5 Scheidungsgesetze, die (fast) niemand will, und warum es sie doch gibt

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Trennen Sie sich und lassen sich scheiden, müssen die Interessen von Ehepartnern und Elternteilen in angemessener Form erfasst und ausgeglichen werden. Die dafür maßgeblichen Gesetze haben insoweit immer einen Hintergrund, der sich auf den ersten Blick nicht jedem erschließt. Wir erklären beispielhaft an fünf wichtigen Scheidungsgesetzen, welchen Zweck die jeweilige Regelung hat. So verstehen Sie besser, was passiert, wenn Sie geschieden werden.

Warum 1 ganzes (Trennungs)JAHR abwarten, wenn man beiderseits in 1 SEKUNDE den Schlussstrich ziehen will?

Möchten Sie geschieden werden, müssen Sie das obligatorische Trennungsjahr vollzogen haben. Erst dann, wenn Sie wenigstens ein Jahr getrennt voneinander gelebt haben, dürfen Sie die Scheidung beim Familiengericht beantragen.

Ehegatten verstehen oft nicht, warum sie das Trennungsjahr einhalten müssen. Man habe sich schließlich auseinandergelebt und nichts spreche dafür, dass die Lebensgemeinschaft wieder hergestellt werde. Insoweit sei es doch zweckmäßig, sofort die Scheidung einreichen zu können.

Zweck des Gesetzes

Ansatz ist, dass die Ehe mehr ist als eine bloße Formalie und nicht der Beliebigkeit der Ehegatten überlassen werden soll. Könnten Ehegatten genauso schnell geschieden werden, wie sie geheiratet hatten, wäre die Ehe als Institution wertlos. Da sich die Ehegatten bei der Eheschließung das Versprechen gegeben haben, im Idealfall zeitlebens füreinander Verantwortung zu tragen, soll es nicht so sein, dass sich die Ehegatten sozusagen über Nacht dieser Verantwortung entledigen können. Dies gilt umso mehr, als ein Ehegatte die Scheidung ablehnt.

Eheaus, raus aus dem Haus – wieso „darf“ ein Partner die Wohnung des anderen weiter bewohnen?

Zieht aus Anlass der Trennung ein Ehepartner aus der bislang gemeinsam genutzten ehelichen Wohnung aus, bleibt die eheliche Wohnung in der Trennungszeit trotzdem noch die eheliche Wohnung. Dies bedeutet, dass jeder Ehepartner das gleiche Nutzungsrecht an der Wohnung hat. Soll ein Ehegatte aus der Wohnung ausziehen, bedarf es der Einigung. Keiner darf den anderen einfach aussperren, auch dann nicht, wenn er Alleineigentümer oder alleiniger Mieter dieser Wohnung ist.

Zweck des Gesetzes

Die Zeit der Trennung soll den Ehepartnern helfen, sich über die Gründe ihrer Trennung klar zu werden und zu entscheiden, ob die Trennung endgültig ist oder die Chance auf eine Versöhnung besteht. Aus diesem Grund ist in der Trennung auch keine Teilungsversteigerung der im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten oder im alleinigen Eigentum eines Ehegatten stehenden ehelichen Wohnung möglich. Um die Chance auf Versöhnung zu fördern und zu bewahren, bestimmt das Gesetz im Übrigen auch die Rückkehrmöglichkeit in die eheliche Wohnung. Voraussetzung ist, dass sich der Ehegatte binnen sechs Monaten zur Rückkehr entschließt. Will ein Ehepartner die Wohnung aufgrund der Lebensumstände vorrangig alleine nutzen, kann er/sie beim Familiengericht beantragen, die Wohnung oder zumindest einzelne Räumlichkeiten zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.

Jahrelang für die Rente gearbeitet, und jetzt einen Teil davon abgeben?

Werden Sie geschieden, führt das Familiengericht im Regelfall von Amts wegen den Versorgungsausgleich durch. Dabei werden die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften beider Ehegatten miteinander verglichen. Derjenige, der mehr Versorgungsanwartschaften erworben hat, muss dem anderen die Hälfte abtreten.

Zweck des Gesetzes

Der Versorgungsausgleich beruht darauf, dass der Erwerb von Rentenanwartschaften auf der gemeinsamen Lebensleistung der Ehegatten in der Ehe beruht. Die Eheschließung wird beide Ehegatten veranlasst haben, ihre Rollen in der Ehe zu verteilen. Der Versorgungsausgleich hatte ursprünglich vornehmlich das Ziel, die Hausfrau, die den Haushalt führte und die Kinder betreute und kaum eigenes Einkommen hatte, an der Altersversorgung des Ehegatten, der sich aufgrund der Rollenverteilung dem Gelderwerb widmen konnte, angemessen zu beteiligen. Die Berufstätigkeit war nur möglich, weil der Ehegatte auf die vereinbarte Art und Weise zum Familienunterhalt beitrug. Insoweit erscheint es gerecht, den nicht oder weniger erwerbstätigen Ehegatten an der Altersversorgung des anderen teilhaben zu lassen.

Jahrelang gearbeitet und Vermögen erworben, und auch davon einen Teil angeben?

Mit der Scheidung endet der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Derjenige Ehegatte, der in der Ehe weniger Vermögenzuwächse erzielt hatte, bekommt die Hälfte des Überschuss‘ des anderen. Dies nennt sich Zugewinnausgleich. Der ausgleichspflichtige Ehegatte ist im ungünstigsten Fall verpflichtet, Teile seines Vermögens zu veräußern, um den Ausgleichsanspruch bedienen zu können. Der vermögendere Ehegatte könnte einwenden, er sei aufgrund seines Know-hows besser in der Lage gewesen, Vermögen aufzubauen, während der andere aufgrund von u.U. Desinteresse dazu nicht willens oder in der Lage war.

Zweck des Gesetzes

Wie beim Versorgungsausgleich beruht der Zugewinnausgleich darauf, dass die Ehegatten aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe eine gemeinsame Lebensleistung erbracht haben. Derjenige Ehegatte, der wegen der Rollenverteilung (meist Führung des Haushalts, Betreuung der Kinder) weniger Vermögenswerte erwerben konnte, wird am Vermögenszuwachs des anderen, der sich dem Vermögensaufbau stärker widmen konnte, beteiligt.

Partner kümmert sich nicht mehr ums Kind, trotzdem besteht das gemeinsame Sorgerecht fort?

Elternteile, die das Kind nach der Trennung betreuen, erheben gerne den Anspruch, in allen Belangen des Kindes entscheiden zu dürfen und nicht auf die Zustimmung des anderen Elternteils angewiesen zu sein. Dies gilt umso mehr, als der andere Elternteil wenig Interesse am Kind zeigt oder aufgrund seiner räumlichen Entfernung Schwierigkeiten hat, sich am Leben des Kindes zu beteiligen. Das Problem entschärft sich insoweit, als Angelegenheiten des täglichen Lebens nicht der Zustimmung des anderen Elternteils bedürfen. Eine Lösung kann auch darin bestehen, dass der nicht betreuende Elternteil dem anderen Elternteil eine Sorgerechtsvollmacht erteilt und diesen bevollmächtigt, in allen oder im Einzelfall definierten Belangen des Kindes zu entscheiden.

Zweck des Gesetzes

Die Trennung und Scheidung der Eltern kann für sich betrachtet kein Grund sein, einem Elternteil das Sorgerecht zu verwehren. Auch der Elternteil, der das Kind nach der Trennung nicht selbst betreut, bleibt Elternteil des Kindes. Als Elternteil steht er auch in der Verantwortung für das Kind und sollte diese Verantwortung wahrnehmen können. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, darf der betreuende Elternteil mit dem Kind gegen den Willen des mitsorgeberechtigten Elternteils nicht so umziehen, dass sich der Lebensraum des Kindes verändert. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch den Umzug in eine andere Stadt oder gar ein anderes Land das Umgangsrecht erschwert wird. In diesem Fall ist der betreuende Elternteil gehalten, sich mit nachvollziehbaren Gründen das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen zu lassen.

Alles in allem

Gesetze müssen einem nicht gefallen. Ihr Zweck besteht in einem Interessenausgleich. Dieser beruht auf der Abwägung des Gesetzgebers, einen Lebenssachverhalt so oder so zu regeln. So wie jede Gesellschaft insgesamt Regeln braucht, ist auch die Ehe und eine sich daran anschließende Trennung und Scheidung darauf angewiesen, dass es solche Regeln gibt. Fühlen Sie sich in Ihrer bevorstehenden Scheidung oder Trennung mit etwas ungerechtem konfrontiert, senden Sie uns gerne eine Nachricht und wir versuchen zu erörtern, wie Ihnen geholfen werden kann.

Foto(s): iurFRIEND

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