwortlich ist. Der Auftragnehmer ist bestrebt, dass die in dem Prozess mit dem Auftraggeber getroffenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen auch gegenüber dem Nachunternehmer gelten, so dass er diesen in Regress nehmen kann. Das Rechtsinstitut der Streitverkündung dient dazu, einen Dritten, hier den Nachunternehmer in den Prozess zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer einzubeziehen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass ein in dem Prozessverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ergangenes Urteil auch unmittelbar gegenüber dem Nachunternehmer wirkt. Vielmehr ist es so, dass diese tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen im Urteil erst in einem Nachfolgeprozess wirken, den der Auftragnehmer gegenüber seinem Nachunternehmer anstrengen muss. Deshalb ist es so, dass der Aufragnehmer für Schadensersatzansprüche gegenüber dem Aufraggeber haftet, wenn die Mängel durch Urteil festgestellt wurden. Der Aufragnehmer bleibt allein in der Pflicht, diesen Schadensersatz an den Aufraggeber zu zahlen.

Durch das Urteil im Prozessrechtsverhältnis Auftraggeber zum Auftragnehmer hat er keinen automatischen Anspruch gegenüber dem Nachunternehmer auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen des Auftraggebers bzw. Zahlung von Schadensersatzansprüchen an den Auftraggeber. Das Prozessrechtsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer bewirkt damit nicht, dass der Auftragnehmer ein vollstreckbares Urteil auch automatisch gegenüber dem Nachunternehmer erwirkt. Vielmehr ist es so, dass die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Erstprozesses auch für den Nachfolgeprozess gelten. Der Auftragnehmer muss nunmehr gegenüber dem Nachunternehmer einen Prozess anstrengen. Erst in diesem Prozessrechtsverhältnis zwischen Auftragnehmer und Nachunternehmer kann der Auftragnehmer ein vollstreckbares Urteil gegenüber dem Nachunternehmer erwirken. Dies wird in der Baupraxis meist verkannt, da vielfach die Vorstellung besteht, dass man als Auftragnehmer sofort einen Direktanspruch gegen den Nachunternehmer durch gerichtliches Urteil im Erstprozess erhält.

Die Streitverkündung findet nicht nur in einem Hauptsacheverfahren Anwendung, sondern ist auch in einem selbständigen Beweisverfahren zulässig. Für die Streitverkündung ist eine schriftliche Erklärung des Streitverkünders (Auftragnehmer) an den Streitverkündungsempfänger (Nachunternehmer) notwendig. Hierbei sind bestimmte Formalien einzuhalten. Diese Formalien dienen der prozessualen Klarheit und dem Schutz des Streitverkündungsempfängers. Werden diese Formalien nicht eingehalten, kann dies zur Unzulässigkeit der Streitverkündung führen.

Sinn und Zweck der Streitverkündung ist damit zunächst die Bindungswirkung der getroffenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen aus einem Erstprozess für den Nachfolgeprozess. Damit soll verhindert werden, dass in einem Nachfolgeprozess wiederum betreffend des gleichen Streitgegenstands nochmals Feststellungen getroffen werden müsssen. Zudem soll verhindert werden, dass es zu abweichenden Ergebnissen bei gleichem Streitgegenstand zwischen Erstprozess und Nachfolgeprozess kommt. Weiter hat die Streitverkündung verjährungsunterbrechende Wirkung.

Bei Streitverkündung hat nunmehr der Nachunternehmer als Streitverkündungsempfänger die Möglichkeit, dem Rechtsstreit beizutreten oder nicht beizutreten. Der Streitverkündungsempfänger ist nicht verpflichtet, dem Rechtsstreit beizutreten.

Jedoch muss dem Streitverkündungsempfänger, also hier dem Nachunternehmer klar sein, dass die Bindungswirkung aus dem Erstprozess in einem Nachfolgeprozess auch dann gilt, wenn er dem Rechtsstreit nicht beigetreten ist. Grundsätzlich bietet sich ein Streitbeitritt an, um seine Rechtsposition bereits in dem Erstprozess zu sichern. Der Streitverkündungsempfänger ist Gehilfe einer Partei, um Ansprüche des Prozessgegners abzuwehren. Bei Streitbeitritt kann der Streitverkündungsempfänger wählen, welcher Prozesspartei er beitritt. Er ist nicht verpflichtet, der Prozesspartei beizutreten, die ihm den Streit verkündet hat.

Bei der Streitverkündung stehen taktische Überlegungen im Vordergrund. In vielen Fällen wird die Streitverkündung geboten sein, um einen möglichen Anspruch des Streitverkünders (Auftragnehmer) gegen den Streitverkündungsempfänger (Nachunternehmer) prozessual optimal vorzubereiten. Das Kostenrisiko ist in diesem Zusammenhang gering. Tritt der Streitverkündungsempfänger nicht bei, entstehen keine zusätzlichen Kosten. Tritt der Streitverkündungsempfänger auf Seiten des Streitverkünders bei, hat er im Falle des Unterliegens seine Kosten selbst zu tragen. Im Falle des Obsiegens trägt der Gegner die Kosten des Streitverkündungsempfängers. Anders ist es nur, wenn der Streitverkündungsempfänger dem Gegner beitritt, weil dann im Falle des Unterliegens des Streitverkünders auch die Kosten des Streitverkündungsempfängers zu tragen sind.

