Abfindung nach Sozialplan bei Eigenkündigung?

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Laut einem Urteil des LAG Nürnberg vom 27.10.2020, Az: 7 Sa 157/20 steht  Arbeitnehmern, die zeitgleich mit einer Betriebsänderung kündigen nur dann eine Abfindung nach Sozialplan zu, wenn diese konkret nachweisen können, dass die Kündigung von der bevorstehenden Betriebsänderung veranlasst war.

Der Kläger war im vorliegenden Fall bei der Beklagten als Marktforscher angestellt und leitete zuletzt in dem Bereich „Finanzmarktforschung“ eine von zwei Abteilungen. Er erhielt zum Kündigungszeitpunkt  ein  monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 8.147,61 €.

Die Beklagte führte ab 2016  Umstrukturierungsmaßnahmen durch, welche auch den Arbeitsbereich des Klägers betrafen und mit welchen u.a. der Nürnberger Betrieb zunächst verkleinert  und später durch Betriebsübergang auf ein anderes Unternehmen übertragen wurde.

Im Juni 2016 wurde ein Sozialplan abgeschlossen, nach welchem auch Arbeitnehmer abfindungsberechtigt sein sollten, die das Arbeitsverhältnis ab dem 31.8.2017 selbst kündigen bzw. bereits gekündigt haben, sofern die Eigenkündigung des Arbeitnehmers durch die geplante Betriebsänderung veranlasst war. Dies war gemäß Sozialplan der Fall, wenn  beim Arbeitnehmer die berechtigte Annahme hervorgerufen wurde, er komme mit der eigenen Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer sonst notwendig werdenden betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers nur zuvor.

Der Kläger kündigte im März 2018 zum 15.07.2018, woraufhin der Arbeitgeber die Stelle sofort nachbesetzte. Die Abteilung wurde zwar aus der bisherigen Struktur herausgelöst, aber fortgeführt und ging schließlich mit dem Arbeitsplatz des Klägers  auf den Erwerber des Nürnberger Betriebs über.

Mit Ablauf der Kündigungsfrist  verlangte der Kläger unter Berufung auf den Sozialplan eine Abfindung von 178.921,52 EUR brutto.

Das Arbeitsgericht Nürnberg wies die Zahlungsklage ab (Urteil vom 03.12.2019, 17 Ca 737/19); auch das LAG entschied gegen den Kläger und schloss sich den Ausführungen des AG an.

Nach Ansicht des LAG (sowie des AG) habe der Kläger nicht konkret vorgetragen , welche Maßnahmen im Rahmen der Umstrukturierung wann und von welchen Führungskräften dem Kläger bekanntgegeben wurden, aus welchen er den berechtigten Schluss hätte ziehen können, dass ihm eine betriebsbedingte Kündigung drohe.

Die Äußerungen der Geschäftsführung auf diversen Meetings hätten  zwar auf  unsichere Zeiten für bestimmte Bereiche des Unternehmens schließen lassen, die Abteilung des Klägers sei hiervon jedoch nicht betroffen gewesen.

Gemäß  Rechtsprechung des BAG genüge darüber hinaus der bloße Hinweis auf eine unsichere Lage des Unternehmens bzw.  auf notwendig werdende Betriebsänderungen und die grundsätzliche Möglichkeit des Arbeitsplatzverlustes nicht, um damit eine Veranlassung einer Eigenkündigung anzunehmen.

Nachdem der Kläger letztlich  nicht nachweisen konnte, dass es sich um eine durch den Arbeitgeber veranlasste Kündigung gehandelt hatte, sei er auch nicht abfindungsberechtigt. Die Berufung hatte daher keinen Erfolg.


Der Fall zeigt, dass es ein erhebliches Risiko darstellen kann, im Rahmen von anstehenden Betriebsänderungen / Umstrukturierungsmaßnahmen voreilig zu kündigen. Es ist daher zu empfehlen, in derartigen Situationen frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und sich über die möglichen Vorgehensweisen beraten zu lassen.


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