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Zölle nach dem Brexit – womit müssen Unternehmen rechnen?

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Die Zeit rennt. Am 29. März 2019 verlässt Großbritannien die EU! Aber wie? Das ist knapp 200 Tage vor dem Stichtag noch immer offen. Ohne eine Vereinbarung mit der EU kommt der harte Brexit. Doch selbst bei einer Vereinbarung ist das Ende einer Zollunion mit der EU wie bisher absehbar. Worauf müssen sich Unternehmen einstellen?

Freihandel ja, aber …

Der Kurs der britischen Premierministerin Theresa May ist klar. Sie möchte nach dem Ausscheiden weiterhin einen möglichst freien Waren- und Dienstleistungsverkehr für ihr Land mit der EU. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit will sie dagegen beschränken. Schließlich war weniger Migration ausschlaggebend für das „Yes“ zum Brexit-Votum. Mitte Juli 2018 verabschiedete das britische Unterhaus zudem die Customs Bill. Signal des Gesetzes an die EU: keine Zölle gegenüber EU-Staaten, wenn gegenüber Großbritannien keine EU-Zölle erhoben werden. Erst muss das Gesetz aber noch durchs britische Oberhaus. Eine Mitgliedschaft in der Zollunion hat May dagegen ausgeschlossen. Als Nicht-EU-Land wird Großbritannien die Europäische Zollunion ohnehin verlassen müssen.

Kein Rosinenpicken erwünscht

Die EU will nämlich kein Rosinenpicken. Ihre Devise lautet: ohne EU-Mitgliedschaft keine vollwertigen EU-Vorteile. Sonst drohe ein verzerrter Wettbewerb auf dem Binnenmarkt. Selbst einer EWR-Mitgliedschaft Großbritanniens stünde das nur teilweise Bekenntnis der britischen Regierung zu den Marktfreiheiten entgegen. Kein Abkommen ist jedoch auch für die EU keine Lösung. Der erste EU-Austritt eines Landes ist ein Präzedenzfall mit Signalwirkung für andere EU-Länder.

Weitreichend wirtschaftlich verflochten

Vor allem ist Großbritannien ein bedeutender Handelspartner vieler EU-Staaten – für Deutschland ist Großbritannien mit Exporten im Wert von 84 Milliarden Euro im vergangen Jahr der fünftwichtigste Export-Handelspartner. Der Wert der Importe nach Deutschland betrug im selben Zeitraum 37 Milliarden Euro. Rund 2200 deutsche Unternehmen mit 412.000 Mitarbeitern sind auf der Insel aktiv.

Zollregeln als Vertragsinhalt

Wozu Zölle führen, ist jedem nicht erst seit Donald Trump bekannt. Sie bringen Grenzkontrollen, Einfuhr- und Ausfuhrbestimmungen und Zollbürokratie mit sich. Unternehmen müssen in ihren Verträgen wieder ausführliche Regeln zu Zollfragen aufnehmen. Dieser Mehraufwand treibt die Preise zusätzlich zum eigentlichen Zoll in die Höhe. Die Wirtschaft verliert – auf beiden Seiten. Auch die EU möchte kein solches Szenario.

Ende der Zollunion

Derzeit ist davon auszugehen, dass der Warenverkehr ohne Zölle, vergleichbare Abgaben und Grenzkontrollen endet – spätestens nach einer Übergangsphase. Ob diese nach aktuellem Stand bis Ende 2020 dauert oder doch noch verlängert wird, ist offen. Entscheidend ist insbesondere die Antwort auf die umstrittene Frage von Grenzkontrollen zwischen dem EU-Land Irland und dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland. Langfristig wird die Zollunion bei der derzeitigen Entwicklung enden.

WTO-Regeln ohne Einigung 

Kommt es zu keiner Einigung, gelten zumindest die Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Denn Großbritannien bleibt aller Voraussicht nach WTO-Mitglied, die EU ebenso. Ohne ein Abkommen fällt das Verhältnis allerdings auf ein Niveau zurück wie mit anderen WTO-Ländern. Die gegenseitigen Handelsbeziehungen wären danach nur sehr rudimentär geregelt. Das wird voraussichtlich weder der EU noch dem Vereinigten Königreich genügen.

Verhandlungsende Mitte November

Spätestens bis Mitte November sollen die Verhandlungen beendet sein. Anschließend muss die danach getroffene Vereinbarung bis Ende März 2019 durch das britische Parlament sowie durch das EU-Parlament. Nach derzeitigem Stand ist eine Vereinbarung ungewiss. Langfristig ist jedoch mit einem Abkommen zu rechnen, das möglichst keine oder nur geringe Zölle und nicht tarifäre Handelshemmnisse vorsieht.


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