§ 184b StGB - Strafverteidigung beim Tatvorwurf Kinderpornografie

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Strafverfahren wegen des Tatvorwurfs Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie gem. § 184b StGB bzw. Besitz und Verbreitung von Jugendpornografie gem. § 184c StGB nehmen nach Auffassung des Autors, welcher in diesem Deliktsbereich Mandanten aus dem gesamten Bundesgebiet vertritt, auch innerhalb des strafrechtlichen Gefüges eine Sonderstellung ein. Dies zeigt die jahrelange Erfahrung bei der Verteidigung im Sexualstrafrecht und insbesondere im Bereich des § 184b StGB immer wieder aufs Neue.

Es ist zunächst so, dass in faktischer Hinsicht bei fast keinem anderen Delikt schon der Tatvorwurf an sich – unabhängig davon, ob zutreffend erhoben oder nicht – eine derart stigmatisierende Wirkung entfaltet. Neben den eigentlichen juristischen Konsequenzen können daher im Einzelfall auch ganz erhebliche Auswirkungen im beruflichen, familiären oder sozialen Bereich drohen. Absolute Diskretion bei der Strafverteidigung wegen Kinderpornografie ist daher eine der Grundvoraussetzungen.

Weiterhin ist es so, dass gerade die Strafnorm des § 184b StGB, welche die Strafbarkeit von Besitz- und Verbreitung von Kinderpornografie regelt, in den letzten Jahren massiv verschärft worden ist. Während noch im Jahr 2014 vom Gesetzgeber für den Besitz von kinderpornografischem Material ein Strafrahmen von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafen von 2 Jahren normiert wurde, ist selbiger in mehreren Stufen nunmehr auf eine gesetzliche Mindeststrafe von 1 Jahr Freiheitsstrafe angehoben worden, was natürlich ganz erhebliche Auswirkungen auf der Rechtsfolgenseite haben kann.

Der Autor ist bereits in zahlreichen Fachbeiträgen in diesem Forum und auf seiner Homepage auf erfahrungsgemäß immer wieder auftretende Fragestellungen/FAQ eingegangen, welche im Bereich der bundesweiten Strafverteidigung bei Kinderpornografie auftreten.

Nachfolgend einige aktuelle Fragestellungen:

1. Ermittlungsverfahren Kinderpornografie – Was ist das NCMEC?

Beim sogenannten NCMEC, welches bei Strafverfahren wegen Kinderpornografie immer wieder eine Rolle spielt, handelt es sich um das National Center for Missing & Exploited Children. Dies ist eine Organisation in den USA, welche dort in erster Linie vom Justizministerium finanziert wird und letztlich weltweit die Ermittlungsbehörden bei der Verfolgung und Verhinderung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch unterstützt. Soweit es den Bereich der Kinderpornografie bzw. Jungendpornografie betrifft, sind USA amerikanische Provider verpflichtet, dort bekannt gewordene strafrechtlich relevante Sachverhalte an das NCMEC zu melden. Die dort gesammelten Hinweise werden sodann in sogenannten Cyber Tipline Reports gesammelt, auf die das deutsche BKA Zugriff hat.

Über diesen Informationsaustausch werden häuft konkrete Hinweise auf Straftaten im Zusammenhang mit § 184b StGB bzw. § 184c StGB gegeben, welche dann von den örtlichen Ermittlungsbehörden in eigener Zuständigkeit verfolgt werden.

Dies ist letztlich auch der Hintergrund, weshalb in vielen Durchsuchungsbeschlüssen häufig Ausführungen zu Hinweisen aus den USA bzw. auf das NCMEC enthalten sind.

2. Durchsuchung wegen Kinderpornografie – Wie kommt es zur Durchsuchung?

Strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen dem Tatvorwurf Kinderpornografie können natürlich auf unterschiedlichstem Weg ausgelöst werden. Theoretisch denkbar sind natürlich auch gezielte Anzeigen durch Personen aus dem privaten Umfeld oder durch IT-Techniker, welche etwa im Rahmen der Reparatur von Speichermedien entsprechende Feststellungen gemacht haben. Dies ist in der Praxis allerdings eher die Ausnahme. Der ganz überwiegende Anteil der Ermittlungsverfahren beruht letztlich auf gezielten Mitteilunge, etwa seitens des bereits erwähnten NCMEC oder aber auf Überwachungen bzw. Recherchen der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamts in Tauschbörsen oder dem Darknet.