Die Streitverkündung muss somit gut überlegt sein, um seine Rechte sowohl als Streitverkünder als auch Streitverkündungsempfänger in einem Nachfolgeprozess zu wahren.

2. Einstweilige Verfügung

Bedeutung hat die einstweilige Verfügung in Bausachen in erster Linie bei Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek gemäß § 648 BGB a.F., jetzt § 650 e BGB erlangt. In diesem einstweiligen Verfügungsverfahren wird beantragt, eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs gemäß § 885 BGB einzutragen. Über eine einstweilige Verfügung wird in einem gerichtlichen Eilverfahren entschieden. Mit einer Entscheidung des Gerichts ist binnen 24 Stunden zu rechnen. Es wäre begrüßenswert, wenn diese einstweilige Verfügung auch zur Durchsetzung von Werklohnansprüchen eingesetzt werden könnte. Dies war seinerzeit im Zusammenhang mit dem Bauforderungssicherungsgesetz in der Diskussion. Jedoch ist der Gesetzgeber dem Vorschlag des Baugerichtstages, der sich aus Richtern, Rechtsanwälten und Interessengruppen der Bauindustrie zusammensetzt, nicht gefolgt. Es ist allein in der Hand des Gesetzgebers, hier die notwendigen Grundlagen für eine Gesetzesänderung der Zivilprozessordnung zu schaffen. Dies wäre ohne Weiteres möglich, wenn der Wille des Gesetzgebers hierzu vorhanden wäre. Deshalb beschränkt sich die einstweilige Verfügung in Bausachen nur auf wenige Anwendungsfälle, wie die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek, die Herausgabe von Planunterlagen, die Duldung des Zutritts zur Bausstelle, Baustellenverbot nach Kündigung, Duldung von Baumaßnahmen durch den Nachbarn oder dem Unterlassen urheberrechtlich relevanter Eingriffe. Der bedeutsamste Fall einer einstweiligen Verfügung in Bausachen ist jedoch die Eintragung einer Vormerkung einer Bauhandwerkersicherungshypothek.

Hierbei muss man sich vergegenwärtigen, dass man seinen Werklohnanspruch nur sichert, jedoch durch dieses Verfahren seinen Werklohnanspruch nicht realisieren kann. Jedoch ist die Eintragung einer Vormerkung ein probates Mittel, um Druck auf den Auftraggeber auszuüben. Dies kann ich aus meiner eigenen Erfahrung berichten.

Werklohnansprüche für bereits erbrachte Bauleistungen sind sicherungsfähig. Voraussetzung ist, dass der Antragsgegner Eigentümer eines Grundstücks und Auftraggeber der Werkleistungen ist. Über die einstweilige Verfügung kommt der Aufragnehmer als Anspruchsteller in das Grundbuch und wird mit einer Vormerkung eingetragen. Diese Vormerkung in einem Grundbuch ist ein Warnhinweis für jeden Dritten, dass zu Gunsten des Vormerkungsberechtigten Rechte bestehen.

Fremdfinanzierte Grundstücke sind häufig bis zur wirtschaftlichen Höchstgrenze belastet, so dass bei einer Zwangsversteigerung mit einem Ausfall zu rechnen ist. Es sollte jedoch bedacht werden, dass die Eintragung einer Vormerkung an aussichtsloser Stelle im Grundbuch wirtschaftlich für den Fall bedeutsam wird, dass der Auftraggeber oder aber auch seine Gläubiger (Bank) das Grundstück zum Zwecke der Verwertung veräußern wollen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Bank das Grundstück verwerten will, da der Schuldner seinen Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag nicht nachkommt. Hier sitzt der Auftragnehmer mit am Tisch und hat eine starke Position, da ansonsten die Bank ein solches Grundstück an Dritte nicht verkauft bekommt. In diesen Fällen ist die Eintragung ein ganz erhebliches Druckmittel für die Durchsetzung der berechtigten Werklohnforderungen. Außerdem kann der Auftragnehmer nach Eintragung der Sicherungshypothek selbst die Zwangsvollstreckung betreiben, was häufig durch Abstandszahlungen vermieden wird. Wenn das Grundstück noch nicht voll belastet ist, wirkt die Sicherung natürlich noch besser. Im Insolvenzverfahren hat der Anspruchsteller einer eingetragenen Sicherungshypothek ein Recht auf abgesonderte Befriedigung nach § 49 InsO und braucht sich nicht wie normale Schuldner in die Schlange der Massegläubiger einreihen. Vielmehr kann er bei Werthaltigkeit des Grundstücks im Insolvenzfalle seinen vollen Anspruch realisieren und braucht sich nicht mit einer geringen Massequote zufrieden geben. Bevor ein solches einstweiliges Verfügungsverfahren angestrengt wird, sollte durch Grundbuchauszug festgestellt werden, inwieweit das Grundstück belastet ist. Erst nach Sichtung des Grundbuchauszugs können die Chancen und Risiken der Eintragung einer Sicherungshypothek durch einstweilige Verfügung ermittelt werden.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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