Ab wie viel Rechtschreibfehlern ist ein Vertrag ungültig?

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Vielleicht bereuen Sie morgen, was Sie gestern gesagt und heute mündlich vereinbart haben. Bringen Sie die Vereinbarung also zu Papier. Wenn der Text dann nur mit Rechtschreibfehlern behaftet ist, könnte sich daraus im Streitfall durchaus das Problem ergeben, dass der Vertragspartner die Meinung vertritt, der Vertrag sei ungültig. Genauso könnten Sie versucht sein, sich aus der Verantwortung zu ziehen, dass der von Ihnen schriftlich formulierte Vertrag wegen der vielen Rechtschreibfehler ungültig ist. Was gilt?

Machen Rechtschreibfehler einen Vertrag ungültig?

Formulieren Sie Ihre Vereinbarung schriftlich, kommt es allein auf den Inhalt an. Es kommt nicht darauf an, ob Sie Worte falsch geschrieben oder eine schlechte Grammatik verwendet haben oder Ihr Schreibstil unsicher ist. Der Vertrag bleibt gültig. Auch wenn der Vertrag auf einer DIN-A-4 Seite 100 Rechtschreibfehler enthält, ändert dies nichts daran, dass Sie eine Vereinbarung getroffen und die mündlich getroffene Vereinbarung zu Papier gebracht haben.

Entscheidend ist, dass Sie mit dem Vertragspartner etwas vereinbart haben. Dass Sie die Vereinbarung dann auch noch schriftlich formuliert haben, ist lediglich ein Plus, mit dem Sie Ihre zunächst mündliche Vereinbarung zu Beweissicherungszwecken oder aus Formgründen auf dem Papier dokumentiert haben.

Wann wäre das der Fall?

Es hilft der Vergleich mit einem Testament. Ein Testament muss schriftlich zu Papier gebracht und eigenhändig unterschrieben werden. Nur dann ist das Testament wirksam. Auch hier kommt es entscheidend auf den Inhalt an. Lässt sich der Inhalt aus dem Text des Testaments nachvollziehen, schadet es nicht, wenn der Text Rechtschreibfehler hält. Es kommt nicht darauf an, ob und dass der Lesefluss erschwert ist.

Beispiel 1

Sie bestimmen in Ihrem Testament einen Hans Meyer zu Ihrem alleinigen Erben. In Ihrem Bekanntenkreis gibt es aber auch einen Hans Meier, dessen Familienname nicht mit einem „y“, sondern mit einem einfachen „i“ geschrieben wird. Lässt sich nicht bestimmen, welchen Hans Sie konkret gemeint haben, wäre das Testament nichtig.

Im Erbrecht hilft sich das Gesetz damit, dass es Regeln aufstellt, nach denen der Text eines Testamentes zu interpretieren ist. Ziel dabei ist immer, dem Willen des Erblassers möglich zur Geltung zu verhelfen. Diese Richtlinien lassen sich auch auf andere Verträge übertragen. Nicht immer sind Verträge perfekt formuliert. Oft ergeben sich Interpretationsschwierigkeiten. Beruhen die Schwierigkeiten auf Rechtschreibfehlern, wäre der Text eines jeden Vertrages so zu lesen, dass der Wille der Vertragsparteien erforscht und anhand der gewählten Worte interpretiert wird, was vereinbart wurde. Im ungünstigsten Fall kann also die Masse von Rechtschreibfehlern durchaus dazu führen, dass ein Vertrag ungültig ist, eben weil sein Inhalt nicht zu verstehen ist. Eine feste Grenze gibt es hierfür nicht. Es kommt auf die Umstände an.

Beispiel 2

Haben Sie in Ihrem Testament einen Hans Meyer als Alleinerben bestimmt, lässt sich dessen Erbrecht nachweisen, wenn sich aus dem Testament oder aus sonstigen Umständen oder aus der Aussage von Zeugen ergibt, dass Sie genau diesen Hans Meyer gemeint haben, weil dieser Meyer Ihr bester Freund war, Sie immer zusammen Schach gespielt haben oder Sie zeitlebens befreundet waren. Treffen diese Aspekte auf den anderen Hans Meier nicht zu, spricht alles für den Hans Meyer mit y.

Kann sich auch ein einzelner Fehler auswirken? 

In Verträgen kann es sein, dass auch ein einzelnes Wort darüber entscheidet, ob der Vertrag ungültig ist oder nicht. Ein einzelner Fehler wirkt sich umso nachhaltiger aus, als es gerade auf ein bestimmtes Wort ankommt. Lässt sich aber durch Interpretation des Textes und der Worte ableiten, was ursprünglich gemeint war, bleibt es belanglos, wenn ein einzelnes Wort oder eine Wortkombination etwas Falsches wiedergibt.

Wie wirken sich Streichungen und Verbesserungen aus?

Fehlerhafte Vereinbarungen fallen oft auch dadurch auf, dass sich im Text eine Vielzahl von Streichungen und Verbesserungen befindet. Dadurch kann der Text unleserlich werden oder erschwert zumindest das Verständnis dessen, was ursprünglich zu Papier gebracht wurde und was mit den Streichungen und Verbesserungen verbessert werden sollte. Auch hier lässt sich nicht pauschal behaupten, wann ein Text so verunstaltet ist, dass der darauf beruhende Vertrag ungültig ist. Es kommt auf die Umstände im Einzelfall an. Je unleserlicher und unverständlicher ein Text sich darstellt, desto schwieriger wird es sein, einem solchen Text rechtsverbindliche Wirkung zuzuerkennen.