Sofern dort Hinweise gefunden werden, welche den konkreten Anfangsverdacht einer Straftat begründen, wird von der Staatsanwaltschaft ein Durchsuchungsbeschluss beim zuständigen Amtsgericht beantragt, welcher zumeist erlassen und auch vollzogen wird.

Dies führt dazu, dass bei Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornografie der Beschuldigte häufig erstmals im Rahmen einer Durchsuchung mit dem Tatvorwurf konfrontiert wird. Die Durchsuchung selbst erfolgt meist früh morgens von Kriminalbeamten in Zivil, wobei dann die entsprechenden Speichermedien sichergestellt und ausgewertet werden.

Bereits an dieser Stelle sollte Kontakt mit einem geeigneten Strafverteidiger aufgenommen werden, um die notwendigen Weichenstellungen für eine effektive Strafverteidigung im Bereich des § 184b StGB vorzunehmen. Fehler im Ermittlungsverfahren können häufig nur schwer und im ungünstigsten Fall überhaupt nicht korrigiert werden. Eine qualifizierte Einzelfallberatung erscheint daher äußerst sinnvoll. Selbige kann auch nicht wirklich durch allgemeine Ausführungen im Internet ersetzt werden.

3. Wie lange dauert die Auswertung?

Mitunter geben die Kriminalbeamten bereits bei der Durchsuchung von sich aus an, dass die Auswertung „mehrere Monate“ beanspruche wird. Diese Größenordnung ist statistisch gesehen sicher richtig, kann im Einzelfall aber auch durchaus länger oder kürzer sein. Auch diesbezüglich sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend. Hierbei spielt etwa auch eine Rolle, ob die Auswertung durch die entsprechenden Fachdezernate der Polizei übernommen wird oder ob ein externer Sachverständiger von den Ermittlungsbehörden beauftragt wird. Der Autor weiß aus seiner Erfahrung in der bundesweiten Strafverteidigung, dass es durchaus erhebliche Unterschiede bei der Auswertequalität gibt. Dies betrifft nicht nur die „Tiefe der Auswertung“, sondern durchaus auch die Frage, welche Kosten für die Auswertung letztlich anfallen. Auch an dieser Stelle sollte zeitnah mit dem Beschuldigten geklärt werden, ob es im jeweiligen Einzelfall sinnvoll ist, auf eine Beschleunigung der Auswertung hinzuwirken oder ob ggf. das Gegenteil aus taktischen Gründen der bessere Weg ist.

4. § 184b StGB – Kann man auch unschuldig in Verdacht geraten?

Definitiv ja! Zunächst muss man grundsätzlich feststellen, dass sich die Qualität der Ermittlungen, auch wegen der verbesserten technischen Möglichkeiten und wegen des größeren Informationsaustauschs untereinander bzw. mit Behörden im Ausland in den letzten Jahren sehr deutlich verbessert hat. In vielen Fällen, bei welchen es zu einer Durchsuchung wegen Kinderpornografie kommt, wird bei der Auswertung „auch etwas gefunden“. Gleichwohl kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass Beschuldigte zu Unrecht mit diesem Tatvorwurf konfrontiert werden. Dies ist deshalb besonders schlimm, da eben schon der Vorwurf für sich genommen erhebliche Konsequenzen haben kann, wenn selbiger öffentlich wird. Denkbar für die unberechtigte Konfrontation mit diesem Tatvorwurf können etwa Fehler bei der Zuordnung der IP-Adresse oder die Benutzung des Speichermediums durch eine andere Person sein. Auch Fehler bei der Klassifizierung des Bildes/Videos, welches letztlich zur Durchsuchung geführt hat, wurden vom Autor im Rahmen der Strafverteidigung schon erlebt. Ein Sonderproblem kann in diesem Zusammenhang der Erhalt von verbotenen Inhalten über sogenannten WhatsApp-Gruppen darstellen. Dies ist im Einzelfall insbesondere dann problematisch, wenn neben einer großen Anzahl von legalen Inhalten einzelne verbotene Inhalte unaufgefordert und auch gegen den Willen des Beschuldigten versandt wurden.

5. Besitz und Konsum von Kinderpornografie – Was sind die Ursachen?

Der Autor vertritt seit Jahren Mandanten im Sexualstrafrecht und insbesondere auch im Bereich des § 184b StGB im gesamten Bundesgebiet. Hierbei wurden naturgemäß nicht nur Unschuldige vertreten, sondern auch Menschen, welche recht eindeutig die entsprechenden Inhalte konsumiert und besessen bzw. verbreitet haben. Die Ursachen hierfür sind nach Meinung des Autors durchaus unterschiedlich. Jedenfalls ist ihm an dieser Stelle „nichts fremd“. Betrachtet man den Begriff der Pädophilie, liegt dieser gemäß ICD-10 nur dann vor, wenn eine sexuelle Präferenz für Kinder, welche sich meist bereits in der Vorpubertät entwickeln, besteht. Mag man auch reflexartig beim Tatvorwurf § 184b StGB an eine sogenannte pädophile Hauptströmung denken, liegt selbige jedenfalls aus medizinischer Sicht häufig nicht vor – was freilich nichts an der Strafbarkeit ändert! Denkbar sind neben sogenannten pädophilen Nebenströmungen, welche in der Strafverteidigungspraxis immer wieder anzutreffen sind, auch Ursachen wie das Ausleben von Machtfantasien, die Angst vor Sexualität mit Erwachsenen, mangelnde Empathie im Hinblick auf Kinder oder die Suche nach einem „Kick“. Innerhalb der Frage nach den Ursachen können auch Fallkonstellationen der „Sammelwut“ eine weitere Sonderstellung einnehmen. Dem Autor sind aufgrund der eigenen beruflichen Tätigkeit Fallkonstellationen bekannt, bei denen im Einzelfall hunderttausende von Bildern/Videos gefunden wurden und es auch zur Überschreitung der Grenze von einer Millionen Bildern kam. Ein Umfang, welcher schon wegen der Datenmenge überhaupt nicht mehr „konsumiert“ werden kann.

Je nach Fallgestaltung kann es daher hilfreich sein, ergänzend professionelle therapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

6. Anwalt Kinderpornografie – Welche Informationen benötigt der Strafverteidiger?

Im Nachgang zur Durchsuchung wegen Kinderpornografie empfiehlt es sich, Kontakt mit einem Strafverteidiger in diesem Fachbereich aufzunehmen. In einem ersten Schritt ist es hierbei für den Strafverteidiger wichtig zu wissen, wann und in welchem Ort die Durchsuchung stattgefunden hat, damit eine möglichst schnelle Kontaktaufnahme zur Kriminalpolizei und zur Staatsanwaltschaft stattfinden kann. In aller Regel werden dem Beschuldigten bei der Durchsuchung ein Durchsuchungsbeschluss, ein Sicherstellungsprotokoll sowie ggf. Visitenkarten der Kriminalbeamten ausgehändigt. Auf selbigen befinden sich dann die Ansprechpartner der Kriminalpolizei sowie das Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft bzw. der Polizei und des Gerichts. Soweit diese Dokumente in der Hektik der Durchsuchung verlegt worden sein sollten, kann der Anwalt selbstverständlich auch telefonisch die notwendigen Daten in Erfahrung bringen. Der detaillierte Ablauf des Verfahrens sollte sodann individuell und zeitnah mit dem Mandanten erörtert werden. Die Mandatierung eines ortsansässigen Rechtsanwalts ist nicht notwendig. Gerade durch die modernen Telekommunikationsmöglichkeiten wird eine bundesweite Strafverteidigung weiter vereinfacht.


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