Praxistipp: Papier ist Papier

Es kommt nicht darauf an, auf welcher Schreibunterlage Sie den Text formulieren. Auch hier ist das Erbrecht interessant. Schreibt der Erblasser sein Testament auf einem Bierdeckel nieder, ist sein letzter Wille genauso wirksam, als wenn er dafür Briefpapier verwendet hätte. Entscheidend ist nur, dass der Wille hinreichend zum Ausdruck gebracht wird und kein Zweifel daran besteht, was Inhalt des Textes ist.

Was ist die Nichtigkeit wegen fehlender Form?

Verträge können nichtig sein, wenn die vom Gesetz vorgesehene Form nicht eingehalten ist. Diese Formnichtigkeit hat nichts mit Rechtschreibfehlern zu tun. Grundsätzlich sind Rechtsgeschäfte formfrei möglich, können also mündlich oder privatschriftlich abgeschlossen werden. In bestimmten Fällen bestimmt das Gesetz jedoch eine bestimmte Form. Wird diese Form nicht eingehalten, ist der Vertrag nichtig (§ 125 BGB).

Beispiel Ehevertrag

Sie schließen mit Ihrem Ehepartner aus Anlass Ihrer Eheschließung, während Ihrer Ehe oder im Hinblick auf die Scheidung einen Ehevertrag (Scheidungsfolgenvereinbarung). Gemäß § 1410 BGB bedürfen Eheverträge der notariellen Beurkundung. Davon gibt es im Scheidungsrecht zwar einige wenige Ausnahmen, geht es aber um finanzielle Rechte und Pflichten, ist immer die notarielle Beurkundung vorgeschrieben.

Was ist, wenn der Name von Vertragspartnern im Vertrag fehlerhaft ist?

Namen von Personen sind Identifikationsmerkmale. Die Angabe der Namen der Vertragspartner in einen Vertrag ist im Regelfall unabdingbare Voraussetzung, um ein gültiges Rechtsgeschäft abzuschließen. Ist der Name fehlerhaft geschrieben, kann es sich um einfache Tippfehler handeln, so dass die Identität des Vertragspartners dennoch zweifelsfrei feststeht.

Lässt sich jedoch aufgrund der falschen Namensschreibweise die Identität eines Vertragspartners nicht eindeutig feststellen, kann es durchaus sein, dass der Vertrag aus diesem Grund ungültig ist. Der Vertrag hätte dann einen so wesentlichen Mangel, dass er nicht aufrechterhalten werden kann. Dies gilt umso mehr, als es um eine Namensverwechslung geht und unklar bleibt, welche Person den Vertrag eigentlich abschließen wollte. Führen Sie den gleichen Namen wie im Vertrag angegeben, sind aber nicht diese Person, kann sich empfehlen, den Vertrag anzufechten.

Welche Form gilt bei Vereinbarungen wegen Trennung, Scheidung und Unterhalt?

Viele Scheidungsfolgen lassen sich mündlich oder privatschriftlich regeln. Dann sollten Sie aber bitte darauf achten, dass der Text verständlich formuliert ist und zum klaren Verständnis wenig Rechtschreibfehler enthält. Geht es später im Streitfall darum, ob der Vertrag gültig vereinbart ist, kann jeder Fehler ein Fehler zu viel sein. Insoweit empfiehlt sich immer die schriftliche Vereinbarung.

Bestimmte trennungs-, scheidungs- und unterhaltsrechtliche Vereinbarungen müssen zwingend notariell beurkundet werden. Dies gilt insbesondere für Eheverträge (§ 1410 BGB). Auch eine Scheidungsfolgenvereinbarung ist ein solcher Ehevertrag und bedarf bei bestimmten Inhalten der notariellen Beurkundung. Durch die notarielle Beurkundung ist das Risiko gering, dass der Vertrag Rechtschreibfehler enthält. Selbst wenn ein Fehler enthalten sein sollte, dürften sich keine Auswirkungen ergeben, da der Notar sicherlich weiß, was formuliert wurde und wie die Formulierung zu verstehen ist.

Beispiele

Vereinbaren Sie vor der Rechtskraft Ihrer Scheidung (Unanfechtbarkeit) nachehelichen Unterhalt, verlangt das Gesetz die notarielle Beurkundung (§ 1585c BGB). Unterhaltsansprüche, die Sie nach Rechtskraft Ihrer Scheidung regeln, sind hingegen formfrei möglich. Dies gilt auch für Vereinbarungen zum Zugewinnausgleich (§ 1378 Abs. III S. 2 BGB). Lediglich Ausgleichsansprüche, die Sie nach der Rechtskraft Ihrer Scheidung treffen, sind formfrei möglich.

Fazit

Einzelne Fehler schaden sicherlich nicht. Jeder Fehler könnte aber ein Fehler zu viel sein und zumindest Zweifel an der Wirksamkeit einer Vereinbarung begründen. Entwickelt sich daraus ein Streit über die Gültigkeit des Vertrages, ist das schlecht. Möchten Sie solche potentiellen Probleme vermeiden, kann sich empfehlen, dass Sie sich bei der Formulierung der Vereinbarung helfen lassen. Dies gilt insbesondere bei solchen, die Ihre Trennung und Scheidung betreffen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